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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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bevor Abel Gance in Paris im Alter von neunzig Jahren starb, konnte Kevin Brownlow ihm noch die neue Kopie seines «Napoleon»-Films vorführen. Den Welterfolg, den sein Film wieder errang, besonders in den Vereinigten Staaten, hat der Meister nicht mehr erlebt.

    Erich Maria Remarque

    E inen anderen ungewöhnlichen Mann lernte ich in dieser Zeit kennen: Erich Maria Remarque. Als Schriftsteller war er noch unbekannt. Eines Tages läutete er an meiner Tür und stellte sich als Journalist vor. Er wollte für das «Scherl-Magazin» ein Foto von mir haben. Bald darauf lernte ich auch Frau Remarque kennen. Als ich sie bei einer Filmpremiere im Gloria-Palast am Kurfürstendamm zum ersten Mal sah, war ich von ihrer Erscheinung ungemein beeindruckt. Sie war nicht nur sehr schön, sie war auch sehr intelligent. Groß von Gestalt, schlank wie ein Mannequin und sehr apart gekleidet, hatte sie etwas sphinxhaftes an sich, im Typ ähnlich den Vamprollen, die später Marlene Dietrich verkörperte. Ich glaube, daß viele Männer Remarque um diese Frau beneidet haben. Sie mochte mich, es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen uns.
      Wenn sie zu mir kam, und sie besuchte mich oft, hatte sie immer ein Manuskript dabei, einen Roman, den ihr Mann geschrieben hatte. Da er beruflich zu überlastet sei, sagte sie, nehme sie ihm die Arbeit daran ab, korrigiere den Text und schriebe auch das Schlußkapitel fertig. Das wunderte mich nicht, sie war sehr klug. Erst später, als dieses Buch unter dem Titel «Im Westen nichts Neues» weltberühmt wurde, fiel mir die Zeit wieder ein, in der Frau Remarque so intensiv daran gearbeitet hatte. Remarque pflegte seine Frau abends bei mir abzuholen, und ich hatte den Eindruck, daß die beiden eine gute Ehe führten. Aber bald sollte ich Zeuge eines bösen Dramas werden.
      Remarque wollte den Filmregisseur Walter Ruttmann, mit dem ich gut befreundet war, kennenlernen. Ich versprach, bei mir einen gemütlichen Abend zu arrangieren. Schneeberger hatte Außenaufnahmen, und so waren wir nur zu viert. Ich war überrascht, als ich Frau Remarque begrüßte. Sie kam in einer eleganten Abendrobe, wie zu einem Gala-Abend; sie sah hinreißend aus. Ihr rötliches lockiges Haar, das von Schmuckspangen gehalten wurde, schmeichelte ihrer fast weißen Haut. Sie gefiel nicht nur mir und ihrem Mann, vor allem aber Walter Ruttmann.
      Zuerst ging alles sehr lebhaft und fröhlich zu. Wir tranken Wein und Champagner. Frau Remarque benahm sich so verführerisch, daß sie Ruttmann völlig den Kopf verdrehte. Zuerst glaubte ich, dies sei alles nur ein Spiel, aber bei fortgeschrittener Stimmung erhoben sich Ruttmann und Frau Remarque und ließen mich mit ihrem Mann allein. Sie zogen sich in eine andere, wenig beleuchtete Sitzecke zurück. Ich blieb bei Remarque, der seine Eifersucht im Trinken zu betäuben suchte. Ruttmann und Frau Remarque verhielten sich, als wären sie allein. Ich war fassungslos und wußte nicht, was ich in dieser peinlichen Situation tun sollte. Remarque saß mit hängendem Kopf auf der Couch und starrte zu Boden. Er tat mir furchtbar leid. Auf einmal stand Frau Remarque mit Ruttmann vor uns und sagte zu ihrem Mann: «Du hast zuviel getrunken, ich lasse mich von Herrn Ruttmann nach Hause bringen. Wir sehen uns später.»
      Ich drückte dem unglücklichen Remarque die Hände, ging, von den beiden gefolgt, zum Fahrstuhl und brachte sie unten hinaus. Beim Verabschieden sagte ich zu ihr: «Lassen Sie Ihren Mann nicht so leiden.»
      Sie lächelte nur und warf mir eine Kußhand zu. Ruttmann gab ich nicht die Hand, ich verabscheute sein Handeln genauso wie das seiner Begleiterin.
      Als ich wieder ins Zimmer kam, fand ich dort einen schluchzenden Mann. Ich versuchte, Remarque zu trösten - er war völlig mit den Nerven fertig.
      «Ich liebe meine Frau, ich liebe sie wahnsinnig. Ich darf sie nicht verlieren, ohne sie kann ich nicht leben.»
      Immer wieder hörte ich diese Sätze, während es seinen Körper schüttelte. Ich wollte ein Taxi rufen - er weigerte sich. So blieb ich, bis es hell wurde, bei ihm. Im Morgenlicht sah er wie ein menschliches Wrack aus. Ohne Widerstand konnte ich ihn jetzt in ein Taxi setzen. Ich war vollkommen fertig. Nach Fanck erlebte ich nun zum zweiten Mal einen Mann in einer solchen Verfassung. Beide waren sie außergewöhnlich begabt, aber in ihrer Sensibilität sehr leicht verwundbar.
      Zwei Tage nach diesem Vorfall rief mich Remarque an. Seine Stimme klang

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