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Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Titel: Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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antwortete gut gelaunt, ich konnte aber nicht verstehen, was er sagte. Gleich darauf hörte ich, wie die Wagentüren mit einem satten Schmatzen ins Schloss fielen und der Motor gestartet wurde. Die Männer verließen den Hof für einen Arbeitstag. Ein ganz normaler Montagmorgen also. Gott sei Dank.
    Ein Blick auf den Wecker, den ich vergessen hatte zu stellen, sagte mir, dass es 08.23 Uhr war. Die Uhrzeit wiederum sagte mir, dass auch Miri längst das Haus verlassen hatte. Montags musste sie immer zur ersten Stunde in der Schule sein. Ich machte die Augen wieder zu und atmete genussvoll tief ein und aus und lächelte. Wie schön, an einem kalten Novembermorgen sich ins Bett zu kuscheln!
    Sekunden später saß ich plötzlich kerzengerade im Bett. Hannah! Ich hatte doch tatsächlich meine Älteste vergessen, die krank in ihrem Bett lag. Ich sprang aus den Federn und schlüpfte in meine Hausschuhe, warf mir meinen Morgenmantel über und ging zu ihr. Vorsichtig öffnete ich die Tür, nachdem auf mein Klopfen keine Reaktion kam, und fand ein leeres Bett vor. Im Haus war es ganz still. Wo war sie? Ich rief und suchte, bis ich zufällig aus dem Küchenfenster zur Streuobstwiese schaute. Da hinten stand sie. Nase an Nase mit Galadriel, die ich an ihrem hellsilbergrauen Fell erkannte. Wie unvernünftig, dachte ich. Mit Fieber bei diesem Wetter da draußen zu sein. Wenigstens hatte sie sich warm angezogen. Warum stand sie dort? Je länger ich sie betrachtete, umso mehr bekam ich das Gefühl, dass sie sehr, sehr traurig war und bei den Tieren Trost suchte. Ich befüllte die Kaffeemaschine, drückte deren Kippschalter und heizte den Ofen an, um Brötchen aufzubacken. Dann ging ich wieder nach oben, um mich anzuziehen. Ein Blick in den Spiegel sagte mir, dass die letzten Tage ihren Tribut gefordert hatten. Eine erschöpfte Frau schaute mich an, die tiefe Schatten unter den Augen hatte. Doch sah ich in ihren-meinen Augen keine Traurigkeit mehr, keine Wut, keine Angst. Ich fragte mich, was ich gleich in Hannahs Augen sehen würde. Als ich schließlich die Brötchen aus dem Ofen holte, kam Hannah zur Hintertür ins Haus hinein und ging zu mir in die Küche.
    „ Wie ich das vermisst habe! Brötchen- und Kaffeeduft am Morgen, in einer richtigen und warmen Küche. Guten Morgen, Mama.“
    „ Guten Morgen, mein Liebes. Wie geht es dir? Hast du noch Fieber?“ Prüfend legte ich meine Hand auf ihre Stirn und die Wange. Ja, sie fieberte noch. „Was machst du denn nur da draußen, wenn du doch krank bist?“
    Hannah winkte ab. „So schlimm ist es nicht mehr. Nur eben leichtes Fieber. Es geht mir schon besser als gestern.“ Sie ging auf die Diele zurück, zog die dicke Jacke und ihre Schuhe aus, und setzte sich dann zu mir an den Tisch. „Gibst du mir bitte die Marmelade rüber? Ist das noch Kirsch-Marzipan vom letzten Sommer? Also, du kannst ganz beruhigt sein, ich gehe heute noch zum Arzt, ich brauche ja eine Krankschreibung. Ich hoffe, er gibt mir zwei, drei Tage.“
    Ich bejahte die Marmeladefrage und schob das Glas mit ihrer Lieblingssorte über den Tisch. „Schön, dass du zum Arzt gehst, er soll mal ein Blutbild machen und dich…“
    „ Mama! Hör auf damit. Willst du vielleicht auch noch mitkommen und Händchen halten?“
    „ Entschuldige. Du hast ja recht, ich bin schon still.“
    Eine Weile lang aßen wir schweigend unsere Brötchen und tranken den himmlisch heißen, gewürzten Kaffee. Ich überlegte, wie gereizt sie reagieren würde, wenn ich die Sache mit dem Zimmerrauswurf ansprechen würde. Wie sollte es denn nun weitergehen? Da musste man sich doch Gedanken über die Zukunft machen, und noch mehr über die Gegenwart!
    „ Weißt du, Mama, das ist schon merkwürdig, oder? Ich erinnere mich, dass du uns mal erzählt hast, wie du hier ins Lindenhaus gekommen bist, damals, als die alte Mira noch lebte. Du hattest doch auch plötzlich keine Wohnung mehr, nicht wahr?“
    Erleichtert, dass sie das Thema von sich aus anschnitt, nickte ich und schenkte mir einen zweiten Becher Kaffee ein. „Ja, das war sehr belastend für mich damals. Als ob sich der Boden auftat. Es war ja nicht nur, dass ich aus der Wohnung rausmusste, mein Ex hatte mich auch eben mal so abserviert am Handy. Apropos Handy, habe ich euch auch erzählt, dass ich es vor lauter Wut in einen Kuhfladen geworfen habe? In einen frisch geschissenen!“
    Hannah lachte laut auf. „Nein, dass hast du noch nie gesagt. Mama, das hätte ich dir gar nicht

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