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Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
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lagen wie tot da, erhoben sich nur langsam. Memed fragte: »Wo kommt ihr her?«
»Aus der Çukurova, Bruder«, antwortete Hasan.
»Ja, von dort«, stimmte Ali zu.
Cabbar lachte. »Dann habt ihr also einen schönen Batzen Geld verdient. Wenn wir euch nicht aufgegabelt hätten, müßten wir jetzt Hungers sterben. Los, her mit dem Geld!«
»Tötet mich!« wimmerte Hasan. »Genau vier Jahre ... « Cabbar herrschte ihn an: »Los! Heraus mit dem Geld!«
»Erschieß mich, mein Aga!« flehte Hasan.
Ali stammelte: »Meine Braut wartet seit genau sechs Jahren auf mich. Na, also, so erschieß mich doch!«
Hasan fügte hinzu: »Seit sechs Jahren!«
Cabbar griff Hasan unter die Achsel und zog einen Beutel hervor. Er war von Schweiß durchtränkt. Er machte den Beutel auf und holte in Wachstuch gewickelte Geldscheine heraus.
Cabbar rief. »Schau einmal an! Wieviel Geld du hast! Und wie gut versteckt!«
Hasan bat: »Stell nur dein Gewehr auf den Mund und drück ab! So erschieß mich doch! Mit leeren Händen brauch ich mich bei meinem Weib, meinem Kind gar nicht erst blicken zu lassen.«
Ali wiederholte: »Sechs Jahre genau. Wir sind verloren! Erschießt mich! Ich kann ihnen so nicht unter die Augen treten!«
Hasan klagte: »Genau vier Jahre habe ich das Giftwasser der Çukurova getrunken, ihre Malaria steckt noch in mir.«
Ali flehte: »Ich küsse eure Hände und Füße!«
»So tötet uns doch!«
Memed traten die Tränen in die Augen. »Schaut her!« lenkte er gütig ein, »niemand will euer Geld. Cabbar, gib ihm sein Geld zurück! Nimm dein Geld!«
Hasan traute seinen Ohren nicht. Angst überkam ihn. Zitternd streckte er die Hand aus und nahm das Geld entgegen. Kein Wort kam über seine Lippen.
»Allah schenke euch ein langes Leben!« war alles, was er schließlich hervorstieß. Dann begann er zu weinen.
Ali bekräftigte: »Ein langes Leben!«
Memed ergriff wieder das Wort: »Hört her! Geht auf keinen Fall durch die Ebene von Çanakli. Die Bande von Durdu dem Tollen hat sie jetzt in der Hand. Sie raubt euch aus bis auf die Unterhosen! Lebt wohl! Und du, Bruder, gebe Allah, daß du deine Braut wiedersiehst!« Dann räusperte er sich; er wollte noch mehr sagen, aber es verschlug ihm die Sprache.
Hasan schluchzte wie ein Kind und wollte nicht mehr aufhören. »Dank sei euch!« sagte er im Weggehen. »Dank sei euch, Brüder. Allahs Segen über euch! Möge Allah euch aus diesen Bergen erretten und euch wieder mit euren Lieben vereinen!«
Hasan lief schnurstracks davon, nicht ohne sich jedoch immer wieder umzusehen. Dann setzte er endgültig seinen Weg fort. Auch Ali pflichtete ihm bei: »Möge Allah euch mit euren Lieben vereinen!«
Sie verschwanden am Horizont.
Hasan weinte immer noch. »Hör auf« sagte Ali, »wozu dieses Klagelied?«
»Was für gute Menschen gibt es doch auf dieser Welt! Schau dir dieses Räuberkind, diesen Däumling an! Wenn er nicht gewesen wäre, dieses schreckliche Ungeheuer hätte uns unser ganzes Geld geraubt!«
»Nein«, sagte Ali, »sie haben es uns nicht wegnehmen dürfen.«
»Wenn wir nicht durch die Ebene von Çanakli gehen, können wir ja erst in zwei Tagen im Dorf sein.«
»Was sollen wir nun tun?« fragte Ali.
»Wenn sie mir die ganze Ebene von Çanakli schenken würden, und wenn unsere Reise nicht zwei Tage, sondern zwei Monate dauern sollte, so werde ich doch diese Ebene meiden wie die Pest!«

13
    Iraz war mit zwanzig Jahren Witwe geworden, als ihr Kind erst neun Monate alt war.
Sie hatte ihren Mann sehr geliebt und an seinem Totenbett geschworen, nach Hüseyin werde es keinen anderen mehr für sie geben. Sie hatte sich wirklich daran gehalten und nicht mehr geheiratet.
Ein paar Tage nach dem Tod ihres Mannes ließ sie das Kind bei einer Verwandten und ging aufs Feld, die Arbeit des Verstorbenen fortzusetzen. Einen Monat später war das ganze Land gepflügt und gesät. Auch die Erntearbeit bewältigte sie allein. Sie war jung, stark und ausdauernd.
Ging sie dann, ihren Sohn auf den Armen, mit dem Kleinen scherzend durch das Dorf, so fragte sie immer wieder: »Wird mein Kind nicht groß und stark, auch wenn seine Onkel sich nicht um ihn kümmern? Schaut nur, wie er wächst, mein Riza!«
Der älteste Onkel wollte Iraz heiraten.
»Ich heirate nicht mehr«, sagte sie. »In Hüseyins Bett kommt kein anderer Mann, und sollte ich bis zum jüngsten Tag leben ... «
»Aber es ist doch sein Bruder«, drängten die anderen sie, »es ist ja kein Fremder, der Onkel deines Kindes. Er wird für es wie ein

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