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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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Opfer war unwürdig.
    Ich
betrachtete Abels Opfer, das noch rauchte, das Fleisch, das Blut.
    Ich
schrie, ich bedeckte meine Augen, ich betete Tag und Nacht,
    als
Vater sprach die Zeit zum Opfern sei wieder da.
    Und
Abel führte seine Jüngsten, seine Süßesten,
    seine
Meistgeliebten, zum Opferfeuer brachte ich nicht
    Meine
Jüngsten, Meine Süßesten,
    weil
ich wusste, er droben würde sie nicht wollen.
    Und
mein Bruder, der geliebte Abel sprach zu mir:
    ‚Kain,
du hast kein Opfer gebracht, kein Geschenk von den Ersten deiner
Freuden.
    Es
auf den Altar seiner droben zu verbrennen.‘
    Ich
weinte Tränen der Liebe, als ich mit scharfen Dingen
    die
Erste all meiner Freuden opferte, mein Bruder.
    Und
Abels Blut bedeckte den Altar und roch süß, als es brannte.
    Aber
mein Vater sprach:
    ‚Verflucht
seist Du, Kain, der du deinen Bruder erschlugst.
    Wie
ich ausgestoßen ward so sollst auch du ausgestoßen sein!‘
    Und
er verstieß mich, auf dass ich im Dunkeln wanderte, ins Land Nod.
    Ich
floh ins Dunkle ich sah keine Lichtquelle.
    Und
ich war voller Angst und allein.”.

    Dann
hebt sie den Blick und redet mit freien Worten weiter.

    „Wir
sind heute Nacht hier versammelt, um gemeinsam Zeuge der Werdung
zweier Bischöfe und einer Erzbischöfin zu werden. Ein seltener
Augenblick, kostbar und bedeutend.”.

    Sie
erhebt die Hand Richtung Spaliergang, wieder ertönt Orgelmusik und
andächtig betritt erst Sophia und dann die beiden anderen den Raum.
Die beiden Männer tragen schwarze Gewänder und geben Sophias
Kleidung noch mehr Kontrast. Die Drei bleiben in ehrfürchtigem
Abstand zur Kardinälin stehen, begeben sich auf die Knie und senken
ihre Häupter.

    „Sophia
Annikova, ehemals Bischöfin von Frankfurt am Main, bitte trete zu
mir.”.

    Sophia
erhebt sich wie aufgefordert und gleichzeitig reicht ein
Zeremoniebegleiter der Kardinälin einen Kelch. Sophia kniet sich
direkt vor die Kardinälin und hebt die Hände wie zu einem Gebet.

    „Empfange
symbolisch das Blut Kains, um deines neuen Amtes würdig und kräftig
zu sein. Mit diesem Schluck ernenne ich dich, Sophia Annikova, durch
meine von der Regentin verliehenen Macht, zur Erzbischöfin des
Rhein-Main-Gebietes und aller darin lebenden Sabbatkinder.”.

    Sophia
öffnet ihre Lippen und empfängt das Blut mit geschlossenen Augen.
Ich bewundere sie, wie sie diesen großen Schritt und diese Zeremonie
mit so viel Anmut und Würde durchlebt, dass sich niemand der
Anwesenden fragen sollte, ob sie die richtige Wahl ist.
    Danach
darf Sophia sich erheben und sich seitlich stellen, um ihrerseits
Zeugin der Bischofsernennung der beiden Herren zu werden.
Anschließend müssen alle drei ihre Treue zur Regentin schwören und
einen verbindlichen Eid leisten, der mit ihrem Blut besiegelt wird.
Die beiden Herren werden anschließend noch dazu aufgefordert, ihrer
neuen Erzbischöfin auch den Treueschwur zu leisten und mit kniender
Haltung küssen die beiden ihre Hände und Empfangen ihren Segen.
Danach erheben sich alle Versammelten, ein mir unbekanntes Orgellied
ertönt und alle falten ihre Hände und schließen die Augen. Ein
Moment der Andacht und der Ruhe. Dann ist es auch schon vorbei.
Unsere drei neuen und gleichzeitig alten Anführer schreiten durch
den Gang an uns Zuschauern vorbei. Wir verneigen uns vor ihnen und
auch wir Zeugen erkennen somit ihre Führung an. Die Kardinälin
zieht sich in ihre Gemächer zurück, gefolgt von ihrem Ministranten
Hofstaat. Es war ein ergreifender und für mich zugleich auch leicht
verstörender Abend. Die Ritualwerte des Sabbats sind so eng mit
denen des Christentums verbunden, dass ich mir nicht sicher bin, ob
wir damit dem Katholizismus frönen oder ihn zum Narren halten.

    Wir
Zuhörer folgen unserer neuen Obrigkeit in einen Nachbarraum, in dem
auch endlich wieder etwas mehr gesprochen und auch gelacht wird. Nur
die Kardinälin wird nicht weiter bei uns sein, sondern macht sich
bereits wieder auf den Weg, wie wir von Sophia erfahren. Sie wird
sich telefonisch wieder mit Sophia auseinandersetzen und ihr so ihre
Vorgaben mitteilen. Frau Bolschakowa scheint eine wirklich
vielbeschäftigte Person zu sein.
    Das
kleine Treffen dauert aber nicht lange, viel eher soll es dazu
dienen, dass alle die Möglichkeit haben den Dreien zu gratulieren
und auch ihre Hingabe auszudrücken. Es ist keine Zeit für
ausschweifende Partys oder ungehemmtes Verhalten. Es ist ein Tag mit
Würde und Respekt. Vielleicht auch ein Grund, warum nur die

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