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Mensch, Martha!: Kriminalroman

Mensch, Martha!: Kriminalroman

Titel: Mensch, Martha!: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klöck
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Mal, wenn du Luft geholt hast,
erreicht sie eine Haltestelle. Du gibst das Signal zur Weiterfahrt.
Ruhig, gleichmäßig. Die U-Bahn soll keine Verspätung haben.
Rebekka gibt das Signal zur Weiterfahrt, aber die U-Bahn ruckelt nur
mühsam vorwärts.
    »Was ist mir dir?« fragt
Claus Zeller und beugt sich zu ihr hinab.
    Rebekka schließt die Augen
weil sie ihn nicht sehen will. Sie will und kann nicht antworten.
    »Scheiße!« Er stellt den
Saftbecher am Boden ab und läuft die Treppe nach unten. Die Tür
lässt er offen.
    »Der geht’s nicht gut! Die
röchelt, als würde ihr was im Hals stecken!«
    »Was hast du uns da bloß
eingebrockt, du Arschloch!« tobt Frank Zeller. »Mach gefälligst
etwas! Wenn die uns hier krepiert, wird es verdammt eng für uns!«
    »Ich hole einen Arzt.«
    »Einen Arzt? Wie soll das
gehen? Arzt auf Hausbesuch! Hier? Du willst wohl vorbauen? Wenn alles
aus dem Ruder läuft, bist du der mit dem goldenen Herzen!«
    Claus geht nicht darauf ein.
»In der Kebab-Bude hast du doch erzählt, dass deine Corinna
was von einem Kinderarzt gequasselt hat. Wie hieß der?«
    »Was weiß ich! Irgendwas mit Rad .«
    Claus
findet die Adresse im Internet. Er sieht nochmals nach
Rebekka. Sie liegt am Boden und atmet schwer. Der Saftbecher ist
umgestoßen. Sie hat nicht einmal gemerkt, dass die Türe offen
stand. Sie wäre auch nicht mehr imstande gewesen wegzulaufen.
    Die Haustür ist abgeschlossen, wie es sich
gehört. Martha drückt auf den Türöffner und sieht das Treppenhaus
hinunter. Thomas nimmt drei Stufen mit einem Schritt.
    »Mensch, Martha!« Er nimmt
sie in die Arme. »Sie ist nicht bei deinen Eltern.«
    »Ich weiß.«
    »Hast du bei ihren Freundinnen
angerufen?«
    »Nein. Komm herein«, sagt sie
mit brüchiger Stimme.
    Er folgt ihr ins Wohnzimmer.
    »Setz dich hin!« Sie drückt
auf den Knopf des Anrufbeantworters.
    »Frau Oberkommissarin, hör
gut zu. Deine Tochter ist bei mir. Es geht ihr gut. Ich krieg von dir
den Briefumschlag. Außerdem sorgst du dafür, dass die Akte im
Schredder landet. Deine Kollegen hältst du schön raus. Ich melde
mich wieder.«
    »Mein Gott!« stöhnt Thomas.
Er zieht Martha neben sich auf das Sofa und legt den Arm um sie.
Martha weint. »Wenn Rebekka etwas zustößt ...«
    »Ihr wird nichts passieren«,
sagt Thomas und merkt sofort, wie platt dieser Satz ist. Er würde
gerne etwas hinzufügen, das Martha wirklich tröstet, aber es fällt
ihm nichts ein.
    Auf dem Tisch liegen
Zigaretten. Er nimmt eine aus der Schachtel, steckt sie zwischen
seine Lippen, zündet sie an und reicht sie Martha. Sie wischt sich
die Augen mit einem Papiertaschentuch trocken und nimmt die
Zigarette.
    »Martha, was ist das für ein
Briefumschlag?«
    Ihre Tränen kommen zurück.
Sie schlägt die Hände vor’s Gesicht. »Thomas, ich weiß es
nicht! In der Diele liegt die Post. Rechnungen, Werbung, eine
Ansichtskarte!«
    Die Zigarettenglut schmort ihre
Haare an. Thomas bringt die Zigarette in einen anderen Winkel.
    »Und welche Akte soll im
Schredder landen?«
    Martha fährt sich mit zehn
Fingern durch die Haare. »Ich denke die, an der ich arbeite. An der
wir arbeiten.«
    »Aber das macht den Kreis doch
sehr eng! Martha sollen wir ...«
    »Nein. Keine Kollegen! Ich
möchte es so machen, wie er es verlangt!«
    Thomas ist anderer Meinung,
aber er will ihr jetzt nicht widersprechen. Er hofft auf den
zweiten Anruf. Vielleicht ergibt sich etwas, das Martha
umstimmt.
    Martha inhaliert tief. Sie
fixiert einen Punkt auf der Tischplatte. Es ist ein kleiner Kratzer,
den Rebekka mit der Bastelschere verursacht hat. Sie hat sie
geschimpft deswegen. Sie streicht mit dem Mittelfinger darüber.
    »Weißt du, was das Letzte
war, das ich heute Morgen zu Rebekka gesagt habe?«
    Thomas schüttelt den Kopf.
    »Ich habe sie ermahnt. Ich hab
sie ermahnt, sich ordentlich zu benehmen!«
    Thomas streicht eine
Haarsträhne hinter ihr Ohr. »Weil du eine gute Mutter bist!«
    Martha hat ihrer Verzweiflung
nichts mehr entgegenzusetzen. Sie lässt sich auf dem Sofa umfallen
und schluchzt laut in ihre Hände.

–17–
    An der Tür sind zwei Klingelknöpfe: M.
Radspieler und Praxis
Dr. M. Radspieler.
    Claus Zeller drückt beide
gleichzeitig. Es kommt ihm wie eine Ewigkeit vor, bis jemand an der
Tür erscheint.
    »Ja bitte?« fragt Radspieler.
    »Sind Sie der Kinderarzt? Ich
brauche Sie.«
    Radspieler runzelt die Stirn.
»Inwiefern?« Letztes Jahr an Heiligabend hatte ein
evangelischer Pfarrer bei ihm geklingelt. Er brauchte

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