Menschenfänger
haben, dass da ein Stück der Füllung herausgebrochen ist!« Das Zerstörungswerk der Maden schien ihn dabei nicht zu stören.
»Wir halten es für möglich, dass Klaus Windisch hierfür verantwortlich ist«, warf Albrecht Skorubski aus sicherer Entfernung ein.
»Dieser Ausbrecher?«
»Ja. Er war wegen zweier Morde inhaftiert, die Vorgehensweise ist der von damals durchaus ähnlich. Er hatte zwei Prostituierte überfallen und vor ihrem Tod gefoltert. Und nun ist er auf freiem Fuß und hat gleich wieder zugeschlagen.«
»Wäre es nicht klüger von ihm, sofort die Gegend zu verlassen?«
»Wir wissen schlicht nicht, was er geplant hat, haben keine Ahnung, was in seinem Kopf vorgeht. Er ist in Cottbus geboren und aufgewachsen. Hier kennt er sich bestens aus. Möglicherweise veranlasst ihn das zu bleiben«, gab Nachtigall zu bedenken.
Er warf einen Blick zu Dr. Ganter hinüber, der seine Spiegel und Haken ordentlich in seiner Tasche verstaute. Der Zahnarzt zuckte wie ertappt zusammen. »Wissen Sie, so etwas sehen wir ja nun eher selten! Sehr interessant, was durch die Verwesung mit dem Zahnfleisch geschieht. Aber ich fürchte, das ist für Sie nicht so spannend wie für mich. Sie sind von der Polizei?«
»Ja. Hauptkommissar Nachtigall.«
»Dann kann ich Ihnen bestätigen, dass es sich hier um die Leiche von Frau Knabe handelt. Eine schriftliche Bestätigung mit Rückschlüssen aus dem Zahnstatus geht Ihnen dann mit der Post zu. Es besteht von meiner Seite aus nicht der geringste Zweifel.«
Wieder verbeugte er sich leicht, zog die Handschuhe aus und warf sie im Rausgehen in den Mülleimer.
»Es wäre gut, ihn schnell zu finden. Der Täter ist mit solcher Brutalität vorgegangen, wie sie selbst Rechtsmedizinern nur selten begegnet. Ein Sadist, machtbesessen und selbstherrlich. Er gehört hinter dicke Mauern – er ist eine permanente Gefahr«, mahnte Dr. Pankratz ungewöhnlich ernst.
»Die Fahndung nach Windisch läuft auf Hochtouren.« Skorubski klang zuversichtlich.
»Hoffentlich fahnden wir auch tatsächlich nach dem Mörder«, meinte Nachtigall nachdenklich. Eigentlich hatte er nach der Mordserie in Cottbus, die er vor einiger Zeit geklärt hatte, gedacht, das sei nun aber wirklich der letzte so gelagerte Fall gewesen. Wie oft traf man während seiner Laufbahn schon auf diesen Tätertypus! Er seufzte, nun also Windisch.
»Wir müssen auf jeden Fall schneller sein als er. Aber so bald wird er wohl nicht wieder zuschlagen«, meinte Albrecht Skorubski und lag mit dieser Einschätzung völlig falsch.
16
»Also, was haben wir?«, begann Peter Nachtigall seine abendliche Teambesprechung wie gewohnt.
»Nur schnell ein Nachtrag zu Evelyn Knabe. Wir habe des Schließfach g’öffnet und dort wirklich die Tagebücher g’funde. Allerdings nicht glei. Sie hat mehrere Schließfächer g’habt – im ersten fande wir die Schlüssel zu zwei weitere. Und da lage sie dann drin. Ich hab sie hier.«
Damit wies Michael Wiener auf einen kleinen Stapel gebundener Kladden auf seinem Schreibtisch. Nachtigall nickte, er würde sie später lesen.
»Und dann zu Johanna Merkowski, Model bei Biotherm. Sie ist im Moment überall auf Plakaten zu sehe – präsentiert die neue Winterfarben für Lidschatten, Make-up und so weiter. Ihr Freundeskreis war überschaubar. Im Adressbuch finde sich nur wenige private Eintragunge. Die Hausgemeinschaft äußert sich durchweg positiv. Sie war eine ruhige Mieterin, hat so gut wie nie Besuch mitg’bracht. Wenn sie feiern wollte, ging sie aus – laute Musik oder wilde Partys hat man bei ihr nie erlebt. Dass sie viel auf Reisen war, wurd registriert – aber es kam ja immer jemand vorbei und kümmerte sich um Müll, Kehrwoche und die Heizung«, fuhr er dann fort.
»Die Eltern konnten auch keinerlei Hinweise geben. Sie sahen ihre Tochter auch eher selten. Johanna führte ein sehr selbstbestimmtes Leben.«
»Hat die Überprüfung des Mobiltelefons etwas Interessantes ergeben?«
»Nein. Sie hatte ein Gespräch mit ihrem Vater, der vorletzte Anruf war von ihrer PR-Agentur und der letzte Anruf, den sie getätigt hatte, galt ihrem Hotel in New York. Sie hat sich die Zimmerbuchung bestätigen lassen. Alle anderen Gespräche in den Anruferlisten sind schon fast eine Woche alt. Ach – und ihre beste Freundin hatte keine Ahnung davon, dass Johanna nach Cottbus kommen wollte«, fasste Wiener ganz auf Hochdeutsch zusammen.
»Michael, wo ist denn die Akte Windisch?«
»Hier.« Der junge Mann
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