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Mensch, Martha!: Kriminalroman

Mensch, Martha!: Kriminalroman

Titel: Mensch, Martha!: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klöck
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Bärchenanhänger. »Rebekka!« ruft
sie. »Rebekka! Spielst du mir einen Streich? Hast du dich versteckt?
Komm sofort heraus. Mir ist nicht nach einem Spiel!«
    Marthas Herz galoppiert. Sie
stößt die Tür zum Kinderzimmer auf. Am Boden steht die
Schultasche, daneben liegen die neue Jacke und die Mütze. »Rebekka!«
schreit Martha und hat längst begriffen, dass Rebekka nicht hier
ist. Kein Spiel. Kein Streich . Sie spürt es, kann es aber
nicht fassen. Rebekka, wo steckst du?
    Martha stürmt aus der Wohnung
und rennt die Treppen hinunter. Sie klingelt und klopft bei Frau
Kaufmann. Ihre Hoffnung zerschlägt sich schnell. Frau Kaufmann
ist nicht da. Martha glaubt sich zu erinnern, dass sie montags zum
Seniorenturnen geht.
    Martha ruft Thomas an. Ihre Stimme ist so flach,
dass er sofort fragt: »Martha, was ist nicht in Ordnung?« Sie lässt
sich mit dem Rücken an Rebekkas Kleiderschrank entlang nach unten
gleiten und setzt sich auf den Boden.
    »Rebekka ist weg.«
    »Was heißt das?«
    Sie erzählt vom Schlüssel,
der Schultasche und der Jacke. Sie bemüht sich, auch das andere
plausibel zu schildern . In meiner Wohnung stimmt etwas nicht.
    »Was stimmt nicht?«
    »Mein Gefühl in meiner
Wohnung stimmt nicht.«
    »Hm.«
    »Thomas?«
    »Bei deinen Eltern ist sie
nicht? Hast du da schon angerufen?«
    »Hab ich nicht. Weil ich weiß,
dass sie nicht dort ist.«
    »Freundinnen?«
    »Thomas, sie war hier. Und ist
weg. Ich weiß, dass sie nicht einfach wieder weggegangen ist.
Ich weiß es einfach. Nicht nur wegen der Jacke, die sie sicher
angezogen hätte. Ich weiß es, weil ... hier irgendetwas nicht
stimmt.« Sie blickt sich im Kinderzimmer um, als könnte sie etwas
Konkretes entdecken, das auch Thomas verstehen würde. Gleichzeitig
ist ihr klar, dass es nichts Derartiges zu entdecken gibt. Der
Akku macht schlapp, das Telefon signalisiert es mit einem schrillen
Ton, der Martha zusammenfahren lässt.
    »Bitte, bitte Thomas, glaub es
mir.«
    »Ich komme zu dir.«
    »Kannst du? Ich meine mit
deinem Zahn?«
    »Ich kann. Aber jetzt pass auf
und mach, was ich dir sage. Rufe ihre Freundinnen an. Das macht man
so. Deine Eltern übernehme ich. Ich tu so, als würde ich dich
suchen.«
    »Danke.«
    »Spätestens in einer halben
Stunde bin ich da.«
    Martha geht ins Wohnzimmer und
steckt das Telefon in die Ladestation. Erst jetzt bemerkt sie,
dass das Lämpchen am Anrufbeantworter blinkt.
    Rebekka ist in ein Zimmer eingeschlossen, das
früher einmal das Büro einer kleinen Buchbinderei gewesen war,
bevor der Betrieb vor zwei Jahren aufgegeben wurde. Zwei alte
Schreibtische und ein Aktenschrank erinnern noch daran. An
der Decke brennt eine Neonröhre, die ebenfalls aus der Zeit
stammt, als hier noch Bürobetrieb herrschte. Ansonsten ist der Raum
mit einem fleckigen Sofa, drei Sesseln und einem niedrigen Tisch
möbliert. Die Polstermöbel riechen wie die Sachen, die Rebekkas
Uroma in ihrem Keller aufbewahrt. Rebekka hat sich in eine
Ecke gekauert, weil sie sich vor dem Sofa und den Sesseln ekelt. Sie
weint in das rote Nickituch. Das Atemholen fällt ihr schwer.
    »Was soll das mit der kleinen Ratte?« schreit
Frank seinen Bruder in der stillgelegten Werkstatt an, die in
einen Wohnraum umgestaltet worden ist. Er ist ausgestattet mit einer
Sitzgarnitur, wie sie vor dreißig Jahren modern gewesen ist, und
einem Couchtisch, dessen Glasplatte blind vor Schmutz ist. Ein
Arbeitstisch wurde umfunktioniert zum Fernsehtisch, auf
einem anderen steht ein Computer mit Flachbildschirm. Fernseher und
Computer wirken wie Fremdkörper in diesem großen Raum mit den
zusammengewürfelten Möbelstücken. »Du bringst uns in
Teufels Küche!« tobt Frank.
    Claus ist selber nicht
glücklich über den Verlauf der Dinge. »Sobald die Alte uns
die Bilder übergeben hat, lassen wir ihre Kröte laufen. Und
dann verschwinden wir.«
    »Warum nicht gleich? Die hat
die Bilder längst gesehen. Wahrscheinlich gibt es schon
einen Haftbefehl gegen mich. Und wir haben ihr Kind am Hals! Die
Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter hättest du dir sparen können!«
    »Jetzt warte erst mal ab. Hier
findet uns sowieso keiner. Ich bringe der Kleinen was zu
trinken. Und wenn alles schief geht, soll die nicht auch noch sagen,
wir hätten sie schlecht behandelt.«
    Rebekka kann nicht mehr richtig ausatmen. Sie hat
sich auf den Boden gelegt. Sie keucht und versucht verzweifelt, das
zu beherzigen, was ihr Doktor Richter beigebracht hat: Stell dir
die Atemluft als U-Bahn vor. Jedes

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