Menetekel
mussten Bellinger überwacht haben. Vielleicht sogar sein Telefon. Wie hatte er das nur übersehen können, natürlich wussten sie von Bellingers Anruf. Und wenn es hier tatsächlich um Danny ging, kannten sie seinen Namen ohnehin schon.
Und ganz offensichtlich hatten sie jetzt ein Problem mit ihm.
Na, prächtig.
Er suchte mit den Augen die nähere Umgebung ab, konnte aber nichts Verdächtiges entdecken. Sicher lauerten sie in der Nähe seiner Werkstatt. Er versetzte sich in ihre Lage und war sich sicher, dass sie das perfekte Versteck gefunden hatten, es lag ein Stück außer Sicht und war ideal für einen Hinterhalt.
Arschlöcher. Wie können die bloß so dermaßen schnell reagieren?
Er war vor höchstens einer Stunde aus ihrem Lieferwagen gesprungen.
Die waren allerbestens ausgerüstet.
Was ihm auch nicht viel weiterhalf.
Er machte den Motor aus, klappte den Kragen seiner Wolljacke hoch und stieg aus, achtete auf verdächtige Bewegungen. Mit ein paar schnellen Schritten war er am Laden und unter der Markise, wo er sich noch einmal rasch umsah.
Nichts.
Nur die Reifenspuren, die am Laden vorbei in seine Straße führten und in der Dunkelheit verschwanden. Als wollten sie ihn verhöhnen.
Als er eintrat, löste er ein zweistimmiges Läuten aus. Sanjay, der nette Kerl, dem der Laden gehörte, sah vom Hot-Dog-Grill auf, den er gerade neu befüllte.
«Hey, Matt», begrüßte Sanjay ihn lächelnd, und als er den Schnee in seinen Haaren bemerkte: «Kommt ganz schön was runter, hm?»
Matt nickte knapp, während er sich noch einmal umsah, ob sie auch wirklich allein waren. Sein Verstand arbeitete fieberhaft. «Und wie», antwortete er einen Moment zu spät. «Sanjay, ich muss unbedingt hinten raus.»
Offenbar fiel Sanjay Matts sonstige Verfassung erst jetztauf, er runzelte die Stirn und starrte ihn an. «Okay. Was immer du brauchst, Matt.» Sie kannten einander, seit Matt die Werkstatt übernommen hatte. Er kaufte regelmäßig hier ein, und sie waren gute Nachbarn.
Sanjay führte ihn zur Hintertür und schloss auf.
Auf der Schwelle drehte Matt sich noch einmal um. «Schließ nicht sofort wieder ab, ja? Ich bin gleich zurück.»
Sanjay nickte zögernd. «Gut.» Er sah kurz zu Boden, dann wieder Matt an. «Ist wirklich alles okay?»
«Eher nicht.» Damit schlüpfte er nach draußen.
Nirgendwo waren Autos zu sehen. Geduckt lief er an der Mauer im Hinterhof entlang Richtung Werkstatt, vorbei an Sanjays Wagen und den Mülltonnen. Das Licht des Ladens reichte nicht sehr weit, und bald blieb ihm nur noch der diffuse Mondschein, um sich zu orientieren. Matt huschte in die Deckung einiger Bäume hinüber, dann weiter zu dem Flachbau, in dem eine kleine Kanzlei angesiedelt war. Wie erwartet standen auch dort nirgendwo Autos. Bei jedem Schritt brannten sein linkes Bein und die Hüfte. So schnell es ging, humpelte er die Rückwand des Gebäudes entlang.
Am Ende der Mauer duckte er sich und riskierte einen Blick um die Ecke. Und richtig gedacht: Auf einem der Kanzleiparkplätze, von der Straße aus schlecht einsehbar, stand ein dunkler Chrysler 300 C, keine zwanzig Meter vom Eingang zur Werkstatt entfernt. Im Wagen waren gerade eben zwei Umrisse auszumachen.
Entweder die beiden waren verdammt scharf auf eine Rechtsberatung und kamen acht Stunden zu früh zu ihrem Anwaltstermin. Oder sie warteten auf ihn.
Matt ging wieder in Deckung. Sein erster Impuls war es, auf sie einzuschlagen. Noch vor ein paar Jahren hätte er das vielleicht sogar getan. Jetzt aber rang er sich zu der Einsicht durch, dass es ein riskanter Spielzug wäre. Ihm tat alles weh, und sein linkes Bein würde ihn nicht mehr lange tragen. Bei einem Kampf hätte er keine Chance, so viel war klar.
Einen Moment lang dachte er daran, die Cops zu rufen, aber auch diese Idee verwarf er. Er hatte ihnen damals nicht über den Weg getraut und traute ihnen heute erst recht nicht. Auf Cops war nur in einer Hinsicht Verlass: dass sein Wort im Zweifel keinen Cent wert war, besonders, wenn es sie selbst betraf. Hinter den Typen in dem Chrysler stand anscheinend eine mächtig beeindruckende Organisation – offensichtlich hatten sie gute Verbindungen. Er dagegen hatte bloß ein Vorstrafenregister, mit dem man eine Druckerpatrone leer schreiben konnte.
Ihm kam eine zweite, bessere Idee. Er prüfte sie auf Schwachstellen und kam zu dem Schluss, dass es das Beste war, was er tun konnte. Seine einzige Option, genau genommen. Er sah noch einmal vorsichtig zu dem
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