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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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mich in dem Glauben gelassen hast, du wärest längst unterwegs - auf dem Wege zur Front?» Peter leugnete - nicht daß er im Eden-Hotel gewohnt hätte, das konnte er nicht, aber er gab das Zusammenleben mit einer Frau nicht zu. Ich war bereit zu vergeben, aber ich wollte sein Handeln verstehen.
      Ich flehte ihn an, die Wahrheit zu sagen: «Wir können uns doch nicht mit solchen Lügen belasten, es wäre schrecklich, wenn ich dir nie mehr trauen könnte. Meine Liebe müßte daran zerbrechen.»
      Peter nahm mich fest in die Arme, strich über meine Wangen, sah mir in die Augen und sagte: «Wie kannst du dir, mein Liebes, nur vorstellen, daß ich so etwas tun könnte - dich betrügen. Ich wäre ein Schuft, der es nicht verdient, von dir geliebt zu werden. Zu einer so gemeinen Handlung wäre ich nie fähig», und er beschwor mich, nichts von dem zu glauben, was andere mir erzählten.
      Entsetzt schaute ich ihn an. Ich wußte, daß es eine Lüge war. Vielleicht hätte ich damals die Größe haben sollen, nicht zu fragen, nichts wissen zu wollen - aber das ging über meine Kraft. «Peter», sagte ich verzweifelt, «du sagst nicht die Wahrheit.» Erregt antwortete er: «Wie kannst du mir so etwas zutrauen - ich schwöre dir beim Leben meiner Mutter, ich habe mit keiner Frau zusammengewohnt, keine berührt und an keine gedacht - Du bist ein dummes, eifersüchtiges Mädchen.»
      Beim Morgengrauen trennten wir uns. Noch lange stand er winkend am Ufer. Mit seiner Hand warf er Münzen in die Luft, die er mit spielerischer Geste auffing. In mir war etwas zerbrochen.
      Auf der Heimfahrt überfielen mich Koliken in einer mir bis dahin noch unbekannten, unerträglichen Heftigkeit. Aber stärker als die körperlichen Schmerzen waren die seelischen. Ich wurde sofort in Berlin in die Charité gebracht, bekam Spritzen und Schmerzmittel. Nichts half, ich konnte nicht mehr schlafen.
      Wie meine Mutter und mein Bruder mir später erzählten, habe ich mich in einer Art Delirium befunden - ich verweigerte alles, auch die Nahrungsaufnahme. Als meine Angehörigen keinen Rat mehr wußten, brachten sie mich zu Professor Johannes H. Schultz, schon damals in ganz Deutschland durch sein autogenes Training berühmt.
      Auch er konnte mir nicht helfen. Er sagte mir immer wieder: «Sie können nur geheilt werden, wenn Sie sich von diesem Mann trennen.» Meinem Einwand, daß man durch die Kraft der Liebe alles erreichen kann, auch einen Menschen ändern, widersprach er. «Dieser Mann kann sich nicht ändern, er wird immer derselbe bleiben», und eindringlich warnte er mich: «Wenn Sie sich nicht von ihm trennen, dann befinden Sie sich ständig in Gefahr, es ist, als könne Ihnen bei einem Spaziergang unerwartet ein Ziegelstein auf den Kopf fallen.»
      Das ertrug ich nicht mehr. Ich ließ mich nicht mehr von Professor Schultz behandeln, ich begann eine Abneigung gegen ihn zu empfinden. Seine Worte waren für mich eine Qual. Ich war trotz allem immer noch viel zu sehr an Peter gebunden.
      Eine Zeit voller Passivität und Depressionen folgte. Man schickte mich ins Gebirge - schon oft hatten mir die Berge Heilung gebracht. In Begleitung meiner Mitarbeiterin, Frau Peters, fuhr ich nach Zürs am Arlberg, wo ich jeden Schneehang kannte. Aber Skilaufen konnte ich in meinem Zustand nicht. In Decken gewickelt, lag ich teilnahmslos im Liegestuhl. Die noch fälligen «Tiefland»-Aufnahmen waren auf unbestimmte Zeit verschoben - bis eine große Halle frei werden würde. Und für die Szenen mit den Kampfstieren, die nur in Spanien gedreht werden konnten, hatten wir noch keine Devisengenehmigung. Wir wurden auf den Sommer vertröstet. Meine Mitarbeiter wie Kameramann Benitz und Aufnahmeleiter Fichtner waren an Firmen ausgeliehen, die Filme mit kriegswichtigen Themen herstellten.
      Eines Tages lag in Zürs auf meinem Frühstückstablett ein Feldpostbrief - das erste Lebenszeichen von Peter. Ich hatte nach diesem Brief gefiebert, aber als er jetzt vor mir lag, hatte ich nicht den Mut, ihn zu öffnen. Am Poststempel sah ich, daß er einige Wochen unterwegs war. Bis zum Abend hielt ich mich zurück, dann las ich ihn:
      «Liebe, liebste Leni, vor zwei Tagen habe ich noch mit dir gesprochen, und jetzt habe ich schon wieder soviel Sehnsucht, als ob wir Wochen und Monate getrennt wären... Ich habe das feste Vertrauen, daß ich bald wieder bei dir sein kann und wir dann für immer zusammenbleiben können. Auch du mußt den festen Glauben

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