Melrose Avenue
Gebäude, Büros und Straßenzüge von Maggies Serie „Melrose Avenue“ waren nicht Teil davon. Die Tour wurde außerdem regelmäßig erweitert und verändert. Bevor Maggie nach Los Angeles gezogen war, hatte sie einmal eine solche Settour mitgemacht. Es war wirklich imposant. Umso stolzer war sie nun, dass sie ein Teil von Hollywood war mit ihrer Serie.
Heute stand ein intensiver Dreh auf dem Programm. Jennifer Greens magersüchtige Schwester war wieder in die Spezialklinik eingeliefert worden. Es bestand akute Gefahr von Organversagen. Maggie hatte sich gut auf den Teil vorbereitet. Die Rolle der Schwester spielte ein eher unbekanntes Model. Paul hatte unter den in Frage kommenden Schauspielerinnen niemanden gefunden, der dünn genug gewesen wäre. Zwar war das Model nicht wirklich magersüchtig, sah aber beinahe so aus. Den Rest erledigten die Maskenbildner.
„Du meine Güte“, flüsterte Shane. „Sie ist ja in echt noch dünner als sie im Fernsehen rüberkommt!“
„Ja, Fernsehen trägt auf, was glaubst du warum ich trainiere wie verrückt?“ Sie schmunzelte.
Shane schüttelte nur den Kopf und starrte das Model ungläubig an.
„Nicht dein Fall?“, fragte Maggie neugierig. Das Model war ansonsten relativ hübsch, hatte lange, dunkelblonde Haare und eine Stupsnase.
„Bei Gott nicht. Im Gegenteil. Mir sind ein paar Kilo zu viel dann sogar noch lieber.“
„Tja, die braucht eine Frau bei dir wohl auch in gewissen Situationen, sonst zerquetscht du sie noch“, zwinkerte Maggie.
„Keine Sorge, in dem Punkt bin ich sehr behutsam, wenn’s drauf a nkommt.“ Er sah sie geradewegs an.
Maggie schluckte und sah weg. Unfreiwillig war es grade etwas intim geworden. Gott sei Dank kam Paul gerade auf sie zu. Er sagte Shane wo er sich hinstellen konnte, damit er bei all den Filmleuten nicht im Weg war. Trotz allem hatte er von dort aus einen guten Blick über den Filmset. Dann begann der Dreh.
Jennifer befand sich gerade mitten in einer Anwaltsbesprechung, als sie die Nachricht von Ihrer Schwester erreichte. Sie ging kurz hinaus um sich zu sammeln, war aber sichtlich mitgenommen. Shane bewunderte, mit welcher Intensität Maggie diese Rolle zu spielen wusste. Die Tränen, die Jennifer weinte, waren echt und er fragte sich, an was Maggie wohl immer dachte, um dies zu bewerkstelligen. Aber das war sicher sehr privat. Wahrscheinlich wussten die meisten Regisseure nicht, wie es die Schauspieler machten, dass sie auf Kommando Tränen produzierten. Viele waren sicherlich total mit ihrer Rolle verbunden. Maggie war es sicherlich, denn sobald sie den Set betrat war sie Jennifer.
Sie straffte ihre Schultern und betrat wieder, komplett professi onelle Anwältin, die Besprechung.
Später traf Shane auch Sam wieder und er hatte eine erste Begegnung mit Tom. Da merkte er, dass Tom sich für die Rolle als Restaurantb esitzer Gary nicht groß verstellen musste. Er spielte einen Schwulen, und das war er schließlich. Gary war genauso tuntenhaft wie Tom selbst, stellte Shane amüsiert fest. Im Gegensatz zu vielen anderen Männern hatte Shane keine Homophobie. Er kam wunderbar mit Schwulen klar, sie waren meist interessante Typen. Es entging ihm nicht, wie unverhohlen Tom ihn gemustert hatte.
„Gehöre ich in sein Beuteschema?“, flüsterte er Maggie zu.
„Nicht unbedingt. Sein Lebenspartner hat halblange blonde Haare. Aber Tom sieht einfach gern schöne Menschen. Und vielleicht würde er dich auch nicht von der Bettkante stoßen“, witzelte sie.
„Aha, dann gehöre ich also zu den schönen Menschen?“
Sie sah ihn herausfordernd an. „Als ob du das nicht selbst wüsstest! Ich kann mich an ein paar Werbekampagnen während deiner Wrestlingzeit erinnern. Herrenduft und Sportkleidung. Ich denke nicht, dass man das mit unansehnlichen Menschen macht.“
Er zuckte mit den Schultern. „Es ist trotzdem schön, ein Kompliment zu bekommen.“
Sie nickte. „Ja, davon kann man nie genug haben.“
„Also dann, Maggie, du siehst toll aus.“
Sie lachte lauthals. „Ja klar, das passt ja jetzt wunderbar. Ich geh’ besser zurück zum Dreh.“
Bevor er etwas erwidern konnte, war sie weg.
Der Dreh in der Klinik fand in einem zum Krankenzimmer umgebauten Raum in den Studios statt. Es war als Intensivstation hergerichtet. Maggie schlüpfte wieder in die Rolle der Jennifer.
„Wie geht es dir Brenda?“
„Sehr gut. Du siehst ja, ich bin bestens versorgt“, spottete sie. „Überall Schläuche. Keine Ahnung, was das Zeugs
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