Mensch, Martha!: Kriminalroman
welcher
Telefonnummer du mich im Büro erreichen kannst. Auf die Rückseite
notiere ich dir meine private Adresse und die Handynummer. Wenn du
nochmals mit mir reden willst, kannst du mich jederzeit anrufen.«
Corinna steckt die Karte in die
Hosentasche und reicht Martha die Hand. »Ich will eigentlich gar
nicht Schauspielerin werden. Lieber Tierärztin.«
Martha hält die kleine
Kinderhand. Sie würde das Mädchen auf höchstens zehn schätzen,
wüsste sie sein Alter nicht. Corinna rührt Martha an einem Punkt
an, an dem sie nicht angerührt werden will. Spätestens seit dem
Reinfall mit Nicole Scherbaum nicht mehr.
Verdammt, zwischen dir und
mir ist kein Schreibtisch gestanden.
»Sagen Sie bitte nichts zu
Sabrina.«
Sag bitte du nichts zu
Sabrina. »Auf Wiedersehen
Corinna. Ruf mich an.« Corinna schlüpft durch die Tür.
»Thomas! Hast du zugehört?«
Er steht schwerfällig auf.
»Martha, mir ist schlecht. Lass uns gehen. Schnell.«
Sie drückt Thomas auf den
Stuhl zurück. »Wir brauchen die Adresse der Mutter. Halte
noch eine Minute durch!«
Die Erzieherin deckt mit drei
Kindern den Tisch. »Bitte geben sie mir die Adresse von Frau
Färber.« Seelenruhig hantiert sie weiter mit Messern und Gabeln.
»Meinen Sie die Mutter der Färber-Mädchen?« fragt sie nach
einer kurzen Pause.
»Ja, wen denn sonst? Herrgott
noch mal!«
»Die heißt aber Wolf.« Sie
rückt zwei Teller zurecht.
»Es ist mir wurscht, wie sie
heißt. Ich brauche ganz einfach ihre Adresse!« sagt Martha leicht
aufgebracht und stellt sich ihr in den Weg.
»Ich weiß aber gar nicht, ob
ich sie rausgeben darf.«
»Sie
dürfen. Sonst habe ich Sie am Wickel. Behinderung von
polizeilicher Ermittlungsarbeit!« Martha verleiht ihren
Worten Nachdruck, indem sie mit der flachen Hand auf den Tisch
schlägt. Die Geschirrteile scheppern. Ein kleiner Junge schaut
Martha erschrocken an. Sorry!
Die Erzieherin bewegt sich im
Bummelstreiktempo in ihr Büro und sucht in einem Karteikasten die
entsprechende Karteikarte. Thomas sitzt nach vorne gebeugt und
keucht in seinen Mantelkragen.
»Die Karte dürfen Sie aber
nicht mitnehmen«, protestiert die Erzieherin als Martha sie
einfach einstecken will. Thomas holt einen Notizblock aus der
Manteltasche und reicht ihn Martha. Sie notiert die Adresse. Dann
zieht sie Thomas vom Stuhl hoch. Er stolpert über die Schwelle und
rempelt dabei Martha an.
»Mensch, Thomas! Was ist denn
los mit dir?«
»Irgendwie gehören meine
Gliedmaßen nicht mehr zu mir. Meine Augen flimmern.«
Martha zieht seinen Arm um ihre
Schulter und bringt ihn so zum Auto.
»Ich hab heute noch nichts
gegessen. Nur die Tabletten.«
»Gib mir den Wagenschlüssel.«
Sie
bugsiert ihn auf den Beifahrersitz und setzt sich hinter das Steuer.
Sie findet den Hebel nicht auf Anhieb, mit dem sich der Sitz nach
vorne rutschen lässt. Da Martha sich oft verfährt und in
Stresssituationen links und rechts verwechselt, sind
normalerweise die Rollen zwischen Thomas und ihr anders verteilt.
»Ich fahre in die Nussecke .
Da isst und trinkst du erst einmal was!«
Thomas lehnt sich zurück und
schließt die Augen. Seine Hand sucht vergeblich den Verschluss des
Sicherheitsgurtes und Martha ist ihm behilflich. »Martha, wir müssen
das so schnell wie möglich weitergeben!«
»Ich weiß. Aber du brauchst
was in den Magen. Bevor du restlos zusammenklappst. Auf eine halbe
Stunde wird es nicht ankommen!«
»Ich kann nichts beißen.«
Sie
stellt den Wagen im Halteverbot ab. Thomas steigt aus, hält sich an
der geöffneten Wagentüre fest und übergibt sich. Das
Vertrauen des Bürgers in die Polizei wäre erschüttert.
Martha schiebt Thomas in das
Lokal und setzt ihn an einen Ecktisch.
»Hi!« ruft Ella vergnügt.
»Heute wieder Schnaps?« Sie wirft einen Seitenblick auf Thomas.
»Oder hattet ihr schon?«
»Hast du Suppe?«
»Suppe?« Ella runzelt die
Stirn. »Ja, natürlich hab ich Suppe! Gulaschsuppe,
Zwiebelsuppe.«
»Einmal Gulaschsuppe,
Kamillentee, zwei große Wasser.«
»Ihr hattet wohl keinen guten
Tag heute, oder?«
»Nein.«
»Sieht man euch an. Vor allem
ihm.«
Thomas drückt die letzten zwei
Tabletten aus der Folie. »Da ist was dran! Das Schwein dreht Pornos
mit den Mädchen«, sagt er mehr zu sich selbst als zu Martha. Seine
Augen sind rot wie nach einem Besuch im Hallenbad.
»Was nimmst du denn da für
Zeugs?« Martha holt den Waschzettel aus der Schachtel.
»Bist du irre? Hier steht:
Innerhalb von zwölf Stunden dürfen bis zu vier
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