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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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wirklich schön, Beute-schön, wie
für mich geschaffen. Und ganz wie im Wahn, kaum kann ich es
realisieren, drücke ich kräftig einen Fingernagel in mein
Handgelenk, bis das kostbare Rot hervorsticht. Ich drücke dieses
Nass an seine Lippen, er schmeckt, er kostet, er verfällt diesem
Gut. Erst als er sich etwas auf meinem Schoß verkrampft, verstehe
ich, was ich getan habe.
    Verdammt!
Zu früh! Viel zu früh!
    Jonas
fängt an zu zucken, meine Wunde ist derweil längst wieder
verschlossen. Das wollte ich nicht, ich wollte ihm nicht von meiner
Macht geben, solange wenigstens bis ich mich genug an seiner Kraft
gelabt habe. Was hat mich nur dazu getrieben, so unkontrolliert zu
agieren? Ich halte Jonas fest, setze ihn wieder aufrecht hin. Wir
sind kurz vor meinem Haus, nur noch einige Minuten etwa. Er hat die
Augen geschlossen, seine Mundwinkel zucken. Ich erinnere mich an mein
erstes Kainitenblut, diese Überwältigung des Seins. Jonas scheint
aber nicht die gleichen Atemprobleme zu teilen wie ich damals. Er
stottert leicht
    „W-w-was...was
war das? Was fühle ich hier?“. Als er die Augen öffnet, sehe ich
wieder diesen Wandel, es ist aber auch eigentlich viel zu einfach,
viel zu verlockend, sich auf diesem Wege Gefolgsleute unter den
Sethkindern zu erschaffen. Doch für gewöhnlich lohnt sich diese
Bindung bei mir nicht, da ich die Erregung der Begegnung der ersten
Nacht bei einem Wiederholen zu sehr vermissen würde. Ich lege mein
gebrauchtes Spielzeug meistens ab. Sein sehnsüchtiger Blick heftet
sich an mein Gesicht, meine Disziplinen in ehrlicher Hingabe und
Ehrfurcht mischen sich nun mit dem Gefühl der Abhängigkeit, das
Streben nach meinem Blute, der Selbstaufgabe. Nun ja, schade, so
werde ich ein wahrscheinlich weniger schockierten Gesichtsausdruck
von ihm erhaschen, wenn es soweit ist.
    „Das
war nur eine kleine Kostprobe, Jonas, ein Vorgeschmack auf das, was
dich erwarten kann. Solange du brav bist und tust was ich dir sage,
soll es dir nicht schlecht ergehen. Du hast von mir gekostet und das
durften bis her nur wenige, du darfst dich geehrt fühlen, mein
Schatz.“. Ich streiche wieder durch sein Haar. Er legt sein Gesicht
in meine Hand und ich streichle tatsächlich sanft seine Wange. Ich
fühle mich etwas ertappt. Ich lasse meine Hand sinken und blicke aus
dem rechten Seitenfenster, wieder dieser Eindruck der Nacht. Die
Menschen ziehen sich zurück, die Dunkelheit macht sich bereit. Dann
kommen Wesen wie ich und jagen ihre Beute, in diesem Teich voller
Ahnungsloser. Leicht zu fangen, wenn man sich unauffällig verhält.
Und für gewöhnlich bin ich so gut wie unauffindbar. Aber Jonas wird
der erste besondere Moment seit meiner Ankunft in Frankfurt sein, die
frivolen Clubbesuche bisher, waren nur zur sanften Unterhaltung da.
Ich greife mit meiner linken Hand nach ihm, er reicht mir seine. Fest
halte ich sie, während Frank bereits meine Tordurchfahrt passiert.

    „Wir
sind da. Steige bitte aus, Jonas.“, sage ich mit karamellzarter
Stimme. Er lächelt beseelt und steigt, ohne an seine Jacke oder
seine Tasche zu denken, aus. Ich tue es ihm gleich und bemerke dabei,
dass sich Liams Tür nur zögerlich öffnet. Jonas läuft am Heck des
Wagens vorbei zu mir, als Liam endlich aussteigt, hat Jonas bereits
wieder zaghaft meine Hand ergriffen. Ich habe auf diesen Moment
gewartet. Liams Augen wandern immer wieder von mir zu Jonas, sein
Gesichtsausdruck liegt irgendwo zwischen schockiert und neugierig.
    „Was
genau, Herr...”, Liam schluckt mit Blick auf Jonas gerade noch
meinen echten Nachnamen herunter und belässt es bei ‘Herr’.
    „Was
genau, Herr, haben Sie denn heute noch vor? Also, auf was sollte ich
vorbereitet sein?“. Ich blicke Liam in die Augen.
    „Auf
alles oder auf nichts, je nachdem, wo du dich heute im Haus aufhalten
wirst. Aber erwarte von mir heute nicht anständig zu sein. Wir haben
schließlich frei und das ist selten genug.“. Ich greife fest nach
Jonas Hand und ziehe ihn die Stufen zur Tür hinauf.
    „Schönen
guten Abend noch, Liam!“, rufe ich zu ihm nach unten, während ich
durch den Eingang schreite. Zielstrebig laufe ich mit Jonas zum
Kellereingang. Achtlos werfe ich auf meinem Weg Jonas Brille in ein
Regal, die wird er sicher nicht mehr brauchen. Er soll so wenig wie
möglich vom Haus an sich sehen. Ich öffne die Tür und führe ihn
die Kellertreppen hinab. Während die Tür langsam wieder ins Schloss
fällt, sehe ich Liam durch den kleinen Türspalt blicken. Er

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