Memiana 1 - Ewige Wacht: 1 Xeno 1.2 (German Edition)
Jarek nun seine Aufmerksamkeit sowohl auf das Gelände vor der Mauer als auch nach innen, gegen die Mitreisenden, richten musste, bekam er mit jeder Rast weniger Ruhe. Er wusste, dass er erst wieder Erholung finden würde, wenn er Hama und alle anderen sicher bis in die Stadt der Memo geleitet hatte.
Sala näherte sich der Mitte des Himmels. Der Weg hatte die Gruppe nun eine Strecke vom Pfad weggeführt, sodass nichts mehr von der Herde wahrzunehmen war, kein Gestank ihre Nasen mehr erreichte und keine Geräusch mehr zu ihnen drangen. Sie hatten das Blöken, das Schreien und die selteneren, lauten Rufe der Mahlo hinter sich gelassen.
Jarek atmete ein wenig auf, als er endlich wieder einmal die Stille des Gelblichts genießen durfte. Sogar Mareibe schwieg schon seit längerer Zeit, war in Gedanken versunken und war nur einmal kurz stehen geblieben, als sie am Wegrand ein paar Stücke weicher, heller Kreitsteine gefunden hatte, mit denen es sich gut malen ließ.
„Gibt es hier eigentlich gar keine Reißer mehr?“, fragte Adolo jetzt und drehte sich zu Jarek um.
„Warum? Sollen wir attackiert werden? Brauchst du mal wieder einen richtigen Kampf?“, fragte Carb und schob den Daumen unter den Tragegurt seines Splitters.
„Ich habe nur seit langer Zeit kein einziges Raubtier mehr bemerkt. Ihr vielleicht?“, fragte Adolo.
Yala sah sich um, aber nichts rührte sich. „Ich nicht“, murmelte sie. „Und ich muss auch keins sehen.“
Mareibe, die alles über die Schlacht gegen die Gelbschattenfetzer gehört hatte, gab an Jareks Stelle die Antwort. „Reißer gibt’s jede Menge. Aber die suchen sich die leichte Beute.“
Carb sah sie stirnrunzelnd an. „Leichte Beute?“
„Mahle. Kein Reißer wird im Gelblicht einen Menschen angreifen, wenn die Herde unterwegs ist, das ist viel zu mühsam“, erklärte Jarek. „Es sei denn, sie riechen irgendwo Blut. Aber Mareibe hat es gesagt. Ganz am Schluss der Herde gehen die schwachen, die verletzten und die alten Tiere. Die Reißer folgen ihnen und holen sich jedes, das zurückfällt. Vor Raubtieren sind wir also sicher.“
Schweigend setzten sie ihren Weg fort, der sie jetzt in eine schattige Senke führte, die von zerklüfteten Graugrusfelsen umsäumt war und weiter unten einen scharfen Knick machte. Sie hatten die Stelle fast erreicht, da fielen die ersten Schüsse.
6.
Der Überfall
J arek packte Hama an der Schulter, schob ihn in die Deckung eines Felsens am Wegrand und kauerte sich neben ihn. „Runter, hinter die Steine“, rief er den anderen zu, die zögerten und Jarek verwundert ansahen. „Schnell“, drängte er und winkte sie herbei.
Carb, Mareibe, Yala und Adolo suchten sich Nischen zwischen den Felsen.
„Was ist denn los?“, fragte Yala.
Jarek hob Hand und sagte: „Still.“
Weitere Schüsse fielen.
„Fünfhundert Schritt vor uns“, sagte Jarek und erhob sich. „Hinter der nächsten Biegung im Tal.“ Er half Hama wieder auf die Beine.
„Sind das Jäger?“, fragte Yala, die nun auch hinter ihrem Felsen hervorkam.
„Nicht so nahe bei der Herde“, antwortete Jarek.
Wieder knallte es weiter vorne. Jarek lauschte.
„Siebzehn Schüsse bisher. Zwölf von oben, fünf von unten. Da schießen Menschen auf Menschen. Das ist ein Überfall.“
Alle zuckten zusammen, als sie einen lang gezogenen Schrei hörten. Carb wirbelte den Splitter von der Schulter, Mareibe trat zwei Schritte näher an den großen Fero heran, Adolo zog seine Klinge und Hama schaute Jarek fragend an. Der huschte an die erste Stelle, drehte sich noch einmal um und befahl: „Bleibt an den Felsen. Mir nach.“
Alle eilten sich, nahe an den steilen Abhang zu kommen, der die Senke hier begrenzte, und liefen Jarek hinterher, der mit raschen, aber sehr vorsichtigen Schritten voran lief, den Blick immer abwechselnd auf die Höhen und den Weg vor ihnen gerichtet. Weitere einzelne Schüsse fielen und dann ertönte der laute Schrei eines Kindes: „Mama!!!“
„Parra“, rief Yala.
Bevor Jarek es verhindern konnte, hatte sie ihren Handlangen Schneider gezogen und rannte los.
„Yala!“, rief Jarek entsetzt. „Nein!“
Doch die jungen Vaka hörte nicht. Sie rannte blindlings weiter, auf die Biegung des Tals zu.
„Hinterher“, schrie Jarek.
Alle rannten los, die Waffen in der Hand. Yala hatte schon einen Vorsprung und verschwand als Erste um die Kurve des Weges. Kaum war sie außer Sicht, hörte Jarek ihren Schrei. Er sprang mit Sätzen, die einen Klauenreißer überholt
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