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Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
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so recht mit den alten Knochen. ja, früher ... «
Memed schoß dreimal in die Luft. Von weit her antwortete ein einzelner Schuß. Die Felsen warfen sein Echo zurück.
Süleyman erhob sich, ächzend vom Schmerz in seinen alten Knien. »Komm, laß uns ihnen entgegengehen.«
Memed nahm Süleymans Arm. Ein zweiter Schuß fiel ganz in ihrer Nähe. Sie blieben stehen.
»Was soll das heißen, ihr Hundesöhne!« schrie Süleyman. »Wollt ihr mich vielleicht umbringen?«
»Wer da?« brüllte eine junge Stimme.
»Komm her, Kerl, führe mich zum Tollen!«
Hinter den Felsen zu ihrer Linken erschien ein Mann. »Habt ihr vorhin geschossen?«
»Natürlich waren wir das«, brummte Süleyman selbstbewußt. »Wo ist der tolle Durdu? Bringe mich sofort zu ihm.«
Die Stimme des Mannes klang erstaunt. »Und wen soll ich bei Durdu Aga melden?«
»Sag ihm, Onkel Süleyman vom Dorf Kesme sei da.«
»Ach so! Entschuldige bitte, Onkel Süleyman, aber ich habe deine Stimme nicht erkannt.«
»Ja, das Alter! Sogar die Stimme verändert sich. Aber wer bist du, Bursche? Dich erkenne ich auch nicht.«
»Ich bin Cabbar, Mustuks Sohn, aus Karacaören. Ich war oft mit Vater bei dir wegen der Sättel. Du hast unsere Sättel gemacht und uns dabei Lieder gesungen.«
»Was? Du bist auch bei der Bande? Habe nie davon gehört.«
»Ist eben so gekommen«, sagte Cabbar. Dann rief er Durdu zu: »Es ist Onkel Süleyman aus Kesme!«
Die Worte hallten von den Felsen wider.
Vor einer großen Felsenhöhle brannte ein Feuer. Sieben, acht Männer saßen um die Flammen und reinigten ihre Gewehre. Über ihnen stieg der Felsen in die Höhe, steil wie eine Pappel.
Memed empfand das Bild, du sich ihm bot, wie etwas Unwirkliches. Einer der Männer am Feuer stand auf, als sich Schritte näherten, ein baumlanger Mensch. Sein Schatten tanzte riesengroß auf dem Felsen hinter ihm. Er ging auf die Ankömmlinge zu.
»Ich glaube, da kommt unser Durdu«, sagte Memed.
»Ja, das ist er«, bestätigte Cabbar, »das ist unser Durdu Aga.«
Durdu rief aus Leibeskräften: »Willkommen, Onkel Süleyman! Was führt dich hierher? Willst du bei uns mitmachen?« Er erfaßte die Hand des Alten, küßte sie.
»Durdu, Kerl! Man hört, du seist der Sultan hier in den Bergen. Der unumschränkte Gebieter ... «
»So ist es, Onkel Süleyman. Verlaß dich drauf, da unten kommt keiner weiter auf den Straßen, wenn ich nicht will. Über kurz oder lang werde ich den Durchzug hier überhaupt sperren. Dann wird keiner in dieser Gegend den Fuß auf die Erde setzen, ohne seinen Wegzoll an mich zu zahlen. Von hier bis nach Maraş werde ich überall meinen Tribut eintreiben. Aksöğüt soll mich kennenlernen. Die werden noch merken, was es heißt, mit Durdu dem Tollen zu tun zu haben.«
»Du redest wieder einmal ein Zeug daher«, sagte Süleyman. »Wenn sie mich noch lange reizen, dann werde ich Aksöğüt niederbrennen, dem Erdboden gleichmachen. Da, wo es gestanden hat, pflanze ich Bocksfeigen.«
Süleyman unterbrach ihn zornig: Hör auf mit dem dummen Geschwätz!«
»Ah! Ich sehe, du kennst mich noch nicht ... «
»Mehr als genug! Was hast du aus dem Räuberleben gemacht? Daß das Volk im Banditen den Abschaum der Menschheit sieht!«
»Wart noch ein paar Jahre. Dann hab ich's geschafft. Dann wirst du sehen, wie dieses Geschäft angepackt werden muß.«
»Bis dahin bin ich tot. Einstweilen ist die ganze Welt voll von deinem Ruhm als Plünderer.«
»Nun, du wirst schon sehen.« Jetzt wurde Süleyman ernstlich böse. »Wenn du so weitermachst, werden sie dich totschlagen wie einen tollwütigen Hund! Und ich werde es noch erleben! Schade um deine Jugend. Da hilft dir auch dein gottloses Maul nichts.« In ruhigerem Ton fügte er hinzu: »Du weißt, daß ich dich mag, trotz all deiner Verrücktheit.«
»Und ob ich das weiß! Frage nur meine Kameraden. Jeden Tag sage ich ihnen, wenn meine Knochen von Allah sind, mein Fleisch ist von Onkel Süleyman! - Stimmt das etwa nicht, Freunde?«
»Doch«, antworteten die Gefolgsleute im Chor.
»Du weißt, ich war dagegen, daß du für nichts und wieder nichts Bandit wurdest, ohne einen vernünftigen Grund. Soll ich dir sagen, warum du in die Berge gegangen bist? Aus Prahlerei, sonst nichts. Das kann nicht gutgehen, Durdu. Das ist reiner Wahnsinn.«
»Komm, Onkel Süleyman«, sagte Durdu. »Setz dich, trink eine Schale Tee.«
Der Alte hockte sich nieder, die Hände auf den Knien. »Die Jugend ist kurz, glaubt mir. Ihr Wirrköpfe opfert eure schönsten Jahre in den Bergen.«

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