Menschenfänger
wahrscheinlich Luminal – gestorben. Alle bisher erhobenen Befunde widersprechen nicht der Annahme, sie habe sich umgebracht.«
Peter Nachtigall warf einen vorsichtigen Blick in Evelyn Knabes Richtung.
»Dann können wir sie freigeben?«
»Ich denke schon.«
Er zog einen Kittel und Handschuhe an – Dr. Pankratz hatte mehr als einmal bewiesen, dass er immer für eine Überraschung gut war, da galt es, vorbereitet zu sein. Albrecht Skorubski blieb in sicherer Entfernung stehen und bemühte sich, nicht zu nahe mit dem Tod in Berührung zu kommen.
»Zweimal am Tag in Cottbus, das ist neu! Können wir?«, fragte der Gerichtsmediziner rhetorisch und trat an den Tisch heran, auf dem Johanna Merkowski lag.
»Den Hund habe ich mir schon angesehen. Er hatte eine Rippenserienfraktur links und die rechte Schädelseite war komplett zertrümmert. Jemand hat ihn mit aller Kraft getreten und dabei gegen einen harten Widerstand geschleudert. Er war sofort tot.«
»Kühlschrank«, presste Nachtigall mühsam hervor und sah die Blutspur deutlich vor sich.
»Gut möglich. Sind eben sehr empfindlich die kleinen Kerlchen. Wäre das ein Neufundländer gewesen, hätte er vielleicht dem Treter das Bein abgebissen. Das wäre eine deutliche Markierung gewesen und hätte Ihnen die Arbeit erleichtert.«
Der Gerichtsmediziner inspizierte den Körper der jungen Frau sorgfältig. Dann wies er mit seinem langen, behandschuhten Zeigefinger auf einige Stellen am Körper der Opfers.
»Hier – das sieht aus wie Verbrennungen. Vielleicht mit einer Zigarette«, erklärte er dann.
»Nach Rauch hat es in dem Raum eigentlich nicht gerochen – aber vielleicht wurde das von dem Blutgeruch überdeckt. Können diese Wunden auch anders entstanden sein?«
»Ja. Es gibt andere Gegenstände, die man zum Glühen bringen und dann auf die Haut pressen kann. Wenn Sie es aus einiger Entfernung ansehen, wirkt es fast wie ein Muster.«
»Sie lag auf einem Bett in einem indisch anmutenden Zimmer. Vielleicht haben ihn die Ornamente auf den Kissen auf die Idee gebracht, sie für den Körper zu übernehmen.«
»Ja. Vielleicht. Die Haare hat er mit einem Elektrorasierer abrasiert. Es sind kaum Verletzungen und Abschürfungen dadurch entstanden, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er mit einem Nassrasierer extra sanft umgegangen wäre, um sie zu schonen. Er hat die gesamte vordere und hintere Körperhälfte rasiert.« Dr. Pankratz hob den linken Arm des Opfers an. »Diese Verletzung hier sowie die anderen, die ähnlich aussehen, und die auf der linken Wange sind ihr mit einer kleinen Schere beigebracht worden. Einem Hautscherchen würde ich sagen. Er hat dazu das Gewebe leicht abgehoben und von oben tief eingeschnitten.« Er demonstrierte den Vorgang anschaulich, und Nachtigall bekam eine Gänsehaut.
»Wenn Sie sich die Verletzungen genau ansehen, stellen Sie fest, dass der Schnittverlauf leicht gebogen ist – deshalb glaube ich an eine Hautschere. An der linken Wange sind genau senkrecht untereinander zehn dieser Schnitte, unter der linken Achsel vier und unter der rechten sieben. Sehen Sie hier.«
Er nötigte Nachtigall, näher hinzusehen, und der Hauptkommissar nickte unglücklich.
Als er sich wieder aufrichtete, bemerkte er, dass Albrecht Skorubski sich noch weiter vom Obduktionstisch entfernt hatte und mit vorgetäuschter Neugier all die Gerätschaften betrachtete, die an der Wand bereit standen. Drückeberger, rief eine Stimme in seinem Innern ärgerlich.
»Er hatte sie an Händen und Füßen gefesselt – hier sehen Sie die unterbluteten Abdruckmarken. Sie scheint sich gewehrt zu haben. Vergewaltigt hat er sie nicht – es findet sich kein Sperma intravaginal. Keine unterbluteten Stellen, wie sie bei einer Vergewaltigung zu erwarten wären. Aber er hat sie anders gequält.«
Peter Nachtigall rief sich das blutdurchtränkte Bett in Erinnerung und fragte sich besorgt, was Dr. Pankratz wohl noch an Verletzungen finden würde.
»Ich vermesse den Stichkanal zum Herzen und dann werden wir den Brustraum eröffnen, um uns das Herz näher anzusehen.«
Mit ruhiger Hand präparierte Dr. Pankratz den Stichkanal. Dadurch würde er Aussagen über die Körperhaltung des Täters, vielleicht auch über seine Körpergröße und die Kraft, die er für den Stoß eingesetzt hatte, treffen können. Der Kollege fotografierte und vermaß.
Dann griff der Rechtsmediziner zur elektrischen Säge.
Nachtigall stemmte sein Bein so fest gegen den Edelstahltisch, dass
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