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Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)

Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)

Titel: Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Kloeble
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Apotheker, denen in ihrem gesamten Leben offenbar noch nie ein Fehler unterlaufen war, und nicht zuletzt eine achtundvierzig Stunden lang unerträgliche, von Übelkeit und Unterbauchschmerzen geplagte, fluchende, schwitzende, seltsam nach Lauch riechende Violet.
    Albert packte ihre Schultern. Sie hielt kurz inne und gluckste bloß ein Wort: »Grob!« Dann machte sie umso eifriger weiter. Dunkelblondes Haar kitzelte seine Brust. Ein grundsätzlich weniger gutes Gefühl beschlich ihn. Es war gar nicht soleicht, sich von Violet zu befreien, sie hielt seine Bemühungen für ein Spiel und klammerte sich fest, kicherte »die schönste
Haupt sache
der Welt« und drückte ihn gegen die Matratze, bis er sie endlich mit Schwung auf den Rücken werfen konnte und aus dem Bett sprang.
    »Du hast sie nicht genommen, oder?«
    Ihr Grinsen hielt stand. »Albert, beruhig dich.«
    »Was?!«
    »Hören wir auf mit den Spielchen.«
    Albert schlüpfte in seine Boxershorts. »Keine Ahnung, wovon du redest.«
    Violet verdrehte die Augen. »Komm einfach wieder ins Bett.« Ihre Stimme wechselte in eine anzügliche Paralleltonart. »Willst du meinen Hinterkopf lesen?«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    »Na schön.« Sie streckte sich. Er wusste, dass sie wusste, dass ihm der Anblick gefiel. »Was schlägst du vor?«
    »Hast du sie jetzt genommen oder nicht?«
    »Wäre es so schlimm, wenn nicht?«
    »Sag mal, spinnst du?!«
    Nun zuckte ihr Grinsen zum ersten Mal. »Ach komm, langsam wird das lächerlich. Die Wahrheit ist doch, du hast Angst, mich zu verlieren, und ich habe Angst, dich zu verlieren. Wir können uns beide niemand anderen an unserer Seite vorstellen. Wir brauchen einander. Wir lieben uns.«
    Und plötzlich, als sie das so deutlich sagte, war Albert klar: Er liebte sie nicht.
    Violet interpretierte sein Schweigen als Zustimmung. Ihr Grinsen kehrte hell-weiß zurück. Sie sprang vom Bett undschlang ihre Arme um ihn. Fröhliches Atmen strich sein Ohr. »Natürlich hab ich sie genommen.« Ihr Herzklopfen war deutlich spürbar und ihre Haut viel zu warm. »Aber vielleicht sollte ich das in Zukunft nicht mehr tun?«
    Er hätte ihr ehrlich antworten können. Er hätte ihr in diesem Moment gestehen können, dass der bloße Gedanke an eigene Kinder ihm absurd vorkam und er Nachwuchs, in diesem Leben, eindeutig ausschloss. Er hätte sie aufklären können, dass er anders empfand als sie, ja, dass er sich fragte, ob das, was er für sie empfand, nicht einfach das blinde Festklammern einer Zweidrittelwaise an einem Menschen war, dem sie etwas bedeutete. Er hätte darauf eingehen können, wie wenig für ihn nachvollziehbar war, dass sie ihn immer noch wollte. Er hätte diese mehr in Köpfen als in der Realität stattfindende Liebesgeschichte ein für alle Mal beenden können. Aber was tat er?
    Albert erwiderte ihre Umarmung.
     
    Das Problem, dachte Albert, wenn jemand einen liebt, wie Violet ihn liebte, ist, dass man immer wieder gedrängt wird zu überlegen, ob man sie nicht auch lieben kann. Und wenn man zu der Feststellung gelangt, sie nicht zu lieben, fragt man sich, ob man sie nicht lieben könnte. Ob nicht bloß ein wenig Einsatz vonnöten ist, ein paar entspannte, gemeinsam verbrachte Tage, offene Gespräche, herzlicher Umgang miteinander.
    Sie waren bei Sonnenaufgang aufgebrochen. Violet hatte für beide Zimmer gezahlt, sie hatte ihnen aus einer Bäckerei belegte Mohnsemmeln zum Frühstück besorgt, den Wagen getankt und es nebenbei noch irgendwie hinbekommen, Albert einen Strauß Wiesenblumen zu pflücken, den er nun, festgeschnallt auf dem Beifahrersitz des Beetle, in seinerverschwitzten Hand hielt, erstaunt darüber, wie sicher man sein konnte, jemanden nicht zu lieben, während Fred auf der Rückbank in einer unmöglichen Pose schlief und Alfonsa mit ihrem Walkman Frank Sinatra hörte und Violet zwitscherte: »Die Straße ist ganz frei.«
     
    Hundertvierzig Kilometer lang stellte sich Albert schlafend. Nur so konnte er sich Violets Zugriff ein wenig entziehen. Immer wieder sagte sie seinen Namen und fragte, ob er wach sei. In einem zärtlichen Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass er ihre Erwartungen niemals würde erfüllen können. Oder sie streichelte ihm die Wange. Was ihm Gänsehaut bereitete. Er sagte sich, dass die Liebe einer Frau, die er nicht erwiderte, doch immer noch besser war als gar keine Liebe. Aber er konnte daran nichts Tröstliches finden. Nicht an diesem Tag.
    Einmal erzählte Violet Fred, früher, bevor

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