Menschenfänger
notieren.«
»Ja. Klara Weinberg, Bautzener Straße 17. Telefonnummer auch?«
»Nein, nein. Wir sind die Polizei. Sollte sich etwas ergeben, werden wir Sie finden!«
Die Zeugin lachte.
»Konnten Sie sehen, in welche Richtung er ging, nachdem er seine Einkäufe erledigt hatte?«
»Nein, leider nicht. Bei den Getränken hatte ich ihn plötzlich aus den Augen verloren.«
»Wenn er da öfter einkauft, könnte das bedeuten, dass sich sein Unterschlupf irgendwo dort in der Nähe befindet«, stellte Skorubski fest und war davon überzeugt, dem Serientäter dicht auf den Fersen zu sein.
Doch eine Befragung der Angestellten und Kunden ergab keinen Hinweis darauf, Windisch könne schon häufiger Kunde des Einkaufscenters in der Nähe des Vattenfallgebäudes gewesen sein. Einzig eine junge, sportliche Frau gab an, der Mann auf dem Foto könnte Ähnlichkeit mit einem Spaziergänger haben, den sie auf dem Spreedamm beim Joggen gesehen habe. Der Mann sei ihr aufgefallen, weil er ›Alle meine Entchen‹ vor sich hingepfiffen habe – für das Alter des Mannes ein zumindest unüblicher Musikgeschmack. Er habe sich weder verstohlen bewegt noch ständig über die Schulter geblickt, wie man es doch bei jemandem erwarten würde, der sich verstecke. Im Gegenteil, er habe einen ausgesprochen relaxten Eindruck auf sie gemacht. Leider konnte sie sich nicht an den Tag erinnern, da sie jeden Abend joggte und das Zusammentreffen nichts an sich hatte, was es nun fest in ihr Gedächtnis gebrannt hätte. Eine ganz normale abendliche Begegnung eben, ohne tiefere Bedeutung.
Peter Nachtigall dachte mit professioneller Haltung, dass es gut die letzte Begegnung ihres Lebens hätte sein können. Warum hatte Klaus Windisch sie verschont? War sie nicht sein Typ, zu groß, zu klein, zu sportlich? Vielleicht hatte sie einfach nur mehr Glück gehabt als die anderen.
Etwas frustriert kehrten sie zu ihrem Wagen zurück.
»Gut. Immerhin ist er in dieser Gegend mehrfach gesehen worden. Wir werden die Streifen informieren und verstärkt unbewohnte Häuser im Süden der Stadt durchsuchen lassen.«
Nachtigall war gereizt. Immer war Windisch ihnen voraus, nie waren sie in der Lage, irgendeine seiner Handlungen vorauszusehen. Offensichtlich hatte er ein gutes Versteck gefunden. Die Hoffnung, ihn schnell zu fassen, erschien von Tag zu Tag geringer.
»Er führt uns vor. Wir können immer nur reagieren – er diktiert, was wir zu tun haben. Vielleicht hat er sich sogar geplant erkennen lassen, weil er wusste, dass wir dann hier anrücken. Wer weiß, was er gerade macht!«, schimpfte er vor sich hin.
Michael Wieners Mobiltelefon klingelte.
»Marnie, was gibts?«
»Michael, ich mache mir wirklich Sorgen. Ich stehe hier vor Frankas Tür, unser Zettel klebt noch immer hier und der Fernseher läuft auch noch. Da stimmt was nicht! Franka müsste jetzt in der Schule sein! Dann hätte sie doch die Nachricht gefunden und sich gemeldet!«
»Pass auf, du gehst jetzt in die Uni, und wir nehmen die Sache hier in die Hand. Sowie ich was weiß, melde ich mich bei dir«, versuchte Wiener, seine Freundin zu beruhigen.
»Worum werden wir uns kümmern? Was nehmen wir in die Hand? Wieder ein exotisches Haustier zu versorgen? Eine giftige Schlange, die jetzt in der Nachbarschaft herumkriecht?«
»Nein, nein. Kein Drachenbaby mit Appetit auf Menschenfleisch unter meiner Obhut. Nein. Es geht um Marnies Freundin, Franka. Sie ist seit gestern Abend nicht zu erreichen. Und nun macht Marnie sich Gedanken.«
Er berichtete ausführlich.
»An welcher Schule arbeitet sie denn?«
»An der Melanchton-Schule.«
»Ruf doch mal dort an und frage nach. Dir wird schon was einfallen. Wenn sie nicht zur Arbeit gegangen ist, fange ich womöglich auch an, mir Sorgen zu machen«, beschloss Peter Nachtigall.
Michael Wiener hatte schon wenige Minuten später die gewünschte Auskunft. Die Sekretärin verband ihn mit der Schulleitung, und dort war man ausgesprochen verärgert.
»Sollten Sie Frau Lehmann in der nächsten Zeit sprechen, richten Sie ihr auch gleich einen schönen Gruß von uns aus: Sie hat hier durch ihr Fernbleiben einiges Chaos angerichtet. Wenn sie sich nicht wenigstens telefonisch meldet, werden wir nicht zögern, eine Mitteilung ans Schulamt zu machen«, trug ihm die eisige Stimme am anderen Ende auf. »Bei uns sind schon sieben Kollegen wegen des Magen-Darm-Infektes ausgefallen, da kann ich Kollegen, die unentschuldigt fehlen, nicht mit Samthandschuhen
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