Melville
dass
wenigstens sie wohl Zeit für mich hat. Ich trete ein, sie sitzt im
Schneidesitz auf einem großen roten Teppich und hat ein Buch auf
ihrem Schoß aufgeschlagen. Um sie herum stehen einige Töpfe und
Behältnisse, deren unangenehmen Düfte mir bereits beim Schreiten
durch die Tür in der Nase stechen. Ich zögere und beschließe in
der Nähe der Tür zu bleiben.
„Guten
Abend, Elina.”.
„Guten
Abend, Melville.”, sie blickt von ihrem Buch nicht auf.
„Entschuldige,
falls ich dich störe...”.
„Nein,
nein, nur zu...”.
„Ich
wollte dich fragen, ob etwas Wichtiges passiert ist? Nun ja, alle
außer uns beiden sind im Büro zu einer offiziellen Besprechung.”.
„Wir
beide sind taktisch nicht wichtig, Melville. Sophia wird die nächsten
Schritte besprechen. Die Bischöfe müssen informiert sein, Gregori
ist ihr Berater in solchen Fragen und Sergej ihre Leibwache. Wir
müssen nicht dabei sein, also sind wir es auch nicht.”. Ich nicke
kurz, bin aber trotzdem etwas von ihrer Ansicht getroffen, dass wir
beide nicht wichtig sind.
„Gut,
ich verstehe... ich werde mich dann mal an meine Arbeit machen.”.
„Tue
das Melville, viel Erfolg.”.
Ich
trete wieder aus der Tür und überlege, was ich jetzt tun kann. Ich
rufe James herbei und trage ihm auf, den Fahrer zu mobilisieren,
meine Unterlagen bereitzulegen und meinen Mantel zu holen. Ich
schreibe eine kurze Notiz für Gregori und hefte sie an seine Tür.
‘Treffen
mit dem Bürgermeister im Kings Regent Hotel. Du hast gerade
Wichtigeres zu tun, ich schaff das schon. Bis dann, alter Hund.’
An
der Tür wartet James bereits, um mir in den Mantel zu helfen und
reicht mir meine Aktentasche. Draußen steige ich in den wartenden
Wagen und ich mache mich auf in die Frankfurter Innenstadt.
Mit
dem Aufzug in dem Parkhaus des Hotels, fahre ich in die Lobby. An der
Rezeption frage ich nach dem Zimmer von Herrn Westermann, der aber
natürlich, genauso wie ich, ein Pseudonym verwendet. Da er mich
angemeldet hat, kündigt mich die Rezeptionistin direkt telefonisch
an und ich kann mich auf den Weg in sein Zimmer machen. Durch das
Blutsband und meine Disziplin ist es für ihn vollkommen normal, sich
so mit mir zu treffen.
Ich
klopfe an seine Tür im fünften Stock und schnell öffnet er sie. Er
reicht mir freudig lächelnd seine Hand und erkundigt sich nach
meinem Wohlergehen. Ich erzähle ihm etwas von einer nervenden
Ehefrau und pubertierenden Kindern, er nickt nur zustimmend und
lauscht aufmerksam meinen Worten. Nach dem wir den Smalltalk hinter
uns gelassen haben, reiche ich ihm meine vorbereiteten Unterlagen,
die den Kauf des Grundstückes neben dem Gemeindehaus juristisch
wasserfest machen sollen. Er und die Baubehörde müssen nur alle
nötigen Unterschriften und Stempel bereitstellen. Ich sage ihm noch,
dass ich beim nächsten Treffen die Unterlagen zurück erwarte und er
eine Kopie behalten darf. Gerade als er sie einpackt, beiße ich mir
in das Handgelenk.
„Trink!”,
befehle ich und halte ihm meine offene Wunde entgegen. Er zögert
kaum merklich, beugt sich herunter und nimmt schließlich das kalte
Nass in sich auf. Es dauert eine Weile, bis die nötige Menge in ihn
geflossen ist und ich erinnere mich an mich selbst, wie ich damals
immer an Benedicts Blut-Zuwendungen hing. Wie ich selbst ein Sklave
dieses Bündnisses war. Aber das sind längst vergangene Zeiten. Ich
stoße ihn schließlich von mir und betrachte seine geweiteten
Pupillen und wie er fast weint vor Erfüllung. Kurzangebunden
verabschiede ich mich und betone nochmal, dass ich in zwei Nächten
die Originalpapiere zurückerwarte. Dienerhaft sichert er mir zu,
dass er sich sofort darum kümmern wird. Dann verlasse ich das
Zimmer.
Kaum
bin ich auf dem Flur, erhalte ich eine Nachricht auf meinem
Smartphone. Es ist eine Systemnachricht, wie damals bei Katharina
auch, die Nosferatu aus meinem letzten Klüngel. Panisch blicke ich
mich um, doch der Gang ist leer. Ich öffne die Nachricht und meine
Befürchtungen scheinen nicht unbegründet.
‘Wir
sind im Fahrstuhl, um dich zu holen. Lauf!’
Aus
einiger Entfernung sehe ich die Leuchtanzeige für die aktuelle Etage
des Fahrstuhls und tatsächlich bewegt er sich auf meine Etage zu.
Schnell sehe ich mich nach dem Treppenhaus um und die
Notausgangsschilder weisen mir direkt den Weg. Ich stürme in das
Treppenhaus hinein und versuche schnell die Stufen hinabzuklettern.
Peinlichst genau achte ich darauf, möglichst kein persönliches
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