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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Eine Antwort von Ihnen würde mich sehr freuen. Es grüßt Sie vielmals Ihre Leni Riefenstahl

    Die Adresse fand ich im «Völkischen Beobachter», auch las ich darin, daß es in München ein «Braunes Haus» gibt. Ich sandte den Brief dorthin. In der Zeitung stand allerdings, daß Hitler sich nicht in München aufhielte, sondern in Norddeutschland, wo er auf einer Wahlreise in Oldenburg unterwegs war. Also konnte ich mit einer Antwort vor meiner Abreise nicht rechnen.
      Fast erleichtert traf ich die letzten Vorbereitungen für die lange Reise, die fünf Monate dauern sollte. Ich besorgte mir für meine Rolle ein Fliegerkostüm und Kleidung aus Pelz. In meiner Vorstellung bestand Grönland aus Eis und noch mal Eis. Daß sie falsch war, erlebte ich erst später. Ich nahm an, ich würde in den kalten Regionen Grönlands viel freie Zeit haben, und nahm für alle Fälle zwei Kisten mit Büchern mit.
      In diesen Tagen vor unserer Abreise erhielt ich überraschend einen ungewöhnlichen Besuch: Es war ein hoher katholischer Priester, der später Kardinal in Köln wurde, Monsignore Frings; er hatte mir schon brieflich mitgeteilt, er sei von Rom aus gebeten worden, mit mir ein Gespräch zu führen. Nun erfuhr ich den Grund: Monsignore Frings fragte mich, ob ich bereit wäre, für die katholische Kirche Filme herzustellen. Von diesem Angebot war ich außerordentlich überrascht, besonders, weil ich Protestantin bin. In dem Gespräch mit dem geistlichen Herrn erfuhr ich, daß «Das blaue Licht» im Vatikan starken Eindruck hinterlassen hatte. Vor allem war es das Mystische in diesem Film, was die Kirchenmänner so ansprach.
      Keine einfache Lage. Ich wollte den Priester, den ich sehr sympathisch fand, nicht enttäuschen, aber mir widerstrebte der Gedanke, Auftragsfilme über ein vorgeschriebenes Thema zu machen. Ich dankte für die Ehre und das Vertrauen und bat, bis nach meiner Rückkehr aus Grönland, um Bedenkzeit. Etwas betroffen und irritiert verabschiedete ich mich.
      Im Haus von Dr. Fanck gab die Universal-Film für die Presse und alle Expeditionsmitglieder einen Abschiedsempfang. Erst jetzt erfuhren wir Näheres über unsere Expedition. Udet sollte drei Kunstflugzeuge mitnehmen, die kleine Klemm, seine berühmte «Motte» und ein Wasserflugzeug. Ein englisches Schiff würde uns in die Arktis bringen und wieder abholen. Zwei Motorboote, 40 Zelte, 400 Zentner Gepäck gehörten zu unserer Ausrüstung - dazu zwei Eisbären aus dem Hamburger Zoo.
      «Auf freilebende Eisbären», sagte Fanck, «können wir in Grönland nicht warten.» Wie recht er hatte, erlebte ich später.
      Einen Tag vor unserer Abreise ging das Telefon.
      «Hier spricht Brückner, Adjutant des Führers» - ich hielt den Atem an-, «der Führer hat Ihren Brief gelesen, und ich soll fragen, ob es Ihnen möglich ist, morgen für einen Tag nach Wilhelmshaven zu kommen, wir würden Sie vom Bahnhof abholen und mit dem Auto nach Horumersiel fahren, wo sich der Führer zur Zeit aufhält.» Es entstand eine Pause, dann hörte ich: « Sie könnten in der Früh in Berlin abfahren und würden um vier Uhr nachmittags in Wilhelmshaven eintreffen.»
      Ich glaubte, jemand habe sich einen Scherz mit mir erlaubt, und rief ins Telefon: «Wer ist am Apparat, sind Sie noch da?»
      «Wilhelm Brückner», hörte ich, «was kann ich dem Führer sagen?»
      «Ich weiß nicht, wer Sie sind. Sie wollen Adjutant von Hitler sein?» fragte ich noch immer zweifelnd.
      Lachend sagte er: «Ich bin’s, natürlich bin ich es, Sie können es mir glauben.»
      Meine Zweifel begannen zu schwinden. Da fiel mir plötzlich ein, daß ich morgen um dieselbe Zeit am Lehrter Bahnhof sein mußte, zur gemeinsamen Reise nach Hamburg. Die Universal hatte einen Sonderwagen gemietet und die Berliner Presse eingeladen. Der Regisseur und die Hauptdarsteller sollten im Zug vor der endgültigen Abfahrt des Schiffes Interviews geben, wobei besonders Wert auf meine Anwesenheit gelegt wurde. Das schoß mir alles blitzschnell durch den Kopf. Es war mir klar, daß ich auf keinen Fall unsere Mannschaft im Stich lassen könnte, aber ich hörte mich sagen: «Ja - ich komme.»
      «Danke - ich werde es dem Führer ausrichten.»
      Dann legte ich wie versteinert den Hörer auf.
      Was war nur mit mir geschehen? Wie konnte ich das tun? Setzte ich nicht sogar meine Laufbahn aufs Spiel? Ich war zutiefst beunruhigt, aber meine Neugier und das Abenteuerliche einer Begegnung mit

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