Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
solcher Mahlzeiten. Sie blieb am Rande des Hofes stehen und stemmte mit gespielter Empörung die Hände in die Hüften. »Frisst du ihnen die Haare vom Kopf?«
»Ich freue mich auch, dich zu sehen«, murmelte Gin kauend. Dann leckte er sich die Lefzen und rollte sich auf die Beine. Miranda verzog das Gesicht, als sie die lange, noch nicht ganz verheilte Wunde an seinen Schultern sah, die den Fluss der wirbelnden Muster in seinem Fell unterbrach.
»Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht«, knurrte er, als er ihre Miene sah. »Ich bin nicht aus Zucker.«
Miranda ging zu ihm und kraulte ihn hinter dem Ohr. »Ich bin froh, zu sehen, dass es dir so gutgeht.«
»Genau wie ich.« Gin lehnte sich gegen ihre kraulende Hand. »Und, wohin jetzt?«
»Nach Hause«, sagte Miranda. »Ich muss Meister Banage darüber informieren, was geschehen ist. Besonders jetzt, wo die Liga involviert ist. Ich denke, unsere Eli-Jagd wird von nun an etwas brenzliger.«
»Wenn Banage uns überhaupt weitermachen lässt«, meinte der Hund. »Die Liga-Angelegenheiten mal außer Acht gelassen, ist Eli immer noch mit einem erhöhten Kopfgeld und ungefähr achttausend in Gold entkommen. Dieser Teil wird Banage nicht gefallen, und er ist nicht gerade der versöhnliche Typ.«
»Kommt Zeit, kommt Rat«, sagte Miranda und tätschelte ihn noch ein letztes Mal. »Friss dein Schwein auf. Sobald ich herausgefunden habe, wo sie den Rest meiner Sachen aufbewahren, verschwinden wir.«
Sie reisten noch am selben Nachmittag ab, nachdem Miranda sich von Marion verabschiedet und dem König einen letzten Besuch abgestattet hatte. Henrith war ein wenig panisch, weil die Mitglieder der Liga Mellinor wenige Minuten zuvor verlassen hatten – sie waren auf so mysteriöse Art verschwunden, wie sie erschienen waren.
»Das ist wirklich zu viel«, sagte er und ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Zuerst haben wir keine Magier, dann haben wir zu viele, und jetzt haben wir wieder keine.«
»Es muss nicht immer so bleiben«, sagte Miranda und nippte an dem Tee, den er ihr förmlich aufgedrängt hatte. Sie saßen im Rosengarten hinter der Burg, unter den Fenstern des Thronsaals. Der Garten war ebenso wie der Rest der Burg repariert worden, aber hier und dort waren noch Pflanzen geknickt oder zu Boden gedrückt, weil sie von Steinen getroffen worden waren. Bei diesem Gedanken bewegte sich Mellinor tief in ihr peinlich berührt. Sie schickte ihm ein beruhigendes Signal, bevor sie ihre Tasse abstellte und Henriths traurigen Blick registrierte. »Der Geisterhof wird Euch gerne einen Abgesandten schicken. Wir mögen ja nicht so protzig auftreten wie die Liga, aber es hat keinem Land je geschadet, einen Spiritisten zu haben.«
»Ich glaube, dieses Angebot werde ich annehmen«, meinte der König nachdenklich. »Schließlich warst du von all den Magiern, die in der letzten Woche hier aufgetaucht sind, die Einzige, die sich uns gegenüber anständig verhalten hat, und das werden wir nicht vergessen.«
»Du schmeichelst mir.« Miranda lächelte. »Vielleicht kann ich sogar noch etwas Gutes tun. Ich reise zurück nach Hause, um dem Rektor Spiritualis zu berichten. Meister Banage ist ein mächtiger Mann, und er kann den Thronrat vielleicht davon überzeugen, Mellinors Anteil an Elis Kopfgeld wieder zu streichen. Ich denke, die Nötigung eines Monarchen dürfte ein ausreichender Grund sein, um die Regeln ein wenig zu beugen.«
Der König stellte seine Teetasse ab. »Ich weiß das Angebot zu schätzen, aber das wird nicht nötig sein. Nach diesem ganzen Aufruhr sind fünfunddreißigtausend meiner Meinung nach das mindeste, was wir der Person, die Eli Monpress fängt, als Belohnung anbieten können.« Er lächelte breit. »Ich hoffe sehr, dass du das sein wirst.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Kompliment ist.« Miranda lachte. »Aber ich werde trotzdem mein Bestes geben.«
Schließlich gab er ihr noch drei Beutel Tee als Geschenk. Sie steckte sie zusammen mit einem großzügigen Paket belegter Brote, Früchte, Nüsse und Brot aus der Palastküche in ihre Tasche und befestigte diese auf Gins Rücken. Dann kletterte sie auf ihren Platz direkt hinter den Ohren des Geisterhundes und ließ ihn seine Show abziehen. Er sprang in einem hohen Satz über die Burgmauern und lief in weiten Sprüngen aus der Stadt. Sobald sie die Straße erreicht hatten, achtete sie sorgfältig darauf, nicht zu erwähnen, dass er langsamer lief als sonst, und als sie dafür sorgte, dass sie
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