Meleons magische Schokoladen
anders erklärt. Er sagte, die Menschen feiern die Geburt des Lichts und den Sieg des Hellen über das Dunkle. Und deshalb ist es kein Fest für uns, denn wir gehören ja der dunklen Seite an.“
Isabell nahm ihm das Tablett mit den Zimttrüffeln ab und stellte es in die Vitrine.
„Sei so gut und mach uns einen Kaffee“, sagte sie. „Und dann erklärst du mir, was du damit meinst!“
Niklas blies über seine Tasse.
„Was soll ich da erklären?“, fragte er.
„Das mit der dunklen Seite. Wie dunkel ist diese Seite wirklich? Soll ich mir Meleon tatsächlich als Schwarzmagier vorstellen? Jemand, der in heimlichen nächtlichen Zeremonien schwarze Hähne opfert?“
„Wozu sollte das gut sein?“, fragte Niklas befremdet.
„Nun, das ist es doch, was dunkle Magier tun, oder nicht?“
„Ich wüsste nicht, weshalb. Magie hat mit Macht zu tun, nicht damit, arme Tiere zu schlachten.“
„Wir reden aneinander vorbei, Niklas! Ist Meleon schlecht?“
„Schlecht? Würde ich ihm dann dienen?“
Isabell stand auf und nahm sich gleich drei von den weißen Kirschtrüffeln.
„So, und nun noch einmal von vorne! Wir sind uns doch einig, dass hell gut bedeutet und dunkel böse.“
„Nein“, sagte Niklas. „Helle Magie beschäftigt sich mit Heilung und allumfassender Liebe. Dunkle Magie bedeutet den Erwerb von Macht und Herrschaft.“
„Das ist doch dasselbe“, sagte Isabell, zweifelte aber gleichzeitig an ihren Worten. Waren Herrschaft und Macht gleichbedeutend mit etwas Bösem?
Niklas schien ebenso unzufrieden mit dem Verlauf dieser Unterhaltung. Er tippte mit dem Zeigefinger auf seine Handfläche.
„Sehen Sie doch“, sagte er. „Helle Magier dürfen keine Macht ausüben. Das ist die Sphäre der dunklen Magier. Es ist der schwierige Weg. Du lernst, andere zu beeinflussen und sie anzuleiten. Darin liegt große Verantwortung. Helle Magie ist ganz einfach. Du heilst Leute, segnest sie und hoffst ansonsten das Beste. Bist du ein dunkler Zauberer, musst du dich mit all dem herumplagen, worüber die weißen Magier erhaben sind, nämlich Gewalt, Neid, Habsucht, Angst, Dummheit. Du beugst den Nacken derer, die nach oben wollen. Du zügelst die, die sich schlagen möchten. Du erinnerst die Geizigen daran, dass sie für das Gemeinwohl Steuern zahlen müssen…“
„Und das ist dunkle Magie?“, fragte Isabell ungläubig.
„Ja“, sagte Niklas. „Und dabei ist irgendetwas schief gegangen. Was lange im Zaum gehalten war, ist hervorgebrochen und hat alles ins Chaos gestürzt.“
„Dann war diese dunkle Magie vielleicht doch keine so großartige Sache“, sagte Isabell und ging nach vorne, denn das Glöckchen hatte angeschlagen.
Sie stand dem Bürgermeister gegenüber.
Er wischte sich trotz der eher kühlen Witterung die Stirn mit einem Taschentuch und räusperte sich.
„Ähem, Fräulein Fechter, wie erfreulich! Ist zufällig Herr Meleon im Hause?“
„Er ist verreist“, sagte Isabell entschuldigend. „Kann ich etwas für Sie ausrichten? Oder möchten Sie etwas bestellen?“
„Hm, nein. Oder vielmehr… Man wundert sich. Sonderbare Dinge geschehen in unserer kleinen Stadt, seitdem Herr Meleon hier ist. Die Bürger beklagen sich.“
„Über Herrn Meleons Schokoladen?“
„Nein, nein!“, sagte der Bürgermeister. „Keinesfalls. Es ist nur wenig wünschenswert, dass ein junges Fräulein so häufig im Hause eines Junggesellen aus und ein geht. Und dann die Tiere !“
„Ich bin mit Herrn Meleon verlobt“, sagte Isabell kühl. „Und was meinen Sie mit Tieren ?“
„Verlobt. Aha. Dann gratuliere ich aufs Herzlichste, Fräulein Fechter. Ja, und die Tiere… Es wird über den Diebstahl von Geflügel berichtet. Allerorten verschwinden Kuchen, die man aufs Fensterbett gestellt hat, damit sie auskühlen. Federn liegen herum.“ Wieder wischte er sich die Stirn.
„Und das sollte mit Herrn Meleon zusammenhängen?“, fragte Isabell.
„Nun, ja. Es war von einem Pferd mit einem absonderlichen Horn auf der Stirn die Rede, dann die riesenhafte schwarze Katze, die tot auf den Stufen des Gemischtwarenladens gefunden wurde. Dr. Rensler hat sie abgeholt und will sie präparieren lassen. Er sagt, es sei ein Panther!“
„Ich sehe immer noch nicht, was das mit Herrn Meleon zu tun haben sollte“, behauptete Isabell, obwohl ihr der Gedanke an den toten Panther den Magen herumdrehte.
„Nun, ich wollte ja auch mit ihm selbst sprechen. Vielleicht richten Sie ihm aus, dass ich hier
Weitere Kostenlose Bücher