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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Tageseinnahmen abhanden.
    Es geschah damals noch etliches mehr. Vieles davon ist auch schon vergessen. Doch es köchelte kräftig in den Köpfen.
    Die allergrößte Hochachtung verdient auch die Arbeit der Ermittlung. Es wurde keine Möglichkeit ausgelassen, nicht nur, um die Täter zur Strecke zu bringen, sondern auch, um hinreichend zu prüfen, was überhaupt der Tatbestand war! So fand sich für alles eine Erklärung, die in jedem einzelnen Punkt als stichhaltig, ja unumstößlich gelten darf.
    Ermittler und erfahrene Psychiater stellten fest: Die Mitglieder jener Verbrecherbande – oder vielleicht auch nur einer von ihnen (in dieser Hinsicht fiel der Verdacht mit besonderer Vorliebe auf Korowjew) – sind Hypnotiseure von enormer Kraft und in der Lage, ihren Aufenthaltsort durch einen vermeintlichen zu ersetzen, gewissermaßen zu verschieben. Auch machen sie mithilfe von Suggestion betroffene Menschen nach Wunsch glauben, Personen und Gegenstände befänden sich an einem anderen Platz als dem ihnen tatsächlich zugemessenen. Oder entfernen umgekehrt aus dem Gesichtsfeld Personen und Gegenstände, die sich in Wirklichkeit im besagten Gesichtsfeld befinden.
    Im Lichte solcher Erklärungen erhielt einfach alles einen Sinn. Sogar die aufs Äußerste beunruhigende, unfassliche Unverwundbarkeit des Katers, der in der Wohnung Nr. 50, bei dem Versuch, ihn zu ergreifen, in einen Kugelregen geraten war.
    Kein auf dem Kronleuchter schaukelndes Tier, kein Zurückfeuern. Nur Schüsse ins Leere. Mit Korowjew im Rücken, feixend und stolz wie Oskar auf dieses phänomenale, gleichwohl unlauter eingesetzte Talent, allerhand Dinge zu suggerieren: Zum Beispiel, wie ein Kater, vom Kronleuchter aus, mit dem Einsatzkommando seinen Schabernack treibt. Auch der Hausbrand – einzig Korowjews Werk. Durch Gebrauch von Benzin, versteht sich.
    Kein Jalta-Flug von Stjopa Lichodejew. (Das wäre selbst für Korowjew eine Nummer zu groß.) Keine Telegramme von dort. Nur ein Ohnmachtsanfall in der Juwelierswitwenwohnung, ausgelöst durch Korowjews Kunststück (Kater plus marinierter Pilz auf der Gabel). Anschließend – als zusätzliche Gemeinheit – das Aufstülpen einer Kosakenmütze auf Stjopas Kopf und sein Abtransport zum Moskauer Flughafen. Zuvoreine hypnotische Behandlung der Fahnder, damit sie fest davon überzeugt sind, Lichodejew sei soeben aus der Sewastopoler Maschine gestiegen.
    Zwar behaupteten die Kollegen in Jalta, sie hätten dort den barfüßigen Stjopa sehr wohl empfangen und waren es selbst, die nach Moskau Telegramme verschickt hatten. Aber von diesen Telegrammen fand sich in den Akten keine Kopie. Weshalb der traurige, doch unumstößliche Schluss gezogen werden musste: Die Bande verfügt nicht nur über die Fähigkeit, auf kolossale Entfernung hin einzelne Personen zu beeinflussen, sondern auch ganze Personengruppen. So gesehen, sind die Täter in der Lage, selbst Menschen mit der denkbar stabilsten psychischen Konstitution in den Wahnsinn zu treiben.
    Was sind schon dagegen solche Lappalien wie ein Kartenspiel in einer fremden Zuschauertasche. Oder verschwundene Frauenkleider. Oder das miauende Barett. Solche Finten beherrscht auf jeder Bühne jeder durchschnittliche Hypnotiseur. Darunter auch den recht simplen Trick mit dem abgerissenen Kopf des Ansagers. Auch ein sprechender Kater ist kalter Kaffee. Der blutigste Anfänger der Bauchrednerkunst wird einen solchen aus dem Hut zaubern. Dabei reicht Korowjews Fertigkeit zweifellos weit über ein derartiges Anfängerstadium hinaus.
    Nein, hier geht es nicht um Kartenspiele oder um gefälschte Briefe in Nikanor Iwanowitschs Aktenkoffer. Das sind alles geradezu Bagatellen. Doch er, Korowjew, er war es, der Berlioz unter eine Tram schickte – und somit in den sicheren Tod. Er war es, der den armen Dichter Iwan Besdomny um den Verstand brachte, weshalb er seitdem in qualvollen Traumvisionen nur noch das alte Jerschalajim sieht, den sonnenverbrannten ausgetrockneten Kahlen Berg mit den drei an die Pfähle gehängten Männern. Er war es, der Margarita Nikolajewna und ihre hübsche Haushälterin Natascha zwang, aus Moskau zu verschwinden. Übrigens beschäftigte dieser Vorfall die Ermittlung ganz besonders stark. Es galt, herauszufinden, ob die zwei Frauenvon der Mörder- und Brandstifterbande entführt worden waren oder sich aus freien Stücken heraus mit den Banditen verdrückt hatten. Basierend auf den abstrusen und wirren Aussagen von Nikolaj Iwanowitsch, unter

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