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Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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Erbrochenem aus oder drücken, bis ihnen die Augen aus dem Kopf treten, ländliche Exkremente hervor. Sie reden reinen Unsinn. Beim geringsten Anlaß weinen oder schreien sie. Sie haben keine Zähne und keinen Verstand. Kurzum, es gibt wenig an ihnen, was in mir irgendein Gefühl der Liebe hervorrufen könnte, und es ist nun mal so, daß meine Zuneigung zu Dorothea einzig und allein auf der Tatsache beruht, daß sie Ottos Kind und daher ein Andenken an meinen Geliebten ist.
    Da es mir unerträglich ist, ein Kind zu stillen, habe ich eine Amme eingestellt. Wenn Dorothea gefüttert und sauber ist und nicht spuckt, wiege ich sie schon mal in meinen Armen oder laufe mit ihr herum, damit man sieht , daß ich sie liebe. Meine Mutter hat zu mir gesagt: »Nun, Kirsten, ich hätte nie geglaubt, daß du jemals einem Baby von dir so viel Zuneigung entgegenbringen würdest«, worauf ich erwidert habe: »Nun, Mutter, wenn es mir an Zuneigung zu meinen Kindern fehlte, dann liegt das bestimmt an deinem Beispiel!«
    Wenn sie so etwas hört, wird sie ganz giftig und murmelt lauter Anschuldigungen gegen mich und Beleidigungen über meinen Charakter. Doch ich erwidere, daß mich alles, was sie mir an den Kopf schleudern kann, völlig unberührt läßt. »Ich bin es gewohnt «, erinnere ich sie, » Beschimpfungen ausgesetzt zu sein. Niemand am Hof ist je so brüskiert und verleumdet worden wie ich – und zwar häufig offen und mitten ins Gesicht –, so daß alles, was du gegen mich ans Licht zerren kannst, nur wie ein Floh ist, der einen Elefanten in die Haut stechen will, und mir überhaupt nichts ausmacht.«
    Daraufhin ist sie still und schleicht sich davon.
    In mir jedoch erwächst immer stärker der Wunsch, sie aus dem Haus zu werfen und mit Vibeke in die Wälder zu schicken, damit sie von den Wölfen gefressen werden.

    Noch andere Dinge verschwören sich gegen mich, um mir Verdruß zu bereiten. Ja, es gibt, während die Weihnachtszeit heranrückt, so elendiglich vieles, was dazu angetan ist, mich aufzubringen und zu erschrecken, daß ich feststellen muß, daß es kaum eine Stunde gibt, in der ich in Frieden mit der Welt und mir selbst lebe.
    Zunächst einmal, und das ist das Schlimmste, habe ich keine Nachricht von dem englischen Lautenisten erhalten.
    Ich warte Tag für Tag auf eine Antwort auf meinen Vorschlag, doch er geruht nicht, mir eine zu schicken. Entweder ist er Emilias schon überdrüssig, so daß es ihm egal ist, ob sie sein Brief erreicht oder nicht, oder aber er verachtet mich und weigert sich, bei meinem Plan mitzumachen, und hat den Brief dem König gezeigt, womit er mich in eine äußerst ernste und schreckliche Gefahr bringt.
    Verflucht sei er! Verflucht sei seine Laute! Möge sein blondes Haar mit den letzten Winterblättern ausfallen und er seine ganze Schönheit verlieren!
    Ich wage es nicht, ihm noch einmal zu schreiben, da jetzt, falls er meinen Brief dem König gezeigt hat, noch die Möglichkeit besteht, daß Seine Majestät aus Zuneigung zu mir und im Andenken an seine »herzallerliebste Maus« dieses eine unkluge Schreiben beiseite legt oder verbrennt und nichts gegen mich unternimmt. Wenn ich aber noch einmal um Dokumente bitte, mit denen ich mit König Gustav verhandeln kann, und dieser zweite Brief wird dem König auch vorgelegt, so daß dieser weiß, daß ich gegen ihn intrigiere, um zu meinem Geliebten zu kommen, nun, dann schickt er, glaube ich, Soldaten, um mich festzunehmen. Dann müßte ich meine verbleibenden Jahre in einem Verlies verbringen oder würde als Hexe oder Spionin verbrannt.
    Was kann ich tun?
    Immer wenn mir klar wird, daß ich keine Mittel habe (jedenfalls keine, die ich erkenne), um wieder mit Otto vereint zu werden, raufe ich mir die Haare und grabe mir die Nägel ins Fleisch, als wolle ich mich zerfetzen und ihm dann jedes Stück einzeln schicken. Nur Emilia, die mich dann zu halten und beruhigen versucht, hindert mich daran, mir die Nägel auszureißen und die Wangen zu zerfurchen, und ich wüßte nicht, wie viele Verletzungen ich mittlerweile davongetragen hätte, wenn sie nicht wäre. In meinen Träumen bin ich tot und liege in einem kalten Grab in Finnland. Schnee und Eis bedecken es, bis man es nicht mehr sieht. Und die Jahreszeiten lösen einander ab, und Sommer wie Winter kommt niemand in seine Nähe.

    Um meine Angst zu beschwichtigen, habe ich gestern beschlossen, dem König zu schreiben.
    Wenn seine Antwort liebenswürdig ist, dann weiß ich, daß ich mich sicher

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