Melodie der Leidenschaft
Geschäftsreisen im Ausland, und es kommt mir entgegen, wenn das Haus nicht völlig leer steht, wenn ich weg bin.“
Er lächelte charmant und fügte sanft hinzu: „Wie ich hörte, wird ein Apartment gesucht, das groß genug für den Flügel ist.“
„Also, wenn Sie mich fragen, ist dieses Riesending ein richtiger Klotz am Bein“, meinte Onkel Rex, bevor Ella antworten konnte. „Vielleicht solltest du ihn doch verkaufen.“
Energisch schüttelte sie den Kopf. „Der Flügel gehört zu den wenigen Dingen, die mich an meine Mutter erinnern. Ich werde ihn niemals verkaufen.“
„Dank Nicolajs Großzügigkeit wirst du es ja vorerst auch nicht müssen.“
Fast hätte Ella Nicolaj gesagt, wohin er sich seine „Großzügigkeit“ stecken konnte, doch sie hielt sich zurück. Sie sah ihn an und war sicher, dass seine Augen hinter der dunklen Brille zufrieden glitzerten. Nun hatte er sie da, wo er sie haben wollte. Es würde Monate dauern, bis sie ein geeignetes Apartment gefunden hätte, selbst wenn sie jede freie Minute mit Suchen verbrachte.
„Grandpa, ich will das Wasser sehen“, meldete Lily sich zu Wort und rannte los über den Rasen.
„Geh aber nicht zu nah ans Ufer!“ Rex eilte ihr hinterher.
Ella blickte ihnen nach. Dann fuhr sie Nicolaj aufgebracht an: „Was für eine bodenlose Unverschämtheit, das hinter meinem Rücken einzufädeln!“
„Ehrlich gesagt, gab es gar kein Komplott“, erwiderte er ruhig. „Ich kenne deinen Onkel schon eine ganze Weile, und mein Unternehmen hat mehrere Immobilien über ihn erworben. Als er hörte, dass ich nach einem Wohnsitz in Großbritannien suche, hat er mir Kingfisher House gezeigt. Ich habe sofort beschlossen, es für ein halbes Jahr zu mieten.“
Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Ursprünglich hatte Nicolaj ein Haus in Belgravia beziehen wollen, es sich dann aber anders überlegt, als er sie nach dem Konzert im Amesbury House nach Hause gefahren hatte.
Ella fiel wieder ein, wie er sie am Vorabend abgewiesen hatte. Nein, natürlich hatte er den Umzug nach Kingfisher House nicht heimlich eingefädelt! Aber beim gemeinsamen Essen war sie so sicher gewesen, dass er sie begehrte. Und beim Tanzen hatte sie seine Erektion deutlich gespürt. Hatte Nicolaj es sich einfach anders überlegt?
Als er endlich die Sonnenbrille abnahm, machte das amüsierte Funkeln in seinen Augen sie noch wütender.
„Du musst doch einsehen, dass die Situation völlig inakzeptabel ist. Ich kann hier nicht mit dir zusammenleben!“, sagte sie aufgebracht.
„Wir würden ja auch nicht wirklich ‚zusammenleben‘.“
Seine lakonische Bemerkung traf Ella in ihrem Stolz. „Nein, allerdings nicht“, erwiderte sie scharf. „Die Hausmeisterwohnung hat einen eigenen Eingang, und die Verbindungstür zum Hauptgebäude wird ständig abgeschlossen sein.“
Nicolaj kniff gereizt die Augen zusammen, doch seine Stimme klang gelassen. „Meinst du etwa, ich würde in deine Wohnung eindringen und dich überrumpeln? Ich habe noch nie eine Frau zu etwas gezwungen“, sagte er kühl. „ Du hast doch gestern darauf gehofft, ich würde die Nacht mit dir verbringen.“
Zutiefst verlegen errötete Ella, behielt ihre heftige Antwort jedoch für sich, als Lily angerannt kam und sich ihr auf den Schoß warf. „Mummy hat ein Baby bekommen!“, verkündete sie.
„Ich weiß. Er heißt Tom, stimmt’s?“ Ella strich ihrer Patentochter durch die Locken und dachte an ihre Cousine Stephanie, die vor drei Tagen ihr zweites Kind zur Welt gebracht hatte.
Lily nickte und zeigte ihr eine Puppe. „Ich habe auch ein Baby. Sie heißt Tracy!“ Sie sah den großen, dunkelhaarigen Mann gegenüber an und fragte: „Und wie heißt du?“
„Nicolaj“, sagte er und lächelte, als das Mädchen die Stirn runzelte.
„Du klingst aber komisch!“
Zu Ellas Überraschung erwiderte er gelassen: „Ja. Ich komme aus einem anderen Land, aus Russland.“
Mit großen Augen sah Lily ihn an. „Du darfst Tracy mal halten, wenn du möchtest.“
„Danke.“
Starr blickte Nicolaj die Stoffpuppe an und schloss die Augen, als schmerzliche Erinnerungen ihn überwältigen. In Gedanken war er plötzlich an einem anderen Ort, vor vielen Jahren. Ein anderes kleines Mädchen, Klara, sagte auf Russisch zu ihm: „Papa, bitte halte meine Puppe. Sascha bekommt beim Schaukeln Angst.“
„Ich werde gut auf sie aufpassen. Und auf dich auch“, hatte er versprochen.
Aber ich habe mein Versprechen nicht gehalten, dachte Nicolaj und
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