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Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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beim letzten Mal, ein wenig ehrfürchtig und verblüfft zugleich.
    »Kann ich mal sehen?«, bittet Partridge.
    Pressia gibt ihm den Anhänger.
    Partridge hebt ihn ans Auge und starrt durch die Seitenscheibe nach draußen. »Nichts«, sagt er. »Nur ein verschwommener blauer Dunst.«
    »Such weiter«, sagt Pressia. Sie ist nicht verrückt. Sie hat das Licht gesehen. Es war da, eindeutig.
    Und dann sieht er es auch. Pressia spürt es sofort. »Warte«, sagt er. »Es ist direkt vor uns.«
    »Wenn ihr recht habt, dann verschwindet es aus unserer Sicht, sobald wir näher dran sind«, gibt Bradwell zu bedenken. »Wir müssen einen Fixpunkt finden, der uns auf der richtigen Spur hält.«
    »Wir sind bis hierher gekommen«, sagt Partridge.
    »Vielleicht haben wir ja Glück«, sagt El Capitán.
    Helmuds Hände fummeln nervös hinter dem Rücken seines Bruders. In seinen Augen glänzt etwas, das in Pressia den Verdacht weckt, er könnte klüger sein, als es scheint. »Ja, Glück«, murmelt er.

PRESSIA
    Schwarm
    El Capitán parkt den Wagen im Unterholz am Fuß der Hügel. Mit Ästen und Zweigen und ganzen Pflanzen, die er mitsamt Wurzeln aus der Erde reißt, deckt er die schwarze Limousine zu, so gut es geht, während er den anderen sagt, welche Pflanzen sie nicht berühren dürfen.
    »Die da mit den Stacheln am Ende der dreizackigen Blätter sind voller Säure. Sind mit einem dünnen Säurefilm bedeckt. Sie verätzen die Haut.« Er zeigt auf eine Ansammlung weißer Pilze. »Die da machen krank. Wenn man auf sie tritt oder sie aufbricht, versprühen sie Sporen.« Eine Gruppe ist fleischfressend. »Zum Teil Wirbeltier«, sagt er. »Sie haben Beeren, mit denen sie Tiere anlocken, die sie dann erwürgen und fressen.«
    Sie gehen in einer Reihe. El Capitán geht voran, den giftigsten Pflanzen ausweichend, gefolgt von Partridge, Pressia und Bradwell als Letztem. Er hat darauf bestanden, »um hinten zu sichern«, wie er sagt, doch Pressia fragt sich, ob er sich insgeheim um sie sorgt. Sie erinnert sich sehr genau an das Gefühl seiner Hand, als er den Chip aus ihrer Haut geschnitten hat, und an die sanfte Berührung seiner Finger, als er die Narbe am Handgelenk ihrer Puppenkopffaust gestreichelt hat. Und seine Augen, die goldenen Pünktchen darin. Woher sie wohl kommen? Es war, als wären sie ganz plötzlich aufgetaucht. Schönheit kann man überall finden, wenn man nur genau hinsieht. Immer wieder und in unregelmäßigen Abständen muss sie daran denken, wie er sie angesehen hat, als wollte er ihr ganzes Gesicht in sich aufnehmen. Der Gedanke macht sie nervös. Es ist das gleiche Gefühl wie bei einem Geheimnis, von dem man hofft, dass niemand es je herausfindet.
    Sie schlagen sich durch das Dickicht den Hügel hinauf, über dornige Ranken und stachlige Reben hinweg. Sie versuchen, die Richtung des weißen Lichts beizubehalten. Pressia fühlt sich unsicher auf den Beinen wie ein neugeborenes Fohlen. Der Boden besteht aus tückischem, lockerem Geröll. El Capitán schnauft, und Helmud auf seinem Rücken murmelt leise vor sich hin. Jeder stolpert in unregelmäßigen Abständen. Der Wind ist frisch und kalt. Das hilft ihr, wachsam zu bleiben. Hinter ihnen erstrecken sich die Deadlands.
    Sie kann ihren Körper wieder besser spüren. Ihre Sicht ist immer noch ein bisschen verschwommen und ihr Gehör gedämpft. Die Wunde in ihrem Nacken pocht, und sie hat Kopfschmerzen.
    Wenn sie ihre Mutter finden – bedeutet das nicht ihren Tod? Und wenn sie ihre Mutter finden und irgendwie an einen sicheren Ort schaffen und nicht dem Kapitol übergeben, werden sie dann nicht selbst zu Zielen, sie alle? Was ist, wenn sie versagen, wenn die Spezialkräfte ihre Mutter zuerst finden? Dann ist Pressia nicht länger nützlich, und man wird sie töten.
    Angst wallt in ihr auf, und ihr Magen krampft sich zusammen. Sie sollte froh sein, dass es überhaupt die Möglichkeit gibt, dass ihre Mutter in einem Bunker in den Hügeln überlebt hat. Aber wenn das so ist – warum ist sie nicht gekommen, um Pressia zu holen? Der Bunker ist schließlich nicht am anderen Ende der Welt. Er ist gleich hier. Warum hat sie den Bunker nicht verlassen, nach ihrer Tochter gesucht und sie mitgenommen in ihren Bunker? Was, wenn die Antwort einfach lautet: Weil es das Risiko nicht wert war? Was, wenn die Antwort lautet: Weil ich dich nicht genug geliebt habe?
    Partridge bleibt so abrupt stehen, dass sie fast in ihn reinläuft. »Wartet«, sagt er.
    Alle bleiben stehen und

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