Melville
abseits des
einsehbaren Bereichs, stehen. Ich setze mich auf das Leder und fühle
mich, trotz der netten Umgebung und seinem einladenden Verhalten,
etwas unwohl.
„Sie
sind hier, um über ihr erstes Klüngel und ihre anstehende Aufgabe
zu sprechen?”.
„Ja,
so ist es mein verehrter Primogen.”. Er macht eine leicht
abwinkende Geste und sagt
„‘Primogen’
reicht, ich halte nicht viel von ausschmückenden Zusatzworten, die
im Grunde nur die Essenz des Gesagten verwaschen.”.
„Ganz
wie Sie wünschen, Primogen.”.
„Ich
merke, dass Ihnen Ihre Kükenphase noch im Leibe steckt, nicht
verwunderlich, nach nur drei Nächten... es ist auch für mich eher
ungewöhnlich, einen Ventrue so früh in diesen Dienst zu heben. Doch
ich habe von Ihrer kleinen, nun, sagen wir mal, Misere gehört. Und
Benedict ist immer ein guter und treuer Mitarbeiter an meiner Seite
gewesen. Er hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Also habe
ich seiner Bitte entsprochen. Er wird sich ja nicht ohne Grund für
Sie so aus dem Fenster gelehnt haben, oder Mr Lancaster?”.
Ich
bin etwas unsicher darüber, welche Aussagen ich meinem Primogen zu
Benedict geben kann. Mein Erzeuger hat mich nicht eingewiesen, wie
genau er zu ihm steht. Aber ich erinnere mich, dass Benedict mir
beigebracht hat, dass ein Ventrue einem anderen Ventrue durchaus
Vertrauen schenken sollte.
„Ich
bin meinem Erzeuger sehr dankbar für seine Hilfe und seine
Unterstützung. Er hat mich aus bestimmten Gründen als sein Kind
auserwählt und es liegt mir nichts ferner als diesen nicht zu
entsprechen. Ich bin bereit die Ventrue in diesem Klüngel zu
repräsentieren und meiner Domäne mit allen Kräften zur Seite zu
stehen.”.
„Er
hat bereits gesagt, dass Ihnen die großen Worte nicht schwerfallen.
Leider muss ich Ihnen sagen, dass Ihre erste Aufgabe wohl weniger mit
Verhandlungen zu tun hat. Es gibt in London einige Tanzcafés,
Diskotheken, deren Besucher immer wieder von besonderen Fähigkeiten
einiger
Körperkünstler berichten. Ich denke, dass wir es hier
mit einem ausgeprägten Verstoß gegen die Maskerade zu tun haben und
sich einige Tzimisce Zugang zu unserer schönen Domäne verschafft
haben.”.
„Verzeihen
Sie, Mr von Hohentannen, Tzimisce?”.
„Das
sind wandelnde Gräuel, Straftäter des Sabbats, die ganz besonders
in unserer geliebten Stadt nichts verloren haben. Ich habe bereits
gesehen, was diese Monster mit ihren Händen anrichten können und
glauben Sie mir, das möchten Sie selbst nicht erleben. Sie formen
das Fleisch und brechen die Knochen, nur mit der Kraft des
Handauflegens und ihrem Willen. Grausam und unnatürlich.”. Ich
nicke ernst den Kopf, ich hatte ja keine Ahnung, was für Monster
sich unter uns aufhalten.
„Machen
Sie und ihr Klüngel diese Täter ausfindig und sorgen Sie dafür,
dass diese Sabbatdämonen uns nicht weiter zur Last fallen. Wie Sie
das anstellen, überlasse ich Ihnen. Doch ich dulde sie keinesfalls
weiter in unseren Straßen!”. Er wirkt äußerlich ganz ruhig, aber
seine Stimme wird immer lauter und seine Betonung schärfer.
„Ich
werde alles daran legen, unsere Straßen zu bereinigen.”.
„Gut,
Mr Lancaster. Meine Sekretärin wird Ihnen alle nötigen Unterlagen
aushändigen. Dann trommeln Sie Ihr Klüngel zusammen und begeben Sie
sich direkt an die Arbeit!”. Mit seiner, nun doch etwas
aufbrausenden Art, vermeide ich es lieber nach den fehlenden Daten
von Ms Miller zu fragen, das wird sich schon alles klären, auch ohne
ihn damit belästigen zu müssen. Er erhebt sich zackig und reicht
mir seine Hand. Ich stehe natürlich ebenfalls auf und drücke ihm
fest die Hand. Denn darauf legt eine Person wie er sicherlich wert.
„Guten
Abend noch, mein Primogen.”.
„Viel
Erfolg, Mr Lancaster, und machen Sie London wieder sicher!”. Ich
verneige mich leicht und begebe mich direkt Richtung Ausgang. Die
Instruktionen waren klar und deutlich, jetzt muss ich nur noch das
restliche Klüngel darüber informieren.
Kontaktversuche
Noch
mit den Unterlagen der Sekretärin in der Hand und im Gästebereich
des Clanshauses stehend, wähle ich die Nummer von Mr Buchanan. Ich
bin voller Tatendrang, es ist aufregend, endlich wirkliche Aufgaben
angehen zu können. Aufgaben, die man nicht nur im Sitzen erledigt
oder für die man sein normales Äußeres aufs Spiel setzt.
Es
klingelt eine ganze Weile, dann geht jemand an das Telefon und sagt
„Archiv,
was gibt’s?”. Ich räuspere mich kurz, ich hatte
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