Menschen im Mond
Besitzers“, grinste Bill Brown, erschrak aber, als er einen funkelnden Stein in der Hand von Digges entdeckte. „Mann, lassen Sie den Unfug! Die Leute könnten es übelnehmen, wenn Sie einfach Steine herausbrechen. Aber wenn schon – nehmen Sie Ihren Taschenspiegel. Diamant ritzt Glas.“
„Gut, gut“, brummte Dudley Digges. Nach einer Weile schob er sich hinter dem zierlichen Fahrer vorsichtig herum und fixierte Brown. Seine Stimme klang belegt.
„Ritzen ist kein Ausdruck, Chef. Mein Spiegel besteht jetzt aus zwei Stücken. Diamant! Sollte etwa dieser ganze Christbaumschmuck um uns herum …?“
„Psst!“ warnte Bill Brown und legte den Finger an den Mund. „Wir sprechen später darüber.“
Sie fuhren dicht hintereinander in die Straßen der Stadt Gana ein. Es waren fünf Meter breite, glatte Straßen aus einer Art vielfarbigem Mosaik, die für den lokalen Fahrverkehr bei weitem ausreichten, denn andere Fahrzeuge als Ponywagen gab es offensichtlich nicht. Rechts und links waren Fußsteige, ebenfalls in farbigem Mosaik abgetrennt. Dahinter standen würfelförmige Häuser mit flachen Dächern, Fenstern, Türen und Ladeneinbauten.
Die Sensation hatte sich herumgesprochen. Am Rande der Fahrbahn drängten sich die Neugierigen, darunter viele Kinder, die unglaublich zierlich wirkten. Die Kinder trugen kurze Höschen, während die Erwachsenen ausnahmslos die gleiche einfache Tracht wie Canopy und Lollopappa zeigten. Die Männer waren alle kahlrasiert und bartlos. Die Frauen besaßen grünes Haar, das ihnen wie ein abgeschnittenes Stück Rasen auf dem Kopf klebte und in einer Einheitsfrisur getragen wurde. Farbe und Frisur schienen jedoch Modesache zu sein, denn hier und dort tauchten auch Abweichungen auf. Trotz der häßlichen Haare machten die Frauen einen netten Eindruck und wirkten kaum anders als die Liliputanerinnen auf der Erde.
Von einer Begrüßung konnte keine Rede sei. Die Mondbewohner standen stumm am Straßenrand.
„Viele Leute“, sagte Philip Dooley laut genug für Nicholas Gorman, der vor ihm fuhr. „In dieser Stadt könnten Hunderttausende leben, wenn nicht gar Millionen.“
„Was dachten Sie?“ fragte Gorman zurück. „Auf einem Gebiet von der Größe Europas müssen wir mit einigen hundert Millionen Mondmenschen rechnen, und dieses Gana könnte die einzige Großstadt mit einer entsprechenden großen Bevölkerung sein.“
Die Ponys zogen die Wagen im flotten Trab durch eine ungewöhnliche breite Straße. Vorn tauchte ein besonders hohes und weitläufiges Gebäude auf, das in einer Art maurischen Stils gebaut war. Es leuchtete sanft wie ein von innen angestrahltes Schloß aus einem Märchenfilm und funkelte auf allen Spitzen, als wären sie mit Hunderten von Diamanten besetzt worden.
Die Häuser wichen zurück und verschwanden, Bäume und Parkanlagen in Liliputanermaßen tauchten auf, uniformierte Trupps standen aus unbekannten Gründen herum, die Wagen rollten an ein prächtig geschmücktes Portal heran und hielten an, Mondmänner in allen Trachten und Farben liefen herum. Der Sprecher von vorhin bat die Fremden, auszusteigen, ihm in das Schloß zu folgen und die gebotene Vorsicht zu beachten.
Die Männer zeigten den besten Willen. Sie kamen durch das Portal, ohne sich zu bücken, und fanden sich dahinter in einer Halle, deren Decke sie nicht zwang, den Kopf einzuziehen.
Lullababoo 58. saß in einem schlichten Thronsessel, der aber offensichtlich aus Diaselen bestand und mit einigen weißen, roten und dunkelgrünen Steinen besetzt war, deren Anblick selbst Nicholas Gorman scharf Luft holen ließ. Der Thronsessel stand auf einem schlichten Podium in Zimmergröße, das auch nur aus Diaselen gearbeitet sein konnte. Lullababoo trug einen einfachen Kittel, aber an seinem Hals hing ein barbarischer Schmuck aus Diaselen-Platten, in die je ein Stein eingelassen war. Die Krone auf seinem nackten Schädel paßte dazu.
Sein ungewöhnlich feingeschnittenes Gesicht drückte Klugheit, ja sogar Weisheit aus, obgleich der König eher jung als alt war.
Um ihn herum standen in respektvoller Entfernung Gruppen von buntgekleideten Männern, die wohl zum Hofstaat oder zur Regierung gehörten. Hinter den Erdmenschen standen Uniformierte in mehreren Gliedern gestaffelt, bei denen es sich nur um Polizei oder Militär handeln konnte. Statt eines Gewehrs trugen sie an ihrer Schulter ein ungefähr halbmeterlanges Rohr, das weder Kolben noch Hahn noch sonstiges Beiwerk zeigte, aber leicht eine
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