Meleons magische Schokoladen
bleibt.“ Er küsste sie heftig auf den Mund, schob sie dann rückwärts und hielt sie auf Armeslänge. „Ich Narr hätte die Hochzeit nicht verschieben dürfen. Nun bleibt uns eigentlich keine Zeit…“
„Aber?“, fragte Isabell.
„Vielleicht ist es nicht irgendeine beliebige Nacht, sondern die einzige und letzte.“
„Siehst du tatsächlich so schwarz? Warum? Du verfügst über so viel magische Macht. Und wir haben die Minister, wir haben Rochas mit seinem Schwert…“
Er nahm ihre Hände.
„Ich werde die Stadt retten“, sagte er. „Wir werden die Angreifer zurückschlagen. Dann gliedere ich diesen Ort aus, exterritorialisiere ihn und umgebe ihn mit einem Schutzwall, den nicht einmal ein Noshar bezwingen kann.“
„Wenn du so entschlossen bist, warum sagst du dann solche Sachen? Die einzige und letzte Nacht ? Was meinst du damit, Meleon?“
Seine Finger umschlossen ihre Hände.
„Um diesen Zauber zu wirken, muss ich außerhalb des Gebietes sein, das ich exterritorialisiere.“
„Du kannst dann nicht mehr zu uns? Meinst du das?“, fragte Isabell und wünschte, sie hätte seine Augen sehen können. Doch es war zu dunkel.
„Das meine ich. Noch hoffe ich, dass wir sie vertreiben und uns anders helfen können. Aber wenn wir ein Blutbad verhindern wollen, die Plünderung der Stadt…“
Er sprach nicht weiter. Vielleicht wollte er ihr die Schrecken einer Eroberung nicht ausmalen.
Still standen sie beieinander, ihre Händen in seinen. Es roch nach Spanschachteln, Buttergebäck und Schokolade. So vertraut. So tröstlich.
Irgendwann nahm er Isabell in die Arme, legte seinen Kopf auf ihre Schulter und sie spürte seinen Atem durch den Stoff ihres Kleides.
„Haben wir denn Zeit genug?“, fragte sie. „Für diese letzte Nacht?“
„Ja“, sagte Meleon.
Dann fiel die Glastür des Ladens in Scherben.
Morgendämmerung
Meleon packte Isabell und schleuderte sie hinter die Theke. Sie prallte mit Wucht in ein Regal und ging in einem Regen aus Pralinenschachteln zu Boden. Vor der Theke blitzte es.
Isabell schmeckte ihr eigenes Blut, rappelte sich benommen auf und kroch auf allen Vieren vorwärts, bis sie um die Ecke der Theke lugen konnte.
Vor der Tür war ein Schatten.
Ein Schatten, der schwärzer schien als die umgebende Nacht.
Die Luft sang, als würde sie gewaltsam zusammengepresst. In der Auslage züngelten Flammen, erfassten die Dekorationen und fauchten wie angriffslustige Katzen, als sie das nächste Regal ansprangen.
Isabell kam auf die Beine, überklettere die Theke und riss alles aus den Fächern. Schmerz schoss ihr in die Hände, als sie schon leise kokelnde Schachteln ins Fenster schleuderte. Rücksichtlos rupfte sie auch die Bretter von ihren Aufhängungen und warf sie nach draußen. Die Luft war heiß und flirrte. Es roch beißend nach schwelendem Holz und angebrannter Schokolade.
Meleon stand fest eingestemmt und schien etwas aus dem Laden hinaus zwingen zu wollen, das sich ihm widersetzte.
Dann sprangen dicht hintereinander mehrere Panther durch die zerborstene Scheibe des Ladens. Einer streifte das scharfkantige Glas und schrie. Blut spritzte. Isabell drosch dem vordersten ein Regalbrett auf den Kopf. Der zweite riss sie um.
Ehe er sie packen konnte, hatte Meleon eine Hand zur Seite ausgestreckt und eine gewaltige Entladung fegte Isabell, Panther und ein kleines Tischchen gegen die Wand. Isabell fühlte sich hochgehoben und hing plötzlich dicht unter der Decke. Die Panther schüttelten sich ein paar Mal und begannen dann, nach ihr zu springen. Einer stand schon oben auf der Theke und stieß sich ab, da sirrten dicht hintereinander mehrere Lichtkugeln heran. Es gab ein hässliches Geräusch. Katzenleiber zuckten. Entladungen in allen Farben ließen gespenstische Lichter über die Wände tanzen.
Dann lagen vier schlaffe Pantherkörper am Boden. Die fünfte Raubkatze rettete sich mit einem Satz durch die Auslagen, doch holten drei Kugeln sie ein, sie maunzte noch in Angst und Wut, dann lag auch sie still.
Die beiden Magier standen einander immer noch gegenüber.
Isabell sank so langsam zu Boden wie ein Löwenzahnsamen an seinem Schirmchen und kam sanft auf. Es war ihr unangenehm, über die toten Panther hinweg zu steigen, umso mehr, als sie wusste, dass es in Wirklichkeit Menschen waren, die dort reglos lagen.
Meleon hatte eine Hand gehoben und verharrte so. Das Dunkle vor der Ladentür sah wie sein Schatten aus, doch weit bedrohlicher, größer und erschreckend
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