Menschen im Mond
ist. Sie haben hoffentlich nichts dagegen, wenn ich hinauffahre und mit Mrs. Stimson spreche?“
„Einige Fragen zuvor“, sagte Dooley auf eine Kopfbewegung seines Vorgesetzten hin. „Wer sind Sie, und in welchen Beziehungen standen Sie zu Stimson?“
Nicholas Gorman schwieg, während seine Augen über die beiden Männer glitten. Nach einer Weile sagte er überrascht konzentriert und trocken:
„Ach so? Die Herren vom Geheimdienst. Wenn ich nicht irre, vergaßen Sie, sich vorzustellen. Ich war mit John Stimson befreundet, und er bat mich, ihn heute abend zu besuchen, aber für Sie ist es wohl wichtiger, daß ich einen Ausweis besitze. Übrigens bin ich mit General Forby befreundet. Er wird sich für meine Erfahrungen mit seinen Untergebenen zweifellos interessieren.“
Oberst Chase blickte in den grünen Ausweis hinein, den ihm Gorman hinhielt, gab ihn aber hastig zurück. Philip Dooley schluckte und stellte sich straffer hin. General Forby war immerhin ein hohes Tier in Washington. Und dieser Gorman war nicht so ganz aus der Welt, wie er aussah. Er wußte im Mindestfalle, worauf es ankam.
„Verzeihung“, schnaufte Oberst Chase. „Oberst Chase. Das ist Leutnant Dooley. Ich brauche wohl nicht zu betonen, daß es uns fern lag, Sie zu brüskieren. Es liegt völlig bei Ihnen, ob Sie uns einige Informationen geben wollen. Selbstverständlich haben wir auch nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie mit Mrs. Stimson sprechen wollen. Wir befanden uns selbst eben auf dem Weg zu ihr. Schließlich wissen wir bisher noch nichts, als daß dieser Stimson aus dem Fenster sprang und daß er Co-Pilot und Beobachter bei der Staffel II war.“
„Ja, ja“, nickte Gorman geistesabwesend. „Kommen Sie mit.“
Er drehte ab und ging hastig in das Hochhaus – eines der Wohnhotels für die Angestellten von Obtown – hinein, ohne sich um die beiden Beamten zu kümmern. Sie folgten ihm. Im Fahrstuhl begann Gorman:
„John Stimson taugte weder als Co-Pilot noch als Beobachter viel. Dafür war er ein hervorragender Photograph. Sie wissen ja wohl, daß schon fast ein Genie dazu gehört, um aus dem Raum brauchbare Aufnahmen nach Haus zu bringen. Dazu gehört viel Fachwissen, viel Erfahrung und eine angeborene Begabung. Stimson besaß alles zusammen.“
Er schwieg kurze Zeit, als widme er ihm einen Nachruf, dann fuhr er fort:
„Ich arbeite in der Abteilung I. Mein Spezialgebiet ist der Mond. Es hat mich viel Mühe gekostet, Stimson zu bekommen. Er war eine Woche lang am Mond und hat versucht, meinen Anweisungen nachzukommen. Gestern ist er wieder gelandet. Heute rief er mich gegen Abend an. Er sagte, er hätte ein paar Aufnahmen vom Mare Monroe, die mich interessieren würden. Deshalb kam ich her.“
„Mare Monroe?“ fragte Oberst Chase tastend. „Gilt die Monroe-Doktrin auch für den Mond?“
Die blassen Lippen Gormans zuckten.
„Nicht die Monroe-Doktrin, Oberst. Diese jungen Leute, die damals als erste die Rückseite des Mondes mit ihren eigenen Augen sahen, tauften an Hand ihrer Ideale, deren Bilder sie in ihren Brieftaschen und Schränken hatten. Der Mensch neigt nun einmal dazu, sich an seine Ideale zu halten – solange sie noch nicht verfettet sind. Das gilt für die Menschen wie für die Ideale.“
Philip Dooley haßte die Art, in der Gorman von Idealen sprach und stieß vorsichtig, aber ohne Sympathie vor.
„Eine Frage bitte, Mr. Gorman. War es zulässig, daß Stimson dienstliches Material mit in seine Wohnung nahm?“
„Ja. Erstens besaß er meine Erlaubnis, und zweitens unterliegen Mondaufnahmen schon seit Jahren nicht mehr der Geheimhaltung. Sie sollten das wissen.“
„Ich erinnere mich“, bestätigte Philip Dooley kühl. „Welche Bewandtnis hat es mit diesen Aufnahmen vom Mare Monroe?“
Nicholas Gorman hob die Lider und blickte ihn aus tiefliegenden Augen an. Er wußte, daß dieser Leutnant nicht sein Freund war. Er akzeptierte es. Dieser schneidige junge Eiszapfen war nicht Nachwuchs, sondern Zukunft. Generationen hatten schon darauf hingearbeitet. Einige Modelle hatten eingestampft werden müssen, aber nicht deshalb, weil sie den Typ nicht getroffen hatten. Sie hatten ihn nur zu früh getroffen.
„Ich weiß es nicht, Leutnant“, sagte er freundlicher als bisher. „Ich denke mir einiges, aber dafür ist die Zeit zu knapp. Vielleicht sollten wir zunächst versuchen, festzustellen, warum John Stimson aus dem Fenster sprang.“
„Sicher“, gab Dooley reserviert zu. „Zwei Gründe habe ich
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