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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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waren.
    »Sie haben recht. Es hängt auch kein Quilt draußen.«
    Marianne wusste nicht, was er meinte.
    »Ein Quilt, eine Flickendecke. Manchmal ist ein Stern drauf, manchmal ein anderes Muster. Wenn er draußen hängt, ist das ein Zeichen, dass Freunde der Sklaven im Haus sind. Das Haus ist richtig, aber der Quilt ist nicht da.«
    Eine halbe Meile weiter die Straße entlang zwang die Dämmerung sie zu einer Entscheidung. Der Mond würde erst in ein paar Stunden aufgehen, meinte Joseph. Und Marianne wagte nicht, zu dem Haus zurückzufahren. Es war nicht sicher, zumindest nicht heute, dessen war sie sich gewiss.
    Sie deutete auf einen Feldweg, und Joseph lenkte die Maultiere von der Hauptstraße weg in ein Maisfeld. Die Stängel, fast zwei Meter hoch, raschelten im leichten Wind. Hinter dem Maisfeld waren sie gut vor Blicken geschützt. Von der Hauptstraße aus waren sie nicht mehr zu sehen, niemand würde sie bemerken. Sie machten kein Feuer und möglichst wenig Geräusche.
    Pearl zog die Decke von den Flüchtlingen, die sich aufsetzten, steif und wund und durstig. Sie gab ihnen das letzte Wasser zu trinken und behielt nur wenig für sich und Joseph zurück. »Das ist für Sie, Miss Marianne«, reichte sie ihr den zweiten Kanister, den Evette mit einem Bündel Essen extra für ihre Herrin mitgegeben hatte.
    Joseph spannte die Maultiere aus und führte sie zu einem Flecken Weide hinter dem Maisfeld, wo er ihnen die Vorderbeine locker zusammenband, damit sie nicht zu weit wegliefen. So weit er im Dämmerlicht erkennen konnte, hatte sie von der Straße aus noch niemand bemerkt.
    Elvin half Clem und Pearl vom Wagen. Zu dritt gingen sie um die Lichtung, um ihren Kreislauf wieder in Gang zu bringen. Bess saß auf der hinteren Kante des Wagens, und Marianne betastete ihren Knöchel. Die Schwellung war immer noch unverändert. Es würde lange dauern, bis der Knöchel wieder heil war, und bis dahin würde Bess nicht gehen können. Vielleicht würde es Wochen dauern. Wie wollte sie so die Freiheit erreichen?, fragte sich Marianne.
    Im Dunkeln aßen sie den Rest des Proviants, den Evette ihnen eingepackt hatte. Dann suchten sie sich einen Schlafplatz. Pearl, Joseph und die drei Flüchtlinge bereiteten sich ein Lager auf dem Wagen und bestanden darauf, dass Marianne auf dem Kutschbock liegen sollte. Es war eine Art Verbeugung vor ihrer Herrin, obwohl es dort vermutlich noch unbequemer war als auf dem Wagen.
    Aber sie konnte ohnehin nicht schlafen, so angespannt war sie. Was für Männer waren das, die Handschellen mit sich führten? Vermutlich Kopfgeldjäger. Wussten sie, was für ein Haus das war? Wussten sie, dass Flüchtlinge hier unterwegs waren?
    Der Mond ging auf. Es war eine dieser Nächte, in denen man praktisch draußen lesen konnte, weil es so hell war. Sie versuchte, vom Wagen zu klettern, ohne jemanden zu wecken, aber Joseph hob sofort den Kopf.
    »Wohin wollen Sie?«
    »Nur kurz in die Büsche«, flüsterte sie.
    Als sie fertig war, blickte sie zurück zu dem alten Wagen. Wäre da nicht dieses Maisfeld gewesen, hätte man sie von der Straße aus gut sehen können. Wie auf einem Präsentierteller.
    Sie konnte sich unmöglich wieder auf diesen harten Kutschbock legen. Stattdessen ging sie um das Maisfeld herum, hielt sich im Schatten und folgte der Straße zurück zum Haus.
    Im tiefen Schatten eines Baumes fand sie einen guten Beobachtungsposten. Eine dünne Gardine bauschte sich im Wind, sonst war nichts zu sehen und nichts zu hören. Kein Licht.
    Was hatte sie erwartet? Sie beobachtete den steigenden Mond, der wohl den Rest der Nacht hell scheinen würde. Sie musste zusehen, dass sie etwas Schlaf bekam. Früh am Morgen würde sie wieder hierherschleichen und auskundschaften, wann die vier Reiter weiterzogen.
    Sie ging zurück zum Wagen, aber nach fünf Minuten blieb sie erschrocken stehen. War das ein Vogel gewesen, der da im hohen, trockenen Gras raschelte? Oder vielleicht ein Opossum auf der Pirsch? Sie lauschte, hörte aber nichts mehr.
    Der Feldweg war im Mondlicht gut zu sehen. Sie war schon halb durch das Feld, als sie das Geräusch wieder hörte. Verdammt, und ihre Flinte lag auf dem Wagen! Sie trat beiseite in das Maisfeld und beobachtete den Weg.
    Ein Mann bog von der schattigen Straße in den Feldweg ein. Er trug ein Gewehr in der Armbeuge, blieb lauschend stehen und ging dann an den Bäumen entlang weiter.
    Mein Gott, sie hatte ihn direkt zu ihrem Wagen geführt!
    Sie konnte nicht durch das Feld

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