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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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genutzter Flugplatz. Einzelne private Flugdienste waren zwar vertreten, von großen Fluglinien wurde er aber nicht angeflogen. Es gab nicht einmal ein Terminal. Er bestand nur aus einigen Start- und Landebahnen sowie einer Reihe unterschiedlicher Hangars, die der Küstenwache, der NASA und der Texas Air National Guard gehörten. In Letzterer hatte während des Vietnamkriegs ja bekanntermaßen George W.   Bush gedient – allzeit bereit, einen Angriff des Vietcong auf Houston zu vereiteln. Und zum anderen ließen sich hier die Menschenmengen leichter lenken; der Flugplatz wurde häufig für Veranstaltungen genutzt, nicht zuletzt alljährlich für die Flugschau
Wings Over Houston
.
    Trotzdem hätte Gracie darauf gewettet, dass man so etwas hier noch nie gesehen hatte.
    Der Jet landete sauber und beschrieb am Ende der Landebahn einen Bogen nach links. Er rollte noch etwa hundert Meter weiter und blieb vor einem großen offenen Hangar stehen. Nahebei stand ein zweimotoriger Hubschrauber, daneben zwei Männer. Der Pilot schaltete die Triebwerke der Gulfstream ab. Als das Heulen nachließ, war von draußen etwas zu hören: eine geisterhafte Woge des Beifalls, laut genug, um gegen die Kabinenventilatoren und die Dreifachfenster anzukommen.
    Gracie sah Pater Hieronymus an. Er wirkte ängstlich undverkrampft, und sein Gesicht glänzte schweißnass. Sie legte ihre Hand auf seine und lächelte ihn aufmunternd an.
    «Machen Sie sich keine Sorgen. Die wollen Sie willkommen heißen.»
    Er nickte.
    Angesichts seines Gesichtsausdrucks überkam Gracie das gleiche Unbehagen wie schon auf dem Dach des Festungsturms, und sie fragte sich, warum sie keinerlei Erleichterung verspürte, sich wieder auf sicherem Boden zu befinden. Sie sah sich nach Dalton um. Er machte gerade seine Kamera und die Satellitenschüssel für die Liveschaltung fertig.
    «Bist du bereit?», fragte er.
    Sie lächelte unsicher. «Nein.»
     
    Nelson Darby wartete neben dem leeren Rollfeld und genoss den Lärm der Schaulustigen. Er war große Menschenmengen gewöhnt. In seiner Megakirche wurden jeden Sonntag über zehntausend Gläubige empfangen, bei besonderen Anlässen sogar fünfzehntausend. Aber das hier war etwas anderes. Normalerweise war er derjenige, der die flammenden Reden hielt. Der Katalysator. Seine Energie sprang auf die Menge über, und sie antwortete, wenn er es verlangte. Die Rolle des passiven Beobachters lag ihm weniger. Immerhin brachten sich die Menschen hinter den Absperrungen am Rand des Flugplatzes selbst in Stimmung. Sie klatschten und jubelten, als ob sie Bono eine Zugabe entlocken wollten. Links sang eine große Gruppe «I’ve Been Redeemed» undschunkelte dazu. Dabei war Pater Hieronymus noch nicht einmal ausgestiegen.
    Links neben ihm stand steif der Gouverneur. Darby schenkte dem grauhaarigen Politiker ein möglichst aufrichtiges Lächeln und schaute dann nach rechts. Roy Buscema nickte ihm feierlich zu.
    Darby lehnte sich zu ihm herüber und flüsterte: «Das war schlau von Ihnen.»
    Buscema nickte und fixierte die Kabinentür des Flugzeugs, die sich gerade öffnete.
    Die Menge schrie auf. Die Stufen klappten heraus, und drei von Darbys Männern rollten einen roten Teppich für Pater Hieronymus aus.
    Ohne einen seiner Gäste mitzunehmen, ging Reverend Darby zum Flugzeug hinüber, winkte der Menge huldvoll zu und schenkte ihr das allseits bekannte Darby-Strahlen. Die Absperrungen der Polizei schienen kaum standzuhalten, als sich die Menge dagegenpresste und den Pfarrer, der sich vor den Stufen positionierte, lauthals begrüßte. Der Gouverneur folgte ihm und ahmte seinen Gruß an die Menge nach. Nur hatte er den richtigen Moment verpasst, die gewünschte Reaktion blieb aus.
     
    Im Flugzeuginneren glättete Pater Hieronymus seine Soutane und trottete nach vorn. Er wirkte verloren, ein Fremder in einem fremden Land. Er wandte sich mit ängstlichem Blick zu Gracie um. Bruder Amin trat zu ihm und umfasste seine Hand mit beiden Händen.
    «Es wird alles gutgehen.»
    Pater Hieronymus atmete tief durch, richtete sich auf und nickte Gracie entschlossen zu.
    Sie zeigte auf Daltons Kamera und fragte: «Ist es in Ordnung, wenn wir jetzt drehen?» Bruder Amin musterte Pater Hieronymus und nickte ihr zu. Sie rückte ihren Ohrstöpsel zurecht, hob ihr Blackberry an den Mund und sagte Roxberry Bescheid. Sie gingen live auf Sendung, wie geplant.
    Pater Hieronymus zog den Kopf ein und trat durch die niedrige Kabinentür hinaus auf die oberste Stufe

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