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Memoria

Memoria

Titel: Memoria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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schließlich zurück nach Süden gefahren und war noch vor halb neun am Schreibtisch gewesen.
    Seit er die Leitung des San Diego Field Office übernommen hatte, schaffte er es bestenfalls einmal in der Woche, am Pacific Beach surfen zu gehen. Der hatte zwar den Vorzug, dass er nur acht Straßenblocks von seinem Haus entfernt war, aber der Wellengang dort war unbeständig und die Wellen selten viel mehr als einen Meter hoch. Er begriff immer noch nicht, wie jemand beim FBI es schaffte, neben dem Job eine Familie zu haben und trotzdem noch Zeit für sich selbst zu finden. Als er sich vor drei Jahren von Gillian getrennt hatte – sie war mit ihrer Firma nach Chicago umgezogen, während er entschied, in San Diego zu bleiben –, hatte er wochenlang darüber gegrübelt, ob er seine einzige echte Chance auf eine Familie vertan hatte. Aber je mehr Zeit verging, umso klarer wurde ihm, dass er allein im Grunde glücklicher war.
    Er bog von der Grand Avenue ab, fuhr die drei Straßenblocks zu seinem Haus und lenkte den Chevy Traverse vorsichtig in die Einfahrt. Es war nicht leicht, den Geländewagen durch die enge, ansteigende Auffahrt zu steuern, aber er war geübt darin, und es gelang ihm immer, mit dem Heck des Wagens gerade eben nicht über den Bordstein zu schrammen.
    Er hatte bei Margo’s Mexican Grill haltgemacht, um sich etwas zu essen mitzunehmen, und bei Vons ein Sixpack Corona gekauft. Jetzt nahm er beides aus dem Fußraum vor dem Beifahrersitz. Während er die Tür schloss, ließ er einen raschen Kontrollblick über die Straße schweifen, wie jeden Abend, wenn er nach Hause kam. Alles war normal. Wie immer. Er freute sich darauf, sich vor seinem Festplattenrekorder zu entspannen. Anders als die paar Cops, die er persönlich kannte, nahm er seine Arbeit nie mit nach Hause. Er hatte mitangesehen, wie einer seiner Partner sich mit seiner Besessenheit von einem besonders grausamen und undurchsichtigen Mordfall im Gang-Milieu selbst fertigmachte, aber schon davor hatte Villaverde es sich zur Regel gemacht, im Büro zu arbeiten und zu Hause zu entspannen. Das führte allerdings dazu, dass er manchmal nicht vor drei Uhr morgens aus dem Büro kam und manchmal gar nicht – in einem der Besprechungsräume stand ein recht bequemes Sofa –, aber er schloss immer mit seiner Arbeit ab, bevor er nach Hause fuhr.
    Villaverde schloss die Tür auf, sammelte die Post vom Boden auf, schaltete das Licht ein und ging in die Küche hinüber. Er schraubte eine Bierflasche auf und trank einen langen Zug. Morgen am Black’s Beach würde er einen ganz klaren Kopf bekommen, würde früh an der Arbeit sein, dann die Lockvogel-Operation im Nachrichtenstudio von KGTV draußen am Air Way leiten. Er und Reilly hatten bereits eine Telefonkonferenz mit dem Chefredakteur von Channel 10 geführt. Sie hatten vereinbart, dass Reilly auf Sendung gehen würde, und das Interview würde von sechs Uhr morgens an angekündigt werden, sodass El Brujo reichlich Zeit blieb, seinen Anschlag zu planen.
    Einen Anschlag, den der FBI -Chef zu vereiteln hoffte.
    Ein für alle Mal.
    Es klingelte. Villaverde trank noch einen großen Schluck Bier, stellte die Flasche ab und ging zur Tür. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie zu schließen; die Nacht war kühl, und er liebte es, wenn die Brise ins Haus wehte. Auf der anderen Seite der Insektentür stand ein großer, dunkelhäutiger Mann in einem maßgeschneiderten Anzug. Er hob zögernd die Hand zur Begrüßung und schien verwirrt.
    «Entschuldigung, das hier ist nicht das Haus der Pragers, oder?», fragte der Mann.
    Villaverde griff instinktiv mit der linken Hand nach der Glock in seinem Gürtel, während er mit der rechten die Insektenschutztür öffnete, und stellte sich so, dass seine Waffe von der offenen Tür aus nicht zu sehen war.
    «Die Pragers wohnen nebenan», sagte Villaverde. «Nummer achtundfünfzig.»
    «Oh, tut mir leid.» Der Mann lächelte ihn verlegen an und rieb sich mit seiner sorgfältig manikürten Hand den Dreitagebart.
    Einer Hand mit einem Armband aus Prägeleder. Villaverdes Blick blieb daran hängen, und im selben Moment, als er von der Küche her das leise Klicken der Hintertür hörte, brachte sein Gehirn dieses Armband mit der Videoaufzeichnung aus Deputy Fugates Wagen in Verbindung.
    Er trat einen Schritt zurück und zog seine Pistole, aber noch ehe er zielen konnte, stürzte der Mann sich auf ihn, packte mit beiden Händen seinen linken Arm und versuchte, ihn auf den Rücken

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