Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
Aha. Es gab also Probleme. Als ob ich davon nicht bereits genug hätte!
„ Willst du mir gleich sagen was los ist, oder möchtest du lieber später darüber reden?“
„ Meine liebe Freundin Dani hat mich vor die Tür gesetzt.“
„ Was? Das kann sie doch nicht einfach machen!“
„ Doch, und wie sie das kann. Sie hat einen neuen Typen und ist ganz wild auf ihn. Er ist bei ihr heute eingezogen. Ich hatte großzügiger Weise eine Woche Vorwarnzeit, aber so schnell habe ich kein anderes Zimmer in Frankfurt gefunden. Also muss ich zunächst wieder nach Hause kommen und bei euch wohnen, bis ich was gefunden habe. “
Ihre Stimme triefte vor Ironie, als sie von der „Vorwarnzeit“ sprach. Das war ganz ungewöhnlich für Hannah.
„ Du weißt, wir sind immer für euch da. Ihr habt immer einen Platz im Haus und im Herzen.“
Das Gewitter dauerte an. Ich hasste es, bei solchem Wetter zu fahren, doch da musste ich jetzt durch. Der Scheibenwischer bewegte sich mit Höchstgeschwindigkeit, und trotzdem konnte ich nicht viel sehen. Ich schickte ein Stoßgebet gen Himmel und fuhr vorsichtig los. Nach einer Weile fragte ich meine Älteste: „Hannah, und was ist mit deiner Ausbildung, läuft da wenigstens alles gut?“ Ich warf ihr schnell einen prüfenden Blick zu und konzentrierte mich dann wieder auf die Straße. Es war nicht zu fassen, wir wurden doch tatsächlich überholt! Jesses, hat der Kerl nicht alle Tassen im Schrank, schimpfte ich innerlich. Zum Glück würde die Heimfahrt nicht viel länger als zwanzig Minuten dauern. Wir hatten mittlerweile fast schon Weinstadt hinter uns gelassen.
„ Ja, ich weiß“, antwortete Hannah wortkarg.
„ Mama, fährst du dann bitte an der Alpakaweide vorbei? Ich möchte nach meinen Tieren sehen“, bat Miri.
„ Sicher, gern. Vorhin, als ich losfuhr, waren alle fünf wohlauf, soweit ich sehen konnte.“
Die weitere Fahrt verlief ruhig und ich entspannte mich etwas. Als wir an der Streuobstwiese ankamen, hatte der Regen fast schon aufgehört. Anstelle der Blitze war ein Wetterleuchten getreten, das von leisem, fernem Gewittergrollen begleitet wurde. Das Schlimmste war vorüber. Ich ließ den Wagen langsam rollen und wir drei hielten nach den Alpakas Ausschau. Nicht nur Miri war erleichtert, dass alle entspannt auf der Wiese lagen und sich nicht am Unwetter störten. Erstaunlich, die waren wirklich hart im Nehmen, dachte ich. Ich fuhr den restlichen Feldweg entlang, bis ich zur Straße kam, um dort nach links abzubiegen und die letzten fünfzig Meter zum Haus zurückzulegen. Als ich unsere Auffahrt erreichte, fing mein Herz an zu klopfen. Unser Pkw stand wahrhaftig vor der Tür. Robert war zurückgekehrt!
„ Miranda, ich nehme die Koffer. Bring du bitte Hannah nach oben ins Bett und bring ihr was zu trinken und ein Fieberthermometer.“
„ Mama, ich muss nicht wie ein kleines Kind behandelt werden“, wiegelte Hannah ab.
„ Du hast recht, Liebes“, entgegnete ich. „Nicht wie ein kleines, aber ein krankes Kind. Und das bist du für mich jetzt.“
Sie lächelte matt und meinte, sie ergäbe sich in ihr Schicksal, bemuttert zu werden. Als ich den Transporter an gewohntem Platz abstellte, öffnete sich die Haustür. Ein heller Schein fiel kegelförmig auf das Pflaster vorm Haus. Roberts Silhouette ließ mein Herz noch schneller schlagen. Was, wenn er gekommen war, um sich endgültig zu verabschieden?
Doch er eilte uns entgegen, und meine Befürchtungen zerstoben wie die letzten Regentropfen zu seinen Füßen.
„ Ich bin so froh, euch zu sehen! Niemand war zuhause. Alles war still und leer!“ Er umarmte seine Töchter gleichzeitig, küsste sie auf die Stirn und zog dann mich in seine Arme.
„ Mensch, Papa, du tust ja so, als wären wir monatelang verschollen gewesen“, grinste Miri und auch Hannah lächelte über diese ungewohnt emotionale Begrüßung. Die Mädchen gingen ahnungslos ins helle, warme Haus.
Robert hielt mich immer noch umfangen. Es war wunderbar, ihn zu spüren, seinen Duft einzuatmen und die Kraft seiner männlichen Arme zu fühlen.
„ Tu das bitte nie wieder“, bat ich leise.
„ Nein, niemals wieder. Das verspreche ich dir. Ich will dir auch alles erklären, nichts soll mehr zwischen uns stehen. Ich bitte dich so sehr um Verzeihung.“
Als ich ihn mit zarter Leidenschaft küsste, mischte sich eine heiße Träne unter die kalten Regentropfen auf meinem Gesicht. Ich wusste nicht, war es seine oder meine.
Später, als wir alle
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