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Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition)

Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition)

Titel: Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wibke Bruhns
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»Vaterländischen Verbänden«, im »Germanenorden« oder im »Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund«, auch in der DNVP, der »Deutschnationalen Volkspartei«, ein Ende der Weimarer Republik durch die Revolution von rechts betrieben.
    Als der frühere Finanzminister Matthias Erzberger, 1918 Unterzeichner des Waffenstillstands, im August 1921 erschossen wurde, war HG auf Curaçao. Der Mord an Außenminister Walther Rathenau im Juni 1922 geschah, als HG sich in Florida aufhielt. In beiden Fällen gehörten die Täter zur »Organisation Consul«, der Nachfolgetruppe jener Brigade Ehrhardt, die den Kapp-Putsch getragen hatte. Man muß Ernst von Salomon lesen, die »Geächteten«, aber auch den »Fragebogen«, um sich ein Bild zu machen von der spulwurmartigen Verseuchung deutscher Eliten mit nationalistischem Gedankengut, vor allem von der tiefen Verachtung für die Republik.
    Salomon wird nach der Entlassung aus dem Zuchthaus, wo er wegen Beteiligung am Rathenau-Mord und anderer Gewalttaten sechseinhalb Jahre gesessen hat, bei Professoren, hohen Beamten, Menschen »der Gesellschaft« als einer der ihren mit großem Respekt empfangen. Er schildert das Entgegenkommen des eigens nach Rathenaus Tod gegründeten »Staatsgerichtshofs zum Schutz der Republik« gegenüber den »patriotischen« Mördern. Diese Söhne »aus gutem Hause« tauchen alle bei ihm auf, der Liebknecht/Luxemburg-Mörder Hauptmann Pabst, der auch beim Kapp-Putsch beteiligt war, die Befehlshaber wie Kapitänleutnant Hermann Ehrhardt und Manfred von Killinger, dessen Bücher von den Nazis in Hunderttausender-Auflagen verbreitet wurden. Heute zahlt man für seine ekelhaften Auslassungen antiquarisch ein Vermögen.
    Im fernen Amerika ist vom Aufruhr in Deutschland nach der Ermordung Rathenaus kaum etwas zu erfahren. Auch über den Vertrag von Rapallo, dieser ersten Verständigung zwischen Rußland und Deutschland nach dem Krieg, die in Frankreich und England Empörung hervorrief, steht in den Zeitungen wenig. Verblüfft stellt HG fest, daß Deutschland in den USA kein Thema ist, schon gar nicht in North Carolina. Viele Jahrzehnte später habe ich als Korrespondentin in Washington das gleiche erfahren – das wechselseitige Interesse steht im umgekehrten Verhältnis zueinander, es sei denn, Deutschland wird gerade gebraucht.
    Über den Krieg zu reden, gelingt HG überhaupt nicht. In seinem Gefühl war der doch erst gestern vorbei, aber er hört: »This little war, that was four years ago, nobody thinks about it any more« – dieser kleine Krieg ist doch schon vier Jahre her, daran denkt heute keiner mehr. Daß Deutschland jetzt wirtschaftlich und moralisch am Boden liegt, wird mit gutmütigen Lachen quittiert: »Well, we did a good job, didn’t we!« Die Frage »Well, how are things now in Germany?« – nun, wie geht es denn jetzt in Deutschland? – heißt nichts als oberflächliche Höflichkeit, und HG lernt schnell, daß der Gesprächspartner keine richtige Antwort will. Statt dessen zieht er HG zum Barbecue, wo über die letzten Baseball-Ergebnisse diskutiert wird.
    Die amerikanische Welt gibt HG Rätsel auf. Gleich nach der Ankunft in New Orleans sieht er in einem Seitenarm des Mississippi etwa 20 U-Boote liegen, alle »for sale« – wer kauft sich privat ein U-Boot? Oder ist das wieder eine von HGs »Geschichten«? Die wird er ab jetzt schon nötig haben, wenn sein Leben etwas Farbe behalten soll, denn er verliert sich in der amerikanischen Pampa. Düngemittel-Fabriken liegen nun mal nicht an Großstadt-Boulevards, und so verschlägt es ihn in Gegenden, die noch heute allenfalls für eine Strafversetzung taugen – Atlanta, Georgia oder Wilmington, North Carolina und Bartow, Florida. Das letzte Nest habe ich noch nicht mal auf der Karte gefunden, aber die beiden anderen Orte kenne ich, und da möchte man nicht hin.
    Doch erstmal staunt HG: »Selbst im Vorkriegs-Deutschland gab es so etwas nicht.« Jeder hat ein Auto – jeder in der Familie –, alle haben Häuser, große Häuser mit mehreren Schlaf- und Badezimmern, meistens scheußlich eingerichtet, und die Eigentümer sind mittlere Angestellte, Gemüsehändler, Besitzer von Autowerkstätten. Zu Hause wäre das nicht HGs Beritt. Aber »seinen« Beritt findet er nicht in der amerikanischen Provinz. Die – weiße – Kleinstadt-Gesellschaft um ihn herum ist selbstbewußt klassenlos, spießig und wohlhabend. Am Strand außerhalb Wilmingtons entdeckt HG »aircars«, kleine Flugzeuge,

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