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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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hasserfüllt und wandte sich ab.
    Da öffnete Rimski den Aktenkoffer, entnahm ihm einenFünfzigrubelschein und reichte ihn durch das vordere Wagenfenster.
    Ein paar Sekunden später sauste das klapprige Auto wie ein geölter Blitz den Gartenring entlang. Der Fahrgast wurde hin und her geworfen. In der Spiegelscherbe über dem Chauffeur erblickte er mal dessen freudestrahlende und mal seione eigenen irren Augen.
    Vor dem Bahnhofsgebäude sprang Rimski hinaus und rief einem der Männer mit weißer Schürze und Blechschild zu:
    – Erste Klasse. Allein. Kriegst einen Dreißiger. – Er holte aus dem Koffer zerknüllte Scheine. – Ich nehm auch die zweite. Oder von mir aus die Billigplätze.
    Der Mann mit dem Blechschild warf eilige Blicke auf die beleuchtete Uhr und riss die Banknoten aus Rimskis Händen.
    Fünf Minuten später verließ der Schnellzug die gläserne Kuppel der Bahnhofsstation, um spurlos im Dunkeln dahinzuschwinden. Mit diesem schwand auch Rimski dahin.

Kapitel 15
Der Traum des Nikanor Iwanowitsch
    Unschwer zu erraten: Jener dicke Mann mit der dunkelroten Visage, welcher seit Neuestem in der Klinik das Zimmer Nr. 119 bewohnte, war Nikanor Iwanowitsch Bossoi.
    Allerdings landete er nicht sofort bei Professor Strawinski. Zuvor hatte er einen anderen Ort kennengelernt.
    Aber von diesem anderen Ort ist Nikanor Iwanowitsch nicht sonderlich viel im Gedächtnis geblieben: ein Schreibtisch, ein Sofa und ein Schrank.
    Dort wurde versucht, mit Nikanor Iwanowitsch, dessen Augen vor lauter Blutaufwallung und seelischer Erregung trübe wirkten, ins Gespräch zu kommen. Doch es kam nur zu einem wirren Gespräch, oder, besser gesagt: zu keinem Gespräch.
    Gleich die erste Frage, die man ihm stellte, lautete:
    – Sie sind Nikanor Iwanowitsch Bossoi? Vorsitzender der Wohnungsgenossenschaft? Des Hauses Nummer 302 Block B auf der Gartenstraße?
    Worauf Nikanor Iwanowitsch furchtbar auflachte und buchstäblich Folgendes zur Antwort gab:
    – Ich bin Nikanor, na klar, Nikanor! Doch was bin ich zum Kuckuck für ein Vorsitzender?
    – Wie denn das? –, wurde nachgehakt. Und zwar mit zusammengekniffenen Augen.
    – Ganz einfach –, entgegnete er. – Angenommen, ich bin der Vorsitzende: Dann hätt’ ich doch gleich feststellen müssen, dass er von den bösen Mächten ist! Ist doch so, oder? – Kaputter Zwicker … Trägt lauter Lumpen … Wie kann so einer bittschön Dolmetsch sein? Und dann noch bei einem Ausländer!

    – Und Sie reden über wen? –, wurde weiter geforscht.
    – Dieser Korowjew! –, rief Nikanor Iwanowitsch. – Macht sich jetzt breit in Numero 50! Schreiben Sie gefälligst: Korowjew. Muss auf der Stelle verhaftet werden! Schreiben Sie gefälligst: Hauseingang 6. Da steckt er nämlich.
    – Und woher haben wir die Devisen? –, wurde er ganz im Vertrauen gefragt.
    – Allgütiger Gott, allgütiger Gott –, redete Nikanor Iwanowitsch, – Dir ist nichts verborgen! Tja, bin selbst schuld! So wahr ich hier stehe: Die hab’ ich doch nie in der Hand gehabt! Weiß doch nicht einmal, wie die ausschaun, eure Devisen! Der Herr straft mich für meine Sünden –, setzte Nikanor Iwanowitsch fort. Und knöpfte sein Hemd auf. Und wieder zu. Und bekreuzigte sich. – Hab’s genommen, jawohl, hab’s genommen, doch freilich ausschließlich unsers, sowjetisches! Hab’ für Geld Leute einquartiert: Kommt vor, geb’ ich zu, und Schluss aus. Und Proleschnew, unser Sekretär, auch so ein Feiner! Sind allesamt Halunken in der Hausverwaltung. Aber Devisen? – Nein, niemals!
    Auf die Bitte hin, nicht den Dummen zu spielen und zu erzählen, wie die Dollars denn in die Lüftung gelangt sind, ließ sich Nikanor Iwanowitsch auf die Knie, wippte hin und her mit offenem Mund, so als wollte er gleich das Parkett verschlingen.
    – Wollt ihr –, muhte er, – dass ich Staub fresse, damit ihr’s mir glaubt? – Devisen? – Nein, niemals! Und dieser Korowjew ist vom Teufel geschickt!
    Jede Geduld hat bekanntlich ein Ende. Schon wurde am Schreibtisch die Stimme erhoben. Schon wurde ihm vorsichtig angedeutet, er solle doch langsam Klartext sprechen.
    Da ertönte im Zimmer mit jenem Sofa das wilde Gebrüll Nikanor Iwanowitschs, der vom Boden aufgesprungen war:
    – Da! Da ist er! Hinter dem Schrank! Da! Da grinst er! Es ist sein Zwicker … Haltet ihn fest! Weihwasser, schnell!
    Das Blut wich aus seinem Gesicht. Er bebte, schlug Kreuze indie Luft. Stürzte zur Tür und zurück. Sang ein Gebet und gab am Ende nur noch

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