Memoiren 1902 - 1945
haben, daß das Schicksal es gut mit uns meint, der Größe unserer Liebe entsprechend. Ich habe früher nie an eine Vorsehung glauben können, durch unsere Liebe erst bin ich mit dem tiefen Vertrauen an eine Allmacht erfüllt worden...»
Dieser Brief entfachte in mir einen Sturm - kann man, nach dem, was geschehen war, so schreiben? Aus einem Selbsterhaltungstrieb wollte ich mich von diesem Mann lösen, aber seine Worte wirkten auf mich wie ein Gift. War der Krieg nicht an allem schuld? Aber die Eifersucht war stärker als die Vernunft.
Feldpostbriefe
N un schrieb mir Peter in regelmäßiger Folge. Seine Briefe erschütterten mich, da sie keinen Zweifel an seiner inneren Wandlung durch die schweren Erlebnisse an der Front zuließen. Einige will ich zitieren. Ohne sie wäre mein späteres Leben und Leiden mit diesem Mann unverständlich.
2. März 1942
... heute nacht vor drei Stunden habe ich endlich Deinen Brief erhal ten - ich bin tief erschüttert über das Leid, das ich Dir zugefügt habe. Meine kleine, liebe Leni, Du darfst nicht mehr leiden, hörst Du? Ich habe doch nur Dich überhaupt je geliebt, denn ich bin ein Teil von Dir - unlösbar mit Dir verbunden. Vielleicht ist es unser Schicksal, daß wir beide leiden müssen, ehe wir die höchste Stufe unseres Glücks erreichen können. Was Du mitmachst, fühle ich in meiner ei genen Seele - ich war zerrissen und unglücklich, denn ich hatte so furchtbare Angst, Dich zu verlieren. Du wirst aus meinen Briefen ersehen haben, daß ich ganz und nur Dir gehöre - es hat nie etwas zwischen uns gestanden, glaube mir das. Und ich habe das feste Ver trauen, daß nie mehr auch nur ein Funke eines Mißtrauens zwischen uns entstehen kann... Ich befinde mich augenblicklich in einer ganz entscheidenden Krise meines Lebens. Warum ich überhaupt noch weiterleben will, weißt Du ja, der Grund bist Du und immer wieder Du... Ich war noch zu verwirrt, über all das Unglück, was aus die sen zehn Tagen entstanden ist, daß ich nicht alles so aussprechen und ausdrücken kann, wie ich es gefühlt habe... Du weißt auch, Leni, daß ich Dich viel mehr brauche als Du mich... Du fühlst ja und weißt es, daß Du mich nie verloren hast und nie verlieren kannst, außer durch den Tod...
13. März 1942.
...auch heute habe ich bei meiner Rückkehr keine Post von Dir vor gefunden. Ich weiß nicht mehr, ob Du mir überhaupt noch schreiben wirst - und ich darf darüber nicht mehr nachdenken - ich bin in ei nem Zustand, der sich mit meiner Verantwortung hier nicht mehr vereinbaren läßt. Da Du ja weißt, was es für mich bedeutet, wenn ich Dich verliere, wird allmählich die Vermutung zur furchtbaren Gewiß heit, daß Du mich nicht mehr liebst ...Da Du ja über die 10 Tage so unterrichtet bist, kann ich nicht annehmen, daß noch immer etwas zwischen uns stehen sollte, Du weißt ja, Leni, daß ich Dich in kei ner Minute weniger geliebt habe oder jetzt liebe. Aber ich kann mit diesen Zweifeln nicht mehr weiterleben ...
9. April 1942
... gestern bin ich von einem großen Unternehmen zurückgekommen - es ist alles gut gegangen. Ich habe gleich anschließend einige Ver wundete besucht und bin heute früh wieder auf meinem Btl. Gef. St. eingetroffen. Leider habe ich wieder keine Post von Dir bekommen - dieses ewige Warten und die dann folgende Enttäuschung ist kaum noch zu ertragen. Wir sind jetzt viel unterwegs, so daß die Möglich keit besteht, daß ich Dir vielleicht ein paar Tage nicht werde schrei ben können. Es liegt aber keineswegs ein Grund zur Beunruhigung vor... Liebe Leni, weißt Du eigentlich nicht, oder fühlst Du nicht, wie Du mich mit Deinem Stillschweigen quälst? Aber ich will mich mit allem abfinden, wenn Du nur wieder gesund geworden bist - es muß ja alles einmal wieder gut werden. Immer und immer werde ich sein...
20. April 1942.
... Vor zehn Tagen habe ich Dir das letzte Mal geschrieben - wenige Stunden vor einem Einsatz... ich habe mit meinem Bataillon 10 schwere Tage hinter mir und bin heute auf 6 Tage zur Auffüllung und Auffrischung herausgenommen worden, nachdem wir in dieser Zeit die Hauptlast der ganzen hiesigen Front getragen haben. Ich bin zwar so fertig, daß ich nicht mal mehr den 10tägigen Dreck abkrat zen will, bevor ich einen mindestens 24stündigen Schlaf ansetze - ich muß Dir nur noch schnell schreiben, damit Du Dich nicht länger ängstigst. Dieses Mal, warst Du, mein lieber, lieber Engel, dringend vonnöten. Aber jetzt ist es vorbei und ich
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