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Memoria

Memoria

Titel: Memoria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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einen tiefen Zug.
    «Ich habe heute Morgen mit Stacey gesprochen. Erinnerst du dich noch an Stacey Ross?»
    Der Name kam mir bekannt vor, und gleich darauf fiel es mir wieder ein. Stacey war eine Psychiaterin, die sich auf die Behandlung von Kindern spezialisiert hatte. Tess und sie hatten sich angefreundet, als Stacey Tess’ Tochter Kim behandelte, nachdem die beiden im Metropolitan Museum ein Blutbad miterlebt hatten. An jenem Abend hatten wir uns zum ersten Mal gesehen. Kim war damals neun, und Stacey hatte ihr sehr geholfen, das Erlebte emotional zu verarbeiten.
    «Sie hat mir ein paar Tipps gegeben. Für Alex.»
    «Was hat sie gesagt?»
    «Sie sagte, er wird fünf Phasen durchmachen, wie auch ein Erwachsener es täte. Du weißt schon … Verleugnung, Wut, Verhandeln, Depression, Akzeptanz. Aber sie hat auch gesagt, dass Jungen und Mädchen mit solchen Dingen unterschiedlich umgehen. Er wird sich wahrscheinlich mehr in sich verschließen, als ein Mädchen in seiner Lage es täte. Und es könnte ihn in der Entwicklung etwas zurückwerfen. Das ist es, wobei wir ihm helfen müssen. Über alles zu reden und es nicht in sich hineinzufressen. Aber mit unserer Hilfe wird er es schaffen», sagte sie entschlossen, wobei ihre Augen wieder ein wenig feucht wurden. «Wir werden es gemeinsam schaffen. Und sie ist für uns da, wenn wir sie brauchen.»
    Ich nickte und trank noch einen Schluck. Ich sah Tess an, wie schwer das alles für sie war. Wir hatten in der Vergangenheit über ihre Ängste gesprochen, darüber, wie entsetzlich für sie die Vorstellung war, ihr könnte etwas zustoßen und Kim bliebe allein zurück. Das war ein entscheidender Grund gewesen, weshalb sie dem Ruf der Wildnis den Rücken gekehrt hatte und stattdessen Romane schrieb.
    «Was hat sie noch gesagt, in Bezug auf die akute Situation jetzt?»
    «Nun, er wird natürlich viel weinen. Er wird wahrscheinlich unregelmäßig schlafen und zu ungewohnten Zeiten aufwachen. Vielleicht etwas bettnässen. Abgesehen davon hat sie gesagt, wir sollen nicht lügen – darum habe ich vorhin mit ihm über den Himmel gesprochen. Er muss glauben, dass sie glücklich ist, dass es ihr gut geht, auch wenn sie nicht hier bei ihm sein kann. Stacey hat auch gesagt, wir müssen ihm so viel Beständigkeit wie möglich bieten. Ich nehme an, es kommt nicht in Frage, dass er in Michelles Haus zurückkehrt.»
    Ich schüttelte den Kopf.
    «Ohnehin wäre es nicht gut für ihn, jetzt, wo sie nicht mehr da ist. Aber er braucht ein paar seiner liebsten Dinge um sich, wo auch immer er ist. Übergangsobjekte, so hat sie das genannt. Spielzeug, vielleicht sein Kissen oder seine Decke. Seine Lieblingstasse zum Trinken. Solche Sachen. Vielleicht sogar Michelles Nachthemd oder sonst etwas, das nach ihr riecht. Wäre das okay für dich? Ich könnte Alex fragen, was er vermisst, und morgen hingehen und ihm die Sachen holen.»
    Michelles Haus war noch immer ein Tatort, und mir behagte die Vorstellung nicht, dass Tess sich dort aufhielt, aber ich sah ein, dass es wichtig war. «Klar. Ich fahre morgen mit dir hin.»
    «Wunderbar. Und weißt du, ob Michelle in der Nähe irgendwelche nahen Verwandten hatte, Menschen, bei denen Alex sich wohlfühlte? Vielleicht ihre Mutter oder eine Schwester?»
    Ich berichtete Tess das wenige, was ich über Michelles Familie wusste, und versprach, am nächsten Morgen so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen. Sie beugte sich wieder zu mir herüber und küsste mich, dann legte sie mir eine Hand an die Wange. «Wir werden ihm helfen, wieder glücklich zu werden, Sean. Das verspreche ich dir.»
    Ich nickte ihr zu und lächelte, und sie drückte meinen Arm. Dann ging sie wieder hinauf, um nach Alex zu sehen. Ich blieb allein zurück, ein weiteres Bier in den Händen, und versank wieder in meinen düstersten Gedanken. Bis mein Handy klingelte.
    Es war die Kavallerie.
    Nicht nur das, Villaverde klang geradezu euphorisch.
    Er erkundigte sich nach Alex, aber was sollte ich schon erwidern. Mir war klar, dass es lange dauern würde, ehe ich diese Frage jemals mit einem munteren, beiläufigen «Es geht ihm gut» beantworten könnte. Dann kam Villaverde zum Grund seines Anrufs.
    «Die Ballistik hat eine Übereinstimmung mit der Neun-Millimeter gefunden, die Michelle einem der Eindringlinge abgenommen hat. Erinnern Sie sich noch an die bewaffnete Doppel-Entführung oben in dem Forschungszentrum bei Santa Barbara vor etwa einem halben Jahr?»
    In meiner Erinnerung stiegen vage

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