Melville
Lachtränen wegwischen zu müssen. Ich bleibe ganz ruhig und
betrachte ihn neutral, obwohl ich ihn innerlich am liebsten in Stücke
reißen würde. Sein Verhalten ist anmaßend und beleidigend.
„Ms
Miller? Echt jetzt?”.
„Ja,
Ms Miller...”, ich blicke kurz in den Hausflur und beschließe,
dass Gespräch doch lieber außerhalb ihrer
Residenz zu führen.
„Könnten
Sie ihr bitte mitteilen, dass ich warte. Es ist ein offizielles
Anliegen.”.
„Bist
aber kein Bulle…”, er starrt mich noch einmal mit seinen
blutunterlaufenen Augen kurz an
„Oder
Staatsanwalt oder so ein Scheiß?”.
„Nein,
das bin ich nicht. Und jetzt holen Sie sie endlich...bitte.”.
Ich betone das ‘bitte’ sehr scharf.
„Schon
gut Alter, ganz ruhig...”. Er dreht sich um, geht einige Schritte
Richtung Treppe und schreit dann durch das ganze Haus
„Nessie!
... Nessie!”,
„Was?
Verdammte Scheiße!”, hallt es laut zurück.
„Du
hast Besuch, Süße, schwing die Keulen runter.”.
„Soll
sich verpissen!”,
„Hab
ich schon versucht, der is stur!”. Es scheint ihn überhaupt nicht
zu stören, dass ich das gesamte Gespräch ja mitbekommen kann. Ich
schließe kurz die Augenlider und hoffe, dass sie doch endlich
herunterkommen möge.
„Moment...”,
kommentiert sie nur, dann dreht er sich wieder zu mir und sagt
„Milady
ist auf dem Weg, mein Lord, noch mehr Wünsche?”,
„Ich
werde warten, danke.”. Er zieht noch eine Grimasse in meine
Richtung und schmeißt dann die Tür vor meiner Nase zu. Was für ein
Klüngelmitglied soll sie nur sein?
Einige
Minuten stehe ich hier und lasse mich von ihr vorführen. Noch nie
hat mich jemand dermaßen vor seiner Tür warten lassen. Kurz denke
ich darüber nach, in meinen Wagen zu steigen und einfach
davonzufahren. Da plötzlich reißt jemand die Tür auf, ich habe
keine Schritte gehört. Ich erschrecke leicht und sehe eine kleine
Frau, ihre bunten Haare, teilweise abrasiert, stechen mir direkt ins
Auge. Neben dem charmanten Aufdruck ‘Fuck the system’ auf ihrem
löchrigen T-Shirt natürlich. Sie trägt eine kurze, abgeschnittene
Jeans und diversen Metallschmuck in unzählbaren künstlichen
Körperöffnungen. Ich brauche einen Moment, um mich zu fangen und
meine Contenance wieder zu erlangen.
„Guten
Abend,... Ms Miller?”.
„Wer
will das wissen?”, antwortet sie nur genervt und blickt mich
musternd von oben bis unten an.
„Mein
Name ist Lancaster, ich bin seit heute ihr Klüngelsprecher. Ich
hoffe, Sie sind darüber informiert, denn der Erste, den ich
heute...”.
„Ich
weiß nix von ‘nem Klüngel! Blöder Name übrigens... Klüngel.”,
fährt sie mir ins Wort.
„Wollen
wir darüber nicht lieber im Wagen weitersprechen, um nicht unnötig
Aufmerksamkeit zu erregen?”.
„Deine
Schüssel allein sorgt schon für Stress hier...”. Sie spuckt ihren
Kaugummi seitlich an mir vorbei, schubst mich fast beiseite und geht
auf den Wagen zu. Ich bereue es jetzt schon, ihr dieses Angebot
gemacht zu haben. Sicher werde ich danach das Alcantara Leder
reinigen lassen müssen. Ich gehe ihr hinterher und fürchte, dass es
mit ihr noch eine sehr anstrengende Zeit werden wird. Sie reißt die
Wagentür auf und steigt ein. Im ersten Moment wirkt mein Fahrer
etwas panisch, aber er erkennt mein zustimmendes Gesicht.
Sie
legt ihre Füße, in schäbigen Turnschuhen steckend, auf den Sitz
und sagt.
„Na
dann, erzähl mal, Yuppie.”. Ich blicke kurz zornig auf ihre Füße,
sie verdreht die Augen und nimmt sie nur ganz langsam wieder herunter
und macht eine beschwichtigende Gestik mit den Händen. Nach einem
kleinen Schweigemoment, fange ich an.
„Mein
Primogen, Mr von Hohentannen, hat mir ihre Kontaktdaten übermittelt.
Ihr Primogen wiederum ist als Kontaktperson angegeben.”.
„Ja,
Chris hat was erwähnt...”.
„Jedenfalls
befinden Sie sich ab heute im Klüngeldienst und ich wollte Ihnen
mitteilen, wo Sie sich morgen zum Informationsaustausch einfinden
sollen.”.
„Gott,
redest du immer so geschraubt?”.
„Geschraubt?”,
ich sehe sie irritiert an. Ich finde eher, sie spricht billigen
Straßenjargon und ich normal.
„Is
ja auch egal... bringt der Job Kohle?”.
„Er
wird entlohnt, aber es geht doch viel mehr um Ehre und die Pflicht
der Domäne...”,
„Wie
viel?”, fällt sie mir wieder in das Wort. Eine lästige
Angewohnheit.
„Ich
hoffe Sie sind nicht nur wegen dem Geld dabei?”, ich hebe eine
Augenbraue. Sie lacht nur kurz und
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