Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
funktionieren«, flüsterte Coriano nur Zentimeter von Renauds Ohr entfernt, »aber ein erwecktes Schwert ist etwas anderes. Und jetzt«, die Stimme des Schwertkämpfers stach in Renauds Ohren wie ein Dolch, »hör zu, und höre gut zu. Mir ist egal, warum du dieses Königreich übernommen hast, und mir ist egal, ob du es behältst. Mir ist egal, was für ein Magier du bist oder was du hier unten im Dunkeln planst. Ich bin nur aus einem Grund hier: das Herz des Krieges. Also, wenn du genau tust, was ich dir sage, und mir dabei hilfst, Josef Liechten in die Ecke zu treiben, kann ich dir den Sieg schenken. Du wirst vielleicht sogar lange genug überleben, um die Gewinne deiner wohldurchdachten Verschwörung einzufahren. Haben wir eine Abmachung?«
Mit vorquellenden Augen hielt Renaud noch einen Moment aus, dann nickte er panisch. So schnell, wie er angegriffen hatte, trat Coriano zurück, und Renaud sank keuchend mit einer Hand an der Kehle auf die Knie.
»In Ordnung«, sagte Coriano und schob sein weißes Schwert in die Scheide, während er den König mit seinem guten Auge scharf beobachtete. »Die ursprüngliche Abmachung steht noch. Ich werde ohne Einmischung gegen Josef Liechten kämpfen.«
Renaud blickte finster zu ihm auf und rieb sich immer noch die Kehle. »Und was ist mein Beitrag?«
»Du wirst deine Truppen genau so aufstellen, wie ich es dir sage«, erklärte Coriano, »und dann warten wir. Ohne Josef wird das Mädchen verschwinden, und Eli wird verwundbar. Dann solltest du problemlos mit ihm fertig werden. Auf jeden Fall wirst du nie wieder von mir hören müssen, sobald ich das Herz des Krieges besiegt habe.«
»Das wäre eine echte Erleichterung.« Renaud rieb sich noch ein letztes Mal die wunde Haut, stand auf und wandte sich wieder dem Pfeiler zu. Fast im selben Moment verblasste seine finstere Miene, und sein Gesicht verzog sich zu einem warmen Lächeln. Er streckte die Arme aus, um die matte Oberfläche des Pfeilers zu berühren, und als seine Finger über den Stein glitten, fühlte Coriano durch seine Stiefel ein Zittern.
»Wie lange wird das dauern?«
Coriano musterte ihn wachsam. »Das hängt von Eli ab. Wahrscheinlich nicht länger als einen Tag, vielleicht auch zwei. Monpress reagiert schnell, wenn es nötig ist.«
»Mehr als genug Zeit«, sagte Renaud und nahm seine Hände widerwillig von dem Pfeiler. »Folge mir.«
Er wirbelte herum, marschierte aus der Schatzkammer und schrie nach seinen Wachen. Coriano warf einen letzten Blick auf den seltsamen Pfeiler, bevor er dem König in den Vorsaal folgte. Was auch immer Renaud hier unten plante – Coriano hatte das Gefühl, als ginge es dabei um mehr als das Reich Mellinor. Er würde seine fünf Sinne beisammenhalten müssen, wenn er noch vorher gegen Josef kämpfen wollte. Danach, dachte Coriano mit einem Lächeln, konnte Renaud seinetwegen die ganze Welt zum Einsturz bringen. Dunea summte ihre Zustimmung, und Coriano umklammerte ihr Heft.
Irgendwo in der Dunkelheit hinter ihnen erzitterte der Pfeiler wie in einer stummen Antwort.
Kapitel 17
D er Morgennebel hing dicht und feucht über dem Wald. Die königlichen Hirsche waren aus den Bäumen aufgetaucht, um die frischen neuen Blätter auf den verstreut liegenden Lichtungen abzuweiden, aber von der winzigen Lichtung um die Steinhütte hielten sie sich fern, und dafür gab es gute Gründe.
Gin lag mit dem Kopf auf den Pfoten neben der Tür, die orangefarbenen Augen halb geöffnet. Die Tür zur Hütte quietschte, und tief in der Brust des Geisterhundes stieg ein Knurren auf, als Josef und Nico in den grauen Morgen hinaustraten.
Der Schwertkämpfer trug kein Hemd, aber die dicken Verbände um seine Brust schützten ihn vor der Feuchtigkeit. Er war unbewaffnet bis auf das riesige Schwert in seiner Hand.
Der Schwertkämpfer und das Mädchen gingen ein kurzes Stück durch den Wald und blieben an einer Stelle stehen, an der die Bäume weniger dicht standen. Es war keine richtige Lichtung, aber der Platz reichte für ihr Vorhaben. Nico setzte sich auf einen umgefallenen Baum, während Josef sich zwischen zwei weit auseinanderstehenden Pappeln aufstellte. Als er der Meinung zu sein schien, dass der Platz ausreichte, hob er langsam und sehr vorsichtig seine schwarze Klinge. Er schwang sie in einem langsamen Bogen, bis sie über seinem Kopf schwebte. Seine Schultern verkrampften sich, als die kaum verheilte Wunde unter dem Verband sich dehnte, aber sein Gesicht blieb ruhig und ernst, während er
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