Menschen und Maschinen
geblieben, wenn es mit der Agentur etwas besser geklappt hätte. Aber während die absinkenden Verkaufsziffern ihm das Selbstvertrauen genommen hatten, war sie durch die viele Arbeit ein wenig zu aggressiv geworden.
Natürlich liebte er sie noch. Ihr rotes Haar schimmerte verführerisch, und sie war ihm unbestritten treu, aber der verhinderte Ehrgeiz hatten ihren Charakter und auch ihre Stimme härter gemacht. Sie hatten nie Streit, aber es gab kleine Differenzen.
Da war die kleine Wohnung über der Garage – gebaut für menschliches Hauspersonal, das sie sich niemals hatten leisten können. Sie war zu klein und schäbig, um anständige Mieter anzulocken, und Underhill wollte, daß sie leer blieb. Es verletzte seinen Stolz, wenn Aurora für Fremde die Betten machte und den Boden säuberte.
Aurora hatte die Wohnung jedoch schon einige Male vermietet, wenn sie Geld für Gays Musikstunden brauchte, oder wenn ein Unglücklicher ihr Herz rührte.
Jetzt trat sie ihm mit dem sauberen Bettzeug entgegen.
»Liebling, es hat keinen Sinn, wenn du widersprichst«, sagte sie mit fester Stimme. »Mister Sledge ist ein entzückender alter Herr, und er wird hier wohnen, solange es ihm gefällt.«
»Schon gut, Liebling.« Er zankte nicht gern, und außerdem dachte er an die Schwierigkeiten mit der Agentur. »Ich fürchte, wir werden das Geld brauchen. Sieh zu, daß er im voraus zahlt.«
»Aber das kann er doch nicht!« Ihre Stimme war voller Mitgefühl. »Er sagt, daß er Geld für seine Patente erwartet, und dann will er zahlen. Es wird noch ein paar Tage dauern.«
Underhill zuckte mit den Schultern; er hatte ähnliche Ausreden schon früher gehört.
»Mister Sledge ist anders, Liebling«, beharrte sie. »Er ist Weltreisender und Wissenschaftler. In dieser langweiligen kleinen Stadt sehen wir nicht oft interessante Leute.«
»Du hast schon einige bemerkenswerte Typen aufgelesen«, meinte er.
»Sei nicht so unfreundlich, Liebster«, tadelte sie. »Du kennst ihn noch nicht, und du weißt nicht, wie wunderbar er ist.« Ihre Stimme wurde süß. »Hast du einen Zehner, Liebster?«
Er versteifte sich. »Wozu?«
»Mister Sledge ist krank.« Ihre Stimme wurde drängend. »Ich sah, wie er mitten in der Stadt zusammenbrach. Die Polizei wollte ihn ins Krankenhaus bringen, aber er sträubte sich. Er sah so fein und nett und vornehm aus. Also erklärte ich ihnen, daß ich ihn mitnehmen würde. Ich brachte ihn mit dem Wagen zu Dr. Winters. Er hat eine Herzschwäche, und er braucht das Geld für Medizin.«
»Warum will er denn nicht ins Krankenhaus?« fragte Underhill.
»Er muß eine Arbeit vollenden«, erklärte sie. »Ein wichtiges wissenschaftliches Werk. Und er ist so großartig. Bitte, Liebster, hast du den Zehner?«
Underhill wollte so viel sagen. Diese neuen Roboter würden seine Sorgen verdoppeln. Es war dumm, ausgerechnet jetzt einen kranken Landstreicher ins Haus zu nehmen, den man im Krankenhaus kostenlos versorgen würde. Auroras Mieter bezahlten ihre Miete immer mit Versprechungen, und im allgemeinen verwüsteten sie die Wohnung und plünderten die Nachbarschaft aus, bevor sie gingen.
Aber er sagte nichts dergleichen. Er hatte gelernt, Kompromisse zu schließen. Schweigend holte er zwei Fünfer aus seiner dünnen Brieftasche und drückte sie ihr in die Hand. Sie lächelte und küßte ihn impulsiv – er erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, daß er den Atem anhalten mußte.
Ihre Figur war immer noch gut, weil sie in regelmäßigen Abständen eine Fastenkur einlegte. Und er war stolz auf ihr rotes Haar. Ein plötzlich aufwallendes Zärtlichkeitsgefühl ließ ihm Tränen in die Augen kommen. Er überlegte, was mit ihr und den Kindern geschehen würde, wenn die Agentur einging.
»Danke, Liebling«, flüsterte sie. »Ich lade ihn zum Abendessen ein, wenn er sich kräftig genug fühlt, und da kannst du ihn dann kennenlernen. Hoffentlich stört es dich nicht, daß wir später essen.«
Es störte ihn nicht, nicht heute abend. In einem plötzlichen Anfall von Häuslichkeit holte er Hammer und Nägel aus seiner Werkstatt im Keller und reparierte die durchgebogene Trennwand zur Küche.
Er betätigte sich gern als Handwerker. In der Kindheit hatte er geträumt, einmal Atomreaktoren zu bauen. Er hatte sogar ein Ingenieurstudium begonnen – bevor er Aurora heiratete und die heruntergekommene Roboteragentur ihres versoffenen Vaters übernehmen mußte. Er pfiff fröhlich vor sich hin, als er die kleine Arbeit beendet
Weitere Kostenlose Bücher