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Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition)

Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition)

Titel: Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wibke Bruhns
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sie statt mit Reis mit Erbsen beworfen.
    Else schafft es, die Blumenkinder (einen Vetter und mich), die Schleppenträgerinnen (Sabine und eine Kusine), die fünf Brautjungfern und ihre Brautführer einheitlich festlich anzuziehen. Das Brautkleid aus einem Stoff, den Bernhard in Paris gekauft hatte, wird bei Suli Woolnough, Elses exotischer Schneiderin, genäht, Salz und Geld stecken im Saum. Der Schleier ist Familienbesitz, alle Damen erscheinen in langen Kleidern, die Herren in Frack oder Uniform. Es gibt keine Autos mehr, also hat Else Kutschen und Pferde (!) besorgt, zwei der Landauer gehörten früher Kurt und fahren jetzt für das Pferdelazarett. Es ist ein knallkalter Wintertag mit viel Schnee, vor der Kirche liegt ein langer roter Teppich.
    HG im Frack – Blumenkinder vorneweg, Schleppenmädchen und Brautführer-Paare hinterher – führt seine Tochter, die Küken-Braut, durch die lange Liebfrauenkirche auf den Bräutigam zu. Der wartet neben Else in Gala-Uniform mit »roten Hosen« am Altar, die Orgel dröhnt Bach, Else: »Das ist nicht nur für Bernhard beeindruckend«. Beim Wechseln der Ringe spielt Kurt jr. auf seiner Geige denselben Händelsatz wie bei HGs und Elses Hochzeit in Wismar, die sangesstarke Familie jubiliert wieder einmal sechsstimmig »Großer Gott, wir loben dich« in die romanischen Bögen.
    Der Trauspruch: »Das Reich Gottes besteht nicht in Worten, sondern in Kraft« ist dem Bedarf des Brautpaares angemessen – niemand zu dem Zeitpunkt weiß, wie sehr. Militärpfarrer Sendler in Uniform »spricht gut, soldatisch und männlich« – so jedenfalls schreibt es Else in ihr Gesellschaftsbuch. Am Bismarckplatz gibt es Salz und Brot an der Haustür, in dem Riesen-Kamin in der Diele prasselt ein Feuer, Kurt jr. und HGs Schwager Ulrich donnern den »Einzug der Gäste« aus dem Tannhäuser auf zwei Klavieren. Reden natürlich und Tischlieder, 94 Telegramme. Ich versuche, mir vorzustellen, wie es im Innern meiner damals so kleinen Schwester aussieht. Jahre später habe ich sie gefragt. Sie wußte es nicht mehr – »ich war nicht dabei!« Das Entsetzen über das, was kam, hatte die Nacht des Vergessens über diese Zeit gebreitet.
    Jetzt aber zwitschert sie. Auf der Hochzeitsreise ist das junge Paar zwei Wochen auf dem »Platterhof« am Obersalzberg, Hitlers Renommier-Hotel in den Berchtesgadener Bergen. Ursulas amüsierte Briefe über diese »Bonzenabsteige« und das neue Leben in Berlin jauchzen ihr Glück in die Welt: »Es ist so wunderbar, wunderbar, wunderbar, verheiratet zu sein.«

    Bernhard und Ursula

D REIZEHN
    B ERNHARD SITZT SEIT A NFANG 1943 im OKH in Mauerwald/Ostpreußen, das liegt in der Nähe vom Führer-Hauptquartier Wolfschanze und ist nicht ganz aus der Welt, wenig später wird er zum Oberstleutnant befördert. Er ist 32. Seine Frau bekommt einen Job im OKW in Berlin, wo sie Feindsender abhört in Englisch, Französisch, Dänisch. Else: »Was, Ursula, Du mußt auch Französisch abhören? Ich könnte mich totlachen!«, und die Jungvermählte tänzelt durch ihre Briefe: »Mit 18 Jahren Frau eines Oberstleutnants und Dolmetscherin im OKW – das soll mir erstmal jemand nachmachen.«
    Bernhard kommt alle drei Wochen etwa nach Hause – Ursula: »Jedesmal wie eine neue Hochzeitsreise. Ich bin sooo glücklich!!« Er trägt seine junge Frau auf Händen, seine Briefe, vor der Hochzeit noch geprägt von wohlerzogener Zurückhaltung in dem Punkt, sind jetzt Dokumente zärtlicher Sinnlichkeit und wunderbarer Phantasien über ihre gemeinsamen Nächte. Ursula beschreibt glucksend Offiziersgattinnen und Reichsleiter-Ehefrauen, zwischen denen sie herumirrlichtert: »Ich KANN doch die Perlen jetzt nicht in den Safe tun, Perlen müssen GETRAGEN werden, sonst werden sie BLIND!« Das freut auch HG, und er zitiert »Urgroßvater Vogler, der gesagt hat: ›Was die kleinen Frauensmenschen in der Ehe doch positiver werden‹«.
    Die Kapitulation von Stalingrad am 31. Januar 1943 erschüttert jeden in Deutschland. Else ist fassungslos: »Wohl nur zu Zeiten der Hunnenüberfälle und Mongoleneinfälle ist Europa so nahe am Abgrund gewesen wie jetzt. Es ist nur mit dem Untergang und dem Auslöschen der Reiche des Altertums vergleichbar. Das ist das eine, das andere ist das furchtbare Leiden derer, die dort drin waren, und derer, die ihre Lieben dort drin wußten. Ich erlebe all die Qual der Eltern, Frauen und Bräute in meinem Herzen mit und all die Not und Angst und Hunger der Soldaten dort. So

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