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Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Titel: Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Wie schafften Karla und Harald es nur, das notwendige Gepäck für drei Wochen in Sporttaschen unterzubringen? Gina stieg vom Bett herunter, legte ihren Koffer flach auf den Boden und ließ die Verschlüsse aufschnappen. Dem Koffer musste es im Bus wohl schlecht geworden sein, denn er kotzte sie von oben bis unten mit unverdauten Klamotten voll. Sie legte sie in sauberen Häufchen aufs Bett und von dort aus in den Schrank.
    Das Möbelstück bestand aus drei Teilen. Rechts und links waren die Regale, viel zu viele, um sie alle zu füllen, selbst für Gina, die ihr halbes Hab und Gut mit auf Reisen nahm, und dazwischen gab es einen mannshohen Raum mit einer Querstange. Dort hingen vier, sechs, acht dünne Plastikbügel. Sie waren alle von einer Sorte, nicht bunt zusammengewürfelt wie in den meisten Kleiderschränken.
    Das Holz der Regalbretter war so stabil, dass man bedenkenlos Goldbarren dort hätte aufstapeln können. Die Luft, die ihr aus dem Inneren des Schranks entgegenschlug, roch nach Mottenkugeln, und sie fand eine davon tief im rechten unteren Fach versteckt. Es machte ihr Spaß, die Wäsche einzuräumen. Für drei Wochen würde sie sich hier einnisten, dieses Zimmer zu ihrem Reich machen. Vor einem Jahr hätte sie es für undenkbar gehalten, diesen Ort jemals wieder zu betreten. Ein Jahr war eine lange Zeit. Sie hatte ihre Wunden geleckt, und das Haus hatte seine geleckt. Genau genommen hatte dieser Henry das Lecken besorgt.
    Soweit es das Haus betraf, nicht, soweit es Gina betraf.
    Der Gedanke brachte sie zum Kichern.
    Überhaupt: Dieser Mann namens Henry …
    Als sie ein gewagtes Spitzenhemdchen ins Regal legte, fragte sie sich, wie er wohl reagieren würde, wenn er ins Zimmer kam, um noch irgendetwas in Ordnung zu bringen, und sie ihm in diesem Kleidungsstück gegenüberstand.
    Gina ließ die Arme sinken, machte ein empörtes Gesicht, dachte nach. Gefiel ihr dieser borstige Goliath etwa? Unmöglich – um sie wuselten neun junge Kerle herum, und in ihren erotischen Tagträumen tauchte dieser Urmensch auf, der locker ihr Vater sein konnte! Gina, Mädchen, was hat man denn dir in die Cola gekippt?
    Im Grunde kam es nicht überraschend. Für hünenhafte Männer hatte sie schon immer eine Schwäche gehabt. Vielleicht, weil sie so ein Schmalchen war, eine Gazelle, langbeinig und biegsam, mit wunderschönen Brüsten, wenn man ein Mikroskop mit einer ausreichenden Vergrößerung ansetzte … Sie liebte Männer mit mächtigen Pranken, stellte sich vor, davon angefasst zu werden, zärtlich und hart zugleich.
    Falls sie mit Henry zugange war, und er musste sich schnell verstecken, weil es zum Beispiel an der Tür klopfte, dann würde er weder unters Bett noch in diesen Schrank passen. Der Schrank war groß, aber Henry war größer. Gina schob die Kleiderbügel, an die sie bereits Blusen gehängt hatte, zur Seite, stellte sich hinein und drehte sich um, damit sie wieder ins Zimmer blickte. Die Stange berührte sie im Nacken, und das Deckenbrett war ein, zwei Zentimeter über ihrem Kopf. Maßarbeit. In der Breite hatte sie mehr Raum. Rechts und links hätte zwischen ihre schlanken Schultern und die Trennbretter locker noch je ein Fußball gepasst.
    Es war witzig, dort zu stehen. Das Zimmer kam einem viel größer vor.
    Gina konnte sogar an das denken, was in diesem Schrank geschehen war, ohne Angst zu bekommen. Es war vorbei. Spätestens in dem Moment, in dem sie ohne das mindeste Zögern in diesen Wandschrank gestiegen war, hatte sie einen Schlussstrich unter die Vergangenheit gezogen. Ein neues Leben begonnen.
    Sie war siebzehn. Was konnte ihr geschehen? Wenn sie Lust dazu hatte, verführte sie den Onkel im Holzfällerhemd noch in dieser Nacht.
    Es war alles so einfach.
    Sommer. Sie hier. Dieser Ort neu wie der frische Morgen.
    Es klopfte.
    „Herein!“ Der erste Impuls war gewesen, aus dem Schrank zu springen. Was sie tat, war ihr nicht peinlich, musste ihr nicht peinlich sein, aber je nachdem, wer ihr Besucher war, mochte er es als unpassend oder … taktlos empfinden. Wenn es Q war, zum Beispiel, wollte sie lieber nicht im Schrank stehen. Q war die Sache vielleicht am meisten nachgegangen. Es würde ein bitterer Nachgeschmack zurückbleiben, wenn er begriff, dass sie es nicht so schwer nahm wie er, obwohl sie zu den Tätern gehört hatte und er nicht.
    Aber dann hatte sie plötzlich das Gefühl, dass es nicht Q war, und sie blieb trotzig stehen. Schließlich tat sie nichts Verbotenes.
    Es klopfte noch

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