Memoiren 1945 - 1987
Farben. Damals, 1930, gab es noch keinen Farbfilm. In meiner Fantasie sah ich neben dem Rot auch das Blau, eine weibliche Farbe — die Skiamazonen — einen Wettlauf zwischen Rot und Blau auf weißem Grund.
Als Signor Panone mich nach zwei Wochen in Fregene besuchte und die Exposés las, war er so begeistert, daß er mir einen Vertrag anbot. Ich war glücklich. Als erstes sollten «Die roten Teufel» realisiert und schon im kommenden Winter mit den Vorbereitungsarbeiten in Cortina D’Ampezzo, in den Dolomiten, begonnen werden. In großer Aufmachung berichtete die Presse über die «Diavoli Rossi». Überraschend schnell gingen die Vorbereitungen voran.
Die «Capital Pictures», die mich als Regisseurin verpflichtete, erhielt von den großen Hotels in Cortina günstige Bedingungen für unser Filmteam. Panone hatte inzwischen die Urheberrechte an Stoff und Titel in Rom eintragen und schützen lassen — es war der
13. Oktober 1950.
Der Fall «Lantin»
E in Telegramm meiner Mutter rief mich plötzlich nach München zurück. Hier erwartete mich schon mein Rechtsanwalt. Eine neue unerfreuliche Sache mußte geklärt werden: Das Bayerische Landesamt für Wiedergutmachung hatte mein im Januar 1950 freigegebenes Eigentum in Deutschland wieder beschlagnahmt. Dabei ging es lediglich um das bißchen Mobiliar meiner Schwabinger Wohnung und um meine schwer beschädigte Villa in Dahlem. Andere Werte besaß ich in Deutschland nicht.
Für meine Mutter und mich ein unverständlicher harter Schlag. Die Freigabe war ja erst vor kurzem nach jahrelangen Untersuchungen und Verhören unzähliger Personen, die alle für mich aussagten, erfolgt.
Einer meiner langjährigen und, wie ich glaubte, treuesten Mitarbeiter, Rolf Lantin, der zwölf Jahre in meiner Firma als Fotograf tätig war, hatte durch einen Brief an das Oberfinanzpräsidium in Frankfurt a. M. eine neue Beschlagnahme meines Eigentums erreicht. Mein Anwalt erhob sofort Einspruch, und da ich neue Zeu
gen benennen mußte, wurde ich aus Rom zurückgerufen. Für mich war das alles völlig unverständlich. Ich hatte Herrn Lantin in Kitzbühel, bevor die Franzosen kamen, Film- und Fotokameras und mehrere Kisten voll mit Dunkelkammergeräten, Chemikalien und Fotopapieren geliehen. Er hoffte, sich damit in der amerikanischen Zone eine Existenz aufbauen zu können, was ihm offenbar glänzend gelungen war.
Als es uns in den Hungerjahren in Königsfeld so schlecht erging, hatte ich ihn gebeten, mir das geliehene Material zurückzugeben. Ich schilderte ihm unsere Lage und schrieb, ich benötigte dringend Geld für meine Mutter, um Medikamente kaufen zu können. Er antwortete nicht. Statt dessen erschienen in mehreren illustrierten Zeitschriften Bildberichte über «Tiefland». Ich erfuhr, daß Lantin die Fotos dazu unberechtigt und heimlich aus Kitzbühel mitgenommen und an Redaktionen verkauft hatte. Um meine Urheberrechte zu schützen, mußte ich meinen Anwalt einschalten, der das geliehene Material und die «Tiefland»-Fotos zurückforderte. Um dem nicht nachzukommen, ließ er sich zu einer Denunziation hinreißen. Er fragte heuchlerisch beim Oberfinanzpräsidium in Frankfurt a. M. an, ob er verpflichtet wäre, mir das alles zurückgeben zu müssen, da er nicht wisse, ob in meiner Firma Parteigelder steckten. Ihm seien Bedenken gekommen, und er möchte nicht Gefahr laufen, für diese Gegenstände ersatzpflichtig gemacht zu werden.
Er hatte mit seiner Denunziation kein Glück. Nach dem Verhör wichtiger Zeugen, wie Franz Xaver Schwarz, dem ehemaligen Reichsschatzmeister der Partei und verantwortlich für alle finanziellen Angelegenheiten im «Braunen Haus», oder Dr. Max Winkler, dem obersten Chef der «Filmkreditbank», dem die deutsche Filmwirtschaft unterstand, wurde die Beschlagnahme nun endgültig aufgehoben. Dieses Urteil konnte Herr Lantin nicht ignorieren, er mußte das geliehene Material zurückgeben.
Ich aber war um eine bittere Erfahrung reicher.
Das römische Abenteuer
D ie Entscheidung im «Lantin-Prozeß» hatte ich in München nicht abwarten können. Ich sollte schon im Januar, es war das Jahr 1951, mit den Vorarbeiten für «Die roten Teufel» in Cortina beginnen. Mein Vertrag mit der «Capital Pictures» war inzwischen in Rom bei einem Notar rechtskräftig unterzeichnet worden, aber ich hatte, wegen meiner plötzlichen Abberufung nach München, noch kein Honorar erhalten. Signor Panone versprach mir das Geld nach Cortina zu
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