Memiana 1 - Ewige Wacht: 1 Xeno 1.2 (German Edition)
bedachten, ob der, der Einlass erbat, eine Gefahr darstellen konnte oder nicht. Aber hier hatte keiner der Wächter Widerspruch erhoben, als Matus sie alle in die Stadt geleitet hatte.
Alle Vaka trugen ihre Waffen und auch Hama und seine Schützlinge durften ihre ohne eine Frage der Wächter behalten, was für Jarek noch schlimmer und vollkommen unverantwortlicher war. Mit all den Schneidern und mehrschüssigen Splittern wurde ihnen erlaubt, die Mauer zu passieren, und das war etwas, das ein richtiger Wächter und Beschützer niemals zugelassen hätte, der seine Aufgabe verstand.
Jarek hatte mit Hama einen kurzen Blick gewechselt und gesehen, dass der alte Memo über die Vorkehrungen, den Frieden und die Sicherheit in Utteno zu wahren, genauso erschüttert gewesen war wie er selbst. Doch das war das Problem dieser Stadt und das Problem von Matus. Für ihre eigene Sicherheit würden sie Sorge tragen und genauso wachsam bleiben wie außerhalb der Mauern.
Jarek löste den Knoten des Bandes, das seinen Zopf am unteren Ende zusammenhielt, und legte es auf den Steintisch. Ili hatte es aus verschiedenfarbigen Foogschwanzhaaren geknüpft.
Es war mühsam, den fünffach geflochtenen Zopf zu entwirren. Alles war verklebt und es dauerte eine Weile, bis Jarek das Geflecht auseinander hatte und die Strähnen mit viel Sand und Wascher einreiben konnte. Als er sich endlich ganz sauber fühlte, griff er das weiche Webtuch und trocknete sich sorgfältig die langen Haare.
Mareibe saß immer noch auf seiner Schlafstelle und summte leise eine Melodie, als Jarek aus der Waschnische kam. Er hatte im Kleiderstapel eine leichte, weiche Hose gefunden, die ihm genau passte, ein dünnes, unteres Hemd und ein knopfloses Oberteil mit langen Ärmeln, das quer gestreift und aus einem einzigen Stück gewebt war.
Mareibe lächelte. „Jetzt bist du wieder ein Mensch.“
„Wie habe ich denn vorher ausgesehen?“, fragte Jarek.
„Wie irgendwas, das am Ende des Graulichts aus einer finsteren Höhle gekrochen kommt, um die arglosen Bewohner der kleinen Ansiedlung hinterrücks zu überfallen“, antwortete Mareibe mit verstellter, tiefer Erzählerstimme, aber dann lachte sie.
„Also wie einer von Parras Cavo?“ Jarek setzte sich neben Mareibe auf die Mahldecke.
Mareibe nickte. „Ja, genau. Wie ein Cavo. Nur die Reißzähne haben dir gefehlt.“
Jarek versuchte mit den Fingern die Haare zu ordnen.
„Warte. Ich mach das“, sagte Mareibe und zog aus einer Tasche ihres Kleides einen Kämmer aus Fera hervor.
Sie breitete die Beine aus, rückte an Jarek heran und setzte sich hinter ihn, sodass er ihre warme Haut durch den dünnen Stoff seiner Hose spüren konnte. Dann fing sie an, mit gleichmäßigen Bewegungen zu kämmen, und Jarek fühlte ein Prickeln in seinem Inneren, das jedes Mal stärker wurde, wenn ihre schmalen Hände seine Ohren oder seine Wange berührten. „Du machst das gut“, sagte er. „Woher kannst du das?“
„Ich hatte früher lange Haare“, antwortete Mareibe leise.
„Und warum jetzt nicht mehr?“
„Nachdem ich fliehen konnte, habe ich sie mir abgeschnitten. Wenn du alleine unterwegs bist, ist es besser, wenn dich die meisten für einen Jungen halten.“ Mit geübten Bewegungen teilte Mareibe Jareks Haare in einzelne Stränge und begann sie zu einem festen Zopf zu flechten.
„Ich habe dich nie für einen Jungen gehalten“, sagte Jarek.
Mareibe lachte leise. „Wirklich nicht?“
„Ja! Ich meine, nein.“ Jarek fühlte, dass seine Ohren heiß wurden. „Ich meine, ich habe immer gewusst, dass du ein Mädchen bist.“
„Aber als Frau hast du mich vorhin zum ersten Mal wahrgenommen. Als du aufgewacht bist“, behauptete Mareibe mit fester Stimme und Jarek konnte nicht widersprechen.
“Das Band!“, sagte Mareibe dann und streckte die Hand aus. Jarek holte es aus der Hosentasche und reichte es ihr.
„Du hast mich überrascht“, antwortete er schließlich und er fühlte ihr kleines Lachen mehr, als er es hörte.
„Jetzt weiß ich endlich, wie man den großen Jäger überraschen kann“, murmelte sie und ihre Fingernägel berührten wie zufällig seinen Nacken. „Du hast doch sonst immer alles unter Kontrolle.“
„Ich bemühe mich.“
„Aber die Nähe einer Frau verwirrt dich?“ Mareibe arbeitete am unteren Ende des fast fertigen Zopfes und berührte dabei Jareks Rücken.
„Es gibt viele Sachen, die mich verwirren. Alles, was ich nicht kenne, alles, was neu ist. Ich versuche immer, mich
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