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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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der ausfahrbaren Treppe. Dalton filmte ihn aus dem Flugzeug heraus von hinten. Applaus brandete auf, ein wahrer Tsunami der Vergötterung. Pater Hieronymus erstarrte, ließ es über sich ergehen. Unzählige Gesichter blickten zu ihm auf. Gracie reckte den Hals, um besser sehen zu können. Menschen, so weit das Auge reichte. Manche trugen Schriftbänder, andere hoben jubelnd die Arme. Rufe, Schreie, Freudentränen – eine Zurschaustellung religiöser Inbrunst, die sich kaum von den Absperrungen aufhalten ließ. Überall standen Fernsehkameras und Übertragungswagen. Der Flugplatz sah mit den übergroßen Satellitenschüsseln aus wie eine SET I-An lage zur Ortung außerirdischer Intelligenz. Am Himmel kreisten mehrere Nachrichtenhubschrauber, aus denen gefilmt wurde.
    Pater Hieronymus schauspielerte nicht, als er erst die eine, dann die andere Hand hob. Eine offene Geste der Demut. Die Menge drehte durch. Klatschen, Schreie, Blicke gen Himmel. Die Leute hofften, das Wunder mit eigenen Augen zu sehen. Vater Hieronymus legte leicht den Kopf inden Nacken und warf einen Blick nach oben. Er sah zu Bruder Amin und zu Gracie. Dann stieg er die Stufen hinab und ließ sich von Reverend Darby umarmen.
    Gracie und Dalton folgten ihm, hielten diskret Abstand.
    «Kriegt ihr das?», fragte sie Roxberry.
    «Aber ja doch.» Seine Stimme knisterte in ihrem Ohrstöpsel. «Macht einfach.»
    Sie sah zu, wie Darby die Hand des Priesters mit seinen Händen fest umschloss und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Der Priester schien überrascht und nickte dann zögernd, als wolle er nicht unhöflich sein.
    Der Reverend wandte sich zum Publikum und bat mit einer Geste um Ruhe. Es dauerte einige Sekunden, bis sich die Menge beruhigt hatte, dann trat eine unheimliche Stille ein. Eine Mischung aus Vorahnung und Erwartung. Einer von Darbys Mitarbeitern reichte ihm ein Mikrophon, und er begrüßte die Menge.
    «Meine christlichen Brüder und Schwestern. Ich grüße euch im Namen unseres Herrn Jesus Christus und danke euch, dass ihr hier erschienen seid, um einen ganz besonderen Gast willkommen zu heißen: Pater Hieronymus.» Er zog das «ie» in Hieronymus in die Länge wie ein Ansager bei einem Boxkampf, und die Menge reagierte mit lautem Jubel.
    «Wie wir alle wissen, ist morgen ein ganz besonderer Tag. Weihnachten – eine feierliche Zeit für uns alle, doch gerade in diesem Jahr auch eine Zeit der Einkehr, eine Zeit, in der wir demütig unsere Köpfe senken und nachsinnen. Nachsinnen über die schweren Zeiten, die uns allen so viel abfordern. Nachsinnen darüber, was wir hätten tun können, umdie Lage zu verbessern, und was uns die Zukunft bringen wird. Bis vor ein paar Tagen war ich besorgt. Ich war beunruhigt. Ich war verzweifelt. Es fiel mir schwer, Hoffnung zu verspüren. Und wie viele unter euch habe ich gebetet. Ich habe zu Gott gebetet, dass er unsere Nation verschont. Sie verschont mit seinem Urteil, das wir gewiss verdienen – für unsere vielen Vergehen, wie das Töten von Millionen ungeborener Kinder. Ich habe zu Gott gebetet, dass er Gnade walten lässt, damit wir für unsere Sünden keinen Mühlstein um den Hals tragen müssen. Weil wir unseren Wissenschaftlern erlauben, mit Stammzellen und Teilchenbeschleunigern zu experimentieren. Weil wir zulassen, dass unsere Kinder von den perversen Anarchisten ausgebeutet werden, die das Bildungswesen und Hollywood kontrollieren. Weil wir hinnehmen, dass es Leute gibt, die das Weihnachtsfest abschaffen wollen. Und wenn eine große Nation wie die unsere solch schwere Zeiten durchmachen muss, wenn eine große Nation wie die unsere in die Knie gehen muss, dann gibt es nur eine angemessene, nur eine natürliche und spirituelle Weise, als gute Christen zu handeln: Gott anflehen. Gott anflehen, uns zu führen und zu erwecken.» Er machte eine Pause. Die Menge war still. Nur vereinzelt rief jemand «Amen» oder «Lobet den Herrn». Dann holte Darby tief Luft und schenkte der Menge ein aufmunterndes Lächeln.
    «Tja, und was soll ich sagen? Ich glaube, Gott hat unsere Gebete erhört!», brüllte er hinaus, und die Menge antwortete mit einem vielfachen «Halleluja» und «Amen». «Ich weiß, dass Gott unsere Gebete erhört hat! Und ich glaube, erwirft uns eine Rettungsleine zu. Eine Rettungsleine, die uns hilft, eine Nation und eine Welt zu führen, die kurz vor dem moralischen Zusammenbruch und vielleicht sogar kurz vor dem dritten Weltkrieg steht. Eine Rettungsleine in Form eines frommen, zutiefst

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