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Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
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dann: »Hör mal, du Tollkopf, merk dir eins: Wenn man schon auf und davon geht, dann sagt man wenigstens seiner Mutter vorher Bescheid. Wenn einem die Gemeinheiten von dem Abdi Aga das Leben verleiden, wird das jeder begreifen. Aber man läßt nicht seine Mutter ohne ein Wort mit ihrem Vieh und Feld im Stich!«
    Als er den Namen Abdi Aga gehört hatte, packte Memed den Alten bei den Händen: »Um Allahs willen, Onkel Hösük! Sag keinem Menschen, daß ich Hirt bei Onkel Süleyman bin! Was auch geschieht, sag keinem ein Wort! Wenn Abdi Aga es hört, holt er mich. Und dann schlägt er mich tot!«
    »Das ist doch Unsinn!« brummte Hösük. »Keiner kann dir etwas tun, du Narr! Nein, so was! Seiner Mutter kein Wort zu sagen! Und die arme Frau grämt sich fast zu Tode!«
    Damit ließ es Hösük bewenden. Er stand auf, ohne Memed noch eines Blickes zu würdigen, ging zu seinem Feld und mähte weiter. Er arbeitete schnell. Memed konnte das Rauschen der Sichel hören. Hösük hatte Memed bei seiner Arbeit schon längst vergessen. Wenn ihn die Hüften schmerzten, richtete er sich kurz auf, blickte, die Hände in den Seiten, in die Ferne, dann bückte er sich wieder und mähte weiter. Memed stand bewegungslos am Rande des Feldes, ständig den Blick auf den Mann mit der Sichel.
    Der Tag schwand, die Schatten breiteten sich aus. Memed blickte auf die sinkende rote Sonne. Die Wiesen lagen im Halbschatten. Langsam, mit schleppenden Schritten, ging Memed auf Hösük zu, blieb klopfenden Herzens vor dem immer noch seine Sichel schwingenden Alten stehen. Hösük, der seine Schritte im Korn gehört hatte, richtete sich auf. Sein schweißüberströmtes Gesicht schien im Abendlicht fast schwarz. Sie standen Auge in Auge. Der alte Mann schien aus seinem todmüden Gesicht Memed bis in sein Innerstes zu blicken.
    Memed sah zu Boden, während er dicht an Hösük herantrat, seine Hände ergriff. »Onkel Hösük - wenn du Allah und seinen Propheten liebst, dann verrate keinem, daß du mich gesehen hast. Auch meiner Mutter nicht.«
    Damit wandte er sich um und lief davon, ohne noch einmal zurückzuschauen.
    Als er am Kinalitepe ankam, war die Sonne untergegangen. Sein Körper war schweißnaß. Er war mit sich selbst uneins. Ein wenig freute er sich, aber dicht daneben spürte er die schwarze Angst an seinem Herzen nagen. Von der Höhe des hennafarbenen Hügels schaute er noch einmal zurück auf das kleine Feld, das da unten dicht an der Bodenwelle lag. Mitten darauf war noch ein winziger, sich in der Dämmerung leise bewegender Punkt zu erkennen ...
    Hösük die Runkelrübe lächelte jedem, dem er im Dorf begegnete, mit bedeutungsvoller Miene zu, wie einer, der ein wichtiges Geheimnis mit sich herumträgt und es zu hüten weiß. Keiner konnte sich einen Vers darauf machen. Der Alte ging stracks auf Dönes Haus zu. Als die Frau die Tür öffnete und Hösük die Runkelrübe vor sich sah, geheimnisvoll lächelnd, wußte sie nicht, was sie davon halten sollte. Die Runkelrübe sah man selten einmal den Mund verziehen, noch gehörte er zu denen, die gern Besuche machen. Für ihn gab es nur einen Weg, den von seinem Haus zum Feld und zurück. Wenn er einmal nichts zu tun hatte, dann saß er auf einer Strohmatte vor seinem Haus und war in eine Schnitzarbeit vertieft; er arbeitete schöne verzierte Löffel, Spindeln, Trinkgefäße aus Kiefernholz und Gebetsketten. Wenn ein solcher Mann plötzlich lächelnd vor der Tür steht, dann muß es schon seine Bewandtnis damit haben. So dachte Döne, als sie nach der ersten Verblüffung endlich sagte: »Willkommen, Hösük Aga. Setzt Euch bitte.«
    Hösük tat nicht dergleichen und blieb, immer noch lächelnd, wie angewurzelt stehen.
    »Nun kommt, setzt Euch doch bitte, Hösük Aga!« wiederholte die Frau.
    Das Lächeln erstarb. Mit schwerer Stimme sagte Hösük: »Döne! Döne!« und verstummte. Döne spitzte die Ohren. »Was bekomme ich für die gute Nachricht?«
    Döne lächelte, halb in Erwartung, halb angstvoll. Zittern überkam sie. »Deine gute Nachricht sei mir willkommen, Hösük Aga.«
    Hösük sagte: »Ich habe heute deinen Sohn gesehen, Döne.«
    Sie brachte kein Wort hervor. Alles Blut war aus ihr gewichen.
    »Ja, er ist mir heute über den Weg gelaufen. Größer und kräftiger ist er geworden, der Junge ... «
    Döne stöhnte: »Ach - mein ganzes Leben für das, was du da sagst, Hösük Aga! Wenn es nur wirklich so ist!«
    Jetzt setzte sich Hösük endlich, um ausführlich zu erzählen, was er

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