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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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›Feuchtewäschegestank‹ nicht ausstehen und schrubbte sich nach der Arbeit gründlich mit dem Zeug. Da drüben steht auch seine Handcreme – alles mit Rosenwasser und Pflegestoffen.«
    Er reichte Nachtigall die Tube.
    »Abends hat er die als dicke Schicht aufgetragen, damit Hände und Nägel keinen Schaden durch die Arbeit nahmen. Wenn die ausging und der Nachschub stockte, konnte der Windisch fuchsteufelswild werden.«
    »Sieh mal, er hat Harry Potter gelesen!«, staunte Albrecht Skorubski. »Vielleicht hoffte er ja, sich wegzaubern zu können.«
    »Na, das hat ja wohl ganz gut geklappt. Er ist weg!«
    Peter Nachtigall nahm den neuesten Band vom Schreibtisch des Entflohenen und schlug ihn auf. Ganz vorne fand er eine Widmung:
     
Für Klaus auf ewig
    von Deiner Hildegard
     
    »Sieh mal: Hildegard hat ihm Liebesgrüße ins Gefängnis geschickt.« Er wandte sich zu Jonas Mainzer um. »Können Sie mir bitte den vollständigen Namen der Dame und ihre Adresse besorgen? Das könnte uns entscheidend weiterhelfen.«
    Der Wachmann machte ein überraschtes Gesicht. Die Widmung hatten sie bei der Durchsuchung der Zelle übersehen, ärgerlich.
    »In der Akte stand gar nichts von einer Partnerin – und so klingt es doch: auf ewig.
    »Kann man denn aus der Zelle heraus neue Kontakte knüpfen? Und wer liebt auf ewig so einen brutalen Mörder?«
    »Das ist gar nicht so schwierig. Zum einen gibt es Menschen, die ehrenamtlich Strafgefangene betreuen, ihnen schreiben, sie besuchen. Und es gibt einige Menschen, die es ganz besonders spannend finden, eine Beziehung zu einem brutalen Häftling aufzubauen. Die einen, weil sie glauben, er ist unschuldig und sitzt aufgrund eines Justizirrtums, andere, Frauen, weil sie die Vorstellung begeistert, von solch einem Sexualstraftäter begehrt zu werden. Und dann kommen die vorbei, die ernsthaft glauben, seine Seele retten zu können«, erklärte Mainzer auf dem Rückweg.
    »Wieso hatte Windisch eigentlich eine Einzelzelle? Habt ihr so viel Platz, dass ihr jedem eine Privatsuite zur Verfügung stellen könnt?«, fragte Albrecht Skorubski.
    »Der Windisch war ein besonderer Häftling. Er hat uns bei der Arbeit unterstützt. Vielleicht war es ein Dankeschön für seine Fähigkeiten, aufkommende Streitigkeiten zu schlichten.«
     
    Michael Wiener hatte einige der Kollegen und Kolleginnen von Evelyn Knabe im Pausenraum versammelt.
    »War jemand von Ihnen mit der Verstorbenen näher bekannt?«
    Betretene, graue Gesichter, allgemeines Kopfschütteln.
    »Wie lange arbeitete sie denn schon hier?«
    »Seit drei oder vier Jahren, würde ich denken«, beantwortete nach langem Schweigen eine große, dunkelhaarige Frau mit derbem Knochenbau seine Frage.
    »Und in all den Jahren hat sie nie mit Ihnen gesprochen? Das kann ich mir nicht vorstellen – in der Pause, beim Kaffee, beim Kommen, beim Gehen. Da wird es doch oft genug Gelegenheit für ein kurzes Gespräch gegeben haben!«
    »Naja, sie war ausgesprochen ruhig. Schweigsam. Wenn sie nicht direkt nach etwas gefragt wurde, hat sie auch nichts gesagt. Sie saß immer etwas abseits, hat lächelnd ihren Tee getrunken und sich nicht am allgemeinen Gespräch beteiligt.«
    »Werden in der JVA denn keine Feste gefeiert? Weihnachtsfeiern zum Beispiel?«
    »Klar – aber die Evelyn hat sich ein Glas Wein oder Sekt genommen, den ganzen Abend in irgendeiner Ecke gesessen und sich dahinter versteckt. Dabei hat sie ein Gesicht gemacht, als wäre sie am liebsten tausende Kilometer weit weg. Wir hatten den Eindruck, sie wollte sich gar nicht mit uns unterhalten.«
    Gemurmel bestätigte die Worte des blonden Mannes mit ausgeprägter Kinnpartie und auffälliger schwarz-weißer Brille.
    Michael Wiener hatte plötzlich das Gefühl, Evelyn Knabe verteidigen zu müssen, sie konnte sich schließlich nicht mehr selbst wehren, hatte es wohl nie gekonnt.
    »Sehen Sie, es gibt Menschen, die sehr zurückhaltend sind. Nicht jeder spricht gerne über Privates!«
    »Und was hätte es da auch zu erzählen gegeben! Mal ehrlich – Evelyn war langweilig!«, rief die Dunkelhaarige und die Kollegen lachten.
    »Am Ende war sie so einsam, dass ihr der verhängnisvolle Kontakt zu einem Häftling lieber war, als ganz allein auf der Welt zu sein!«, meinte eine rothaarige Frau traurig.
    »Jetzt mach aber mal ’nen Punkt!«, herrschte die Dunkelhaarige sie an. »Gleich wirst du noch behaupten, wir seien Schuld an ihrem Tod!«
    »Wenn Sie einem der Insassen ein Geschenk machen wollten, wie

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