Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
offenbar anführt, hat etwas von der Liga der Irgendwas oder so gemurmelt.«
Miranda erstarrte. »Die Liga der Stürme?«
»Ja! Das war’s!« Henrith grinste. »Zu Beginn waren es mehr als fünfzig – sie schienen direkt aus der Luft zu erscheinen, hat uns ziemliche Angst eingejagt, das kann ich dir sagen –, aber nach ungefähr einer Stunde sind die meisten wieder verschwunden. Jetzt sind es vielleicht noch acht oder neun. Trotzdem, sie leisten wirklich gute Arbeit und beseitigen die Schäden, die Renaud im Thronsaal hinterlassen hat. Und es kostet uns nichts, also lasse ich sie machen. Obwohl ich gerne deine Version der Geschehnisse dieser Nacht hören würde. Die Ärzte haben verlangt, dass wir es langsam angehen lassen, um deine Gesundheit nicht … Wo willst du hin?«
Miranda hatte ihre Beine über die Bettkante geschwungen und steckte sich eilig ihre Ringe an. »Ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft, Majestät«, sagte sie schnell. »Der Geisterhof wird solche Freundlichkeit nicht vergessen, und ich werde natürlich gerne erzählen, was im Thronsaal geschehen ist, aber ich kann meine Zeit nicht länger im Bett verschwenden.«
»Denkst du wirklich, dass du schon aufstehen solltest?«, fragte Henrith misstrauisch. »Die Ärzte sind sich immer noch nicht ganz sicher, was mit dir nicht stimmt.«
Für einen Moment überlegte Miranda, ihm zu erklären, welche Gefahren es beinhaltete, seinen Geist für längere Zeit zu öffnen, besonders so weit, wie sie es getan hatte, und dann auch noch einen neuen Geist anzunehmen. Als sie allerdings Henriths besorgte Miene sah, entschied sie sich für eine kürzere und verständlichere Antwort.
»Es war nur Erschöpfung«, sagte sie, glitt an den Rand der Matratze und ignorierte die immer dringlicher werdenden Hinweise ihrer Muskeln, dass Stehen eine wirklich dumme Idee sei. »Ich habe meine Fähigkeiten ein wenig überstrapaziert. Glücklicherweise erhole ich mich schnell.«
Henrith zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts, als sie tief Luft holte, sich am Bettgestell festklammerte und sich auf die Beine stemmte. Der Schmerz war genauso schlimm, wie sie erwartet hatte, aber sie ignorierte ihn und sah sich nach etwas Kleidsamerem um als einem Wollnachthemd. Glücklicherweise hatte ein umsichtiger Diener offenbar etwas in der Art vorhergesehen. Auf Mirandas Gesicht erschien ein breites Lächeln, als sie auf der Kommode unter dem Fenster ihren frisch gebügelten und geflickten Reitanzug entdeckte. Sie hangelte sich an den Möbeln durch den Raum. Als sie nach ihrer Jacke griff, glitt etwas Weißes aus der Tasche und fiel vor ihren Füßen auf den dicken Teppich.
»Ah«, meinte der König. »Das haben wir bei dir gefunden, in der Tasche der Bibliothekarsuniform, die du dir, ähm, geliehen hattest. Es sah wichtig aus, also habe ich befohlen, es für dich aufzubewahren.«
Miranda bückte sich und hob das Fundstück auf. Es war ein Umschlag. Sie drehte ihn um. In der Mitte klebte ein großer Batzen grünes Siegelwachs mit einem verzierten, kalligraphischen M darauf, das sie nur zu gut kannte. Dann stockte ihr Atem, als sie den Namen sah, der in ordentlichen Druckbuchstaben darunterstand.
»Etmon Banage«, las sie und runzelte verwirrt die Stirn. Was in aller Welt konnte der Dieb ihrem Meister zu sagen haben? Sie schob ihren Daumennagel unter das Wachs, überlegte es sich dann jedoch anders, bevor sie das Siegel brach. Egal, wer der Absender war, es war kein kluger Karriereschritt, die Post des Rektor Spiritualis zu öffnen. Sie unterdrückte ihre Neugier, schob den ungeöffneten Umschlag wieder in ihre Tasche und griff stattdessen nach ihrem frisch gebügelten Hemd. Sie legte es sich über den Arm, dann drehte sie sich um und sah den König erwartungsvoll an.
Er erwiderte ihren Blick mit einem freundlichen Lächeln, machte aber keine Anstalten zu gehen.
»Danke für Eure Sorge, Majestät«, sagte sie drängend. »Ich weiß sie wirklich zu schätzen, aber ich habe lange genug herumgelegen. Ich muss meine Pflicht tun.«
»Schön, wie du willst.« Der König seufzte beleidigt und schob sich das Cello unter den Arm. »Mach nur nicht uns verantwortlich, wenn du wieder krank wirst. Ich werde im Garten auf dich warten.«
Sie deutete einen Knicks an, während er wieder hinter dem Raumteiler verschwand. Sie hörte, wie ein Diener ihn grüßte, dann das Schleifen einer Tür. Als sie hinter ihm zugefallen war, schüttelte sie sich kurz. Dann ließ sie sich von der
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