Memiana 1 - Ewige Wacht: 1 Xeno 1.2 (German Edition)
hatte noch geschlafen und Mareibe hatte es sich nicht nehmen lassen, ihn mit einem Becher Wasser zu wecken. Adolo war nicht begeistert gewesen und hatte Mareibe Rache angedroht, aber die hatte nur gelacht und sich seinem Griff entzogen.
Mareibe war wieder einmal völlig verändert. Sie zeigte eine gute Laune und Fröhlichkeit, wie Jarek sie bei ihr noch nicht gesehen hatte, und auch die anderen betrachteten sie mit immer größerer Verwunderung. Mareibe hakte sich abwechselnd bei Carb, Adolo und Jarek unter, hüpfte ausgelassen über den Weg und drehte sich ab und zu, dass ihr Kleid flog und ihre schlanken Beine freigab. Sie zeigte den anderen bemerkenswerte Gebäude, kannte die manchmal witzigen oder dummen Namen der geschlossenen Schänken und Herbergen und summte Melodien, wenn sie einmal nicht sprach.
Jarek hatte das Gefühl, dass sich für Mareibe mit dem Tod der Mörder ihrer Eltern ein weites Tor aufgetan und gleichzeitig ein finsteres hinter ihr geschlossen hatte. Von diesem wurden all ihre Ängste und die schrecklichen Umläufe und Lichte verborgen, in denen sie mit der brutalen Bande der Räuber durch das Land ziehen musste. Aber Jarek wusste auch, dass all diese Erinnerungen nicht einfach wegzuschließen waren und immer wieder hervorkommen würden, wenn Mareibe sie am allerwenigsten sehen wollte. Schon ein gewöhnlicher Mensch hätte Schwierigkeiten, all das zu vergessen. Und sie waren Memo.
Memo vergaßen nie irgendetwas.
Damit hatte für Jarek Mareibes Freude an Sala, am Gelblicht, an den neuen Kleidern und an der Gesellschaft der Gefährten auch etwas Verzweifeltes an sich und war wie der hilflose Versuch, sich an das Erleben zu klammern und vielleicht zum ersten Mal etwas Schönes wahrzunehmen, bevor die Erinnerungen zurückkamen.
Utteno kam Jarek noch verlassener vor als bei ihrer Ankunft. Das Kontor der Vaka war ein riesiger, dreistöckiger Bau, der aus sechs Kuppeln rund um einen Innenhof bestand. Der Platz war mit einem Foogschwanznetz überspannt, um möglichen Angriffe von Schwärmern standzuhalten. Aber jetzt war das ganze Kontor ausgestorben. In anderen Städten und Ansiedlungen herrschte hier immer ein reges Treiben, hier war der Mittelpunkt des Lebens, an dem Mahlo und Xeno ihre Waren und Beute anlieferten und um die besten Preise mit den Ankäufern der Vaka und Kir feilschten. Hier jedoch war alles verlassen, nur eine Familie von dünnen Schadlingen huschte in einer langen Reihe hinein, um doch noch einmal nach Resten von Kaas, Fleisch und Paas zu suchen, die sie wohl nicht mehr finden würden.
Die Schritte der Gefährten hallten zwischen den Bauten. Zum ersten Mal hörte Jarek die Stille des Gelblichts in einer menschlichen Siedlung, nur ab und zu unterbrochen von Mareibes Stimme. Er empfand die Ruhe jedoch nicht als angenehm, sondern als bedrohlich.
Es waren mehr als tausend Schritt von ihrer Herberge bis zur Cave, aber sie begegneten auf dem Weg dorthin nur dreiundzwanzig Menschen: siebzehn Vaka, einem Kir, einem Foogo und vier Solo.
Die Vaka nickten ihnen freundlich und dankbar zu und grüßten mit Hochachtung. Die Rolle der Gefährten bei dem Überfall hatte sich offenbar schon in ganz Utteno herumgesprochen, was auch die misstrauischen Blicke der Solo erklärte. Diese galten besonders Mareibe, die sie jedoch einfach nicht zur Kenntnis nahm.
Als die vier den leuchtend roten Memobau erreichten, begegneten sie Hama, der gerade aus der Gasse daneben trat. Er schaute seine Schützlinge an. „Ihr habt ja Festkleidung an“, meinte er und alle sahen an sich herunter und begutachteten ihre neuen, teuren Kleidungsstücke.
„Ja, die Vaka waren sehr großzügig.“ Mareibe präsentierte mit einer raschen Drehung um die eigene Achse ihr Kleid. „Sieht das gut aus?“, fragte sie munter.
„Sehr“, bestätigte Hama lächelnd und auch Carb, der den Blick nicht von ihr lassen konnte, nickte.
„Wir sind auf dem Weg zur Cave. Wollt Ihr mitkommen?“ Jarek sah Hama fragend an. Der schüttelte jedoch den Kopf.
„Ich habe einige Botschaften zu sprechen“, erklärte er. „Vielleicht komme ich nach.“
Adolo schaute auf den roten Bau, der neben der Tür das Zeichen des Volkes der Boten, Berater und Berechner trug. „Diese tote Stadt hat also noch einen Memo?“
„Ja“, antwortete Hama zurückhaltend. „Es wohnt noch einer hier.“
„Noch?“ Yala schaute Hama fragend an.
„Sie haben auch den Kontrakt mit den Memo beendet“, erklärte Hama und zuckte bedauernd die
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