Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
Mellinor. Gesunder Menschenverstand scheint in diesem Land genauso verboten zu sein wie Zauberei.«
»Da magst du recht haben«, sagte Josef, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und tat so, als würde er trinken, während er den Raum genau musterte. »Aber das hier war selbst unter Unfähigen ein wenig zu leicht. Man mag in Mellinor ja nachlässig sein, und ich weiß nichts über Renaud, aber Coriano würde eine solche Bresche nur dulden, wenn er etwas Bestimmtes plant.«
»Coriano?« Eli wischte sich den Mund mit seiner dreckigen Serviette ab. »Ist er nicht abgehauen?«
»Er ist ein Schwertkämpfer; er zieht sich höchstens zurück. Außerdem«, Josef legte eine Hand auf das Herz des Krieges, das an seinem Bein lehnte, »kann das Herz sein Schwert fühlen. Sie rufen einander.«
»Josef«, sagte Eli geduldig, »zum letzten Mal: Du bist kein Magier. Du kannst keinen Piep von dem verstehen, was dieses Schwert sagt.«
»Ich muss es nicht hören, um zu wissen, was es will«, knurrte Josef. »Du bist einfach nur sauer, weil es nicht mit dir redet.« Josef wandte sich mit einem verschwörerischen Grinsen an Miranda: »Der einzige Geist, den wir bis jetzt gefunden haben, der nicht mit Eli reden will.«
»Wer will schon mit einem Geist reden, der sich für dich entschieden hat?«, murmelte Eli und griff nach seinem Löffel, um die letzten Reste seines Essens zusammenzukratzen. »Es muss wirklich einen grauenhaften Geschmack haben.«
»Das reicht«, sagte Miranda und zog Eli die Schüssel weg, bevor er den nächsten Löffel nehmen konnte. »Wir verschwenden unsere Zeit. Worauf warten wir überhaupt?«
Plötzlich ertönten in der Küche Schreie, und auf Elis Gesicht erschien ein breites Grinsen. »Darauf.«
Mehrere Köche rannten laut brüllend aus der Küche, gefolgt von einer dichten weißen Rauchwolke. Die Diener an den vorderen Tischen sprangen panisch auf und schrien: »Feuer!« Die Wachen rannten los und brüllten Befehle, während die Diener zu den Türen drängten, die hinaus in die Küchengärten führten. Während die überforderten Wachen versuchten, die Leute davon abzuhalten, sich gegenseitig totzutrampeln, standen Eli und Josef ruhig auf und eilten auf die unbewachte Tür zur oberen Burg zu. Miranda beobachtete für einen Moment entsetzt die panischen Menschen, dann stand sie auf und folgte dem Dieb.
Der Hauptflur im Dienstbotenbereich war sogar noch voller als der Speisesaal. Überall bimmelten Alarmglocken, und in der Luft hing der Geruch von Holzrauch und brennendem Teer. Diener quollen aus den angrenzenden Fluren wie Ameisen aus ihrem Haufen. Sie schrien und schubsten sich, während sie auf die Ausgänge zurannten. Eli ließ sie an sich vorbeilaufen und arbeitete sich geschickt an der Wand entlang. Erst als am Ende des Flurs Wachen mit Eimern in der Hand auftauchten, änderte er die Richtung und duckte sich in einen der angrenzenden Korridore.
»Ich fasse es nicht«, flüsterte Miranda hitzig, als sie den schmalen Flur halb entlanggingen, halb -rannten. »Du hast ein Feuer gelegt, nur um an ein paar Wachen vorbeizukommen? Denkst du jemals über die Folgen deiner Handlungen nach?«
»Wir haben kein Feuer gelegt«, erklang daraufhin Nicos gelassene Stimme.
Miranda zuckte zusammen und wirbelte herum. Zuerst sah sie nichts außer einem leeren, spärlich beleuchteten Flur voller Rauch. Dann löste sich Nico einen halben Schritt hinter ihnen aus dem Dunkel, als wäre sie einfach aus der Wand getreten. Sie wirkte sehr selbstzufrieden.
Miranda ließ sich allerdings nicht einschüchtern. »Was hast du getan?«
»Nichts Schlimmes«, sagte Nico. »Ich habe den Ofen nur merken lassen, was ich bin, und jetzt versucht er, die Burg niederzubrennen.«
»Du hast absichtlich einen Feuergeist erschreckt?«, keuchte Miranda. »Das ist ja grauenhaft!«
Nico verschränkte die Arme vor der Brust, doch ihre braunen Augen waren vollkommen ruhig. »Ich habe ihn nicht erschreckt. Ich habe mich vorgestellt. Es war die Entscheidung des Ofens, zu versuchen, mich umzubringen, indem er alles niederbrennt. Aber mach dir keine Sorgen: Es ist ein langsamer, fetter Geist. Die Diener werden keinerlei Probleme haben, ihn zurückzuhalten, wenn sie es denn schaffen, ihre eigene Panik unter Kontrolle zu bekommen.«
»Wag es nicht, den Ofen verantwortlich zu machen«, sagte Miranda. »Geister sind von Natur aus schreckhaft, und Feuergeister besonders. Es ist deine Aufgabe, sie vor so etwas zu schützen, nicht, sie in panische Angst
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